Geheimnis um einen entführten Prinzen
von dir brauche.”
„Sie werden genug Auskünfte bekommen, Herr Grimm. Nur wird Ihnen das, was ich Ihnen zu sagen habe, gar nicht gefallen, fürchte ich. Es handelt sich um ein unglückseliges Mißverständnis.”
„Ich will nichts von unglückseligen Mißverständnissen wissen”, erwiderte Herr Grimm ärgerlich. „Ich brauche eine Auskunft über Prinzessin Bonga – Bonga, wie heißt sie doch gleich?”
„Bongawy”, antwortete Dicki höflich. „Ich wollte gerade von ihr sprechen. Sie existiert gar nicht.”
Herr Grimm sah Dicki ungläubig an. Dann fuhr er mit seinem dicken Zeigefinger auf ihn los und rief drohend: „Sie existiert nicht? Ich habe sie doch mit eigenen Augen gesehen! Sie ist sehr wichtig in diesem Fall, verstehst du? Tu jetzt nicht so, als kenntest du sie nicht und wüßtest nicht, wo sie steckt. Ich bin mit der Aufklärung dieses Falles beauftragt und verlange wahrheitsgetreue Antworten auf meine Fragen. Wo befindet sich die Prinzessin?”
„Ich habe doch schon gesagt, daß sie nicht existiert”, antwortete Dicki ein wenig zögernd. „Es gibt keine Prinzessin Bongawy. Betti hatte sich nur als Prinzessin verkleidet.”
Herrn Grimms Gesicht rötete sich. Seine Augen traten noch mehr als sonst hervor. Eine Frechheit von dem Jungen, ihm solche Märchen aufbinden zu wollen! Betti sollte sich als Prinzessin verkleidet haben? Lächerlich! Er hatte die Prinzessin ja selber in einer fremden Sprache reden hören.
„Erzähl mir doch nicht solchen Unsinn!” stieß er schließlich hervor. „Ich habe die Prinzessin nicht nur gesehen, sondern auch sprechen hören. Sie sprach ganz ausländisch. Das kann niemand, der die Sprache nicht kennt.”
„O doch, das kann man! Ich kann stundenlang ,ausländisch’ sprechen, wenn ich will. Passen Sie auf!” Dicki rasselte eine Reihe völlig sinnloser Wörter herunter, so daß es Herrn Grimm ganz wirr im Kopf wurde. Verwundert starrte er Dicki an. Wie machte der Junge das bloß?
„Sehen Sie?” sagte Dicki schließlich. „Es ist ganz einfach. Versuchen Sie es einmal. Sie brauchen nur Ihre Zunge locker zu lassen und ganz schnell irgendeinen Unsinn zu quasseln. Versuchen Sie es doch mal!”
Aber das wollte Herr Grimm nicht. Er sollte seine Zunge locker lassen? Und das hier vor Dietrich? Nein! Vielleicht probierte er es einmal allein zu Hause; das könnte nichts schaden. Unter Umständen würde es sogar ganz nützlich sein, wenn er nach Belieben „ausländisch” sprechen konnte.
„Wollen Sie es nicht probieren?” forderte Dicki den verstummten Polizisten noch einmal auf. „So haben auch Betti und die andern gesprochen, als wir Sie trafen. Es war nur Unsinn und keine fremde Sprache, wie Sie glaubten.”
Herr Grimm konnte es noch immer nicht fassen. „Willst du etwa im Ernst behaupten, daß der Zug, den Ern begleitete, nur aus deinen Freunden bestand? Woher stammte dann aber der Prunkschirm?”
„Ach – das war – ein Golfschirm meiner Mutter. Ich sagte Ihnen ja schon, daß wir nur Scherz machten. Ern besuchte mich gerade, als die andern sich maskiert hatten. Sie wissen doch, wie Ern ist. Er fällt auf alles herein und glaubte natürlich auch die Geschichte von der Prinzessin und ihrem Gefolge, die wir ihm erzählten. Wir gingen alle zusammen zum Fluß, um uns Eiskrem zu holen – und dort trafen wir Sie.”
Endlich erkannte Herr Grimm entsetzt die Wahrheit. Warum hatte er dem Chef bloß von der Prinzessin erzählt! Wie sollte er ihm jetzt klar machen, daß es überhaupt keine Prinzessin Bongawy gab? Stöhnend hielt er sich die Hände vors Gesicht und schien ganz zu vergessen, daß er nicht allein war.
Dicki wurde unbehaglich zumute. Er konnte Herrn Grimm nicht leiden, hatte aber niemals beabsichtigt, ihn in eine so peinliche Lage zu bringen.
„Es war ein dummes Mißverständnis, Herr Grimm”, sagte er. „Und zu allem Unglück mußte kurz darauf Prinz Bongawah verschwinden. Ich habe Chefinspektor Jenks schon alles erzählt. Er war sehr böse auf mich, sah aber ein, daß es ein unglückliches Zusammentreffen war, für das wir nichts können. Es tut uns allen sehr leid, glauben Sie mir!”
„Ein Golfschirm!” stöhnte Herr Grimm. „Ich habe dem Chef gesagt, es sei ein Prunkschirm gewesen. Er muß mich ja für verrückt halten. Alle werden mich für verrückt halten. Ich tue mein Bestes und bemühe mich nach Kräften, befördert zu werden, aber immer kommst du mir in die Quere. Du bist ein ganz frecher Bengel, ja, das bist
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