Geheimnis um einen entführten Prinzen
da wie versteinert. Was ist denn los?”
„Du bist ein Genie!” stieß Ern erregt hervor. „Die anderen können das nicht wissen, weil sie nicht wissen, wie schwer es ist, Pösie zu machen. Aber ich weiß es. Und du stehst nur da und – und – –”
„Ach, das ist doch ganz einfach, Ern. Ich bin durchaus kein Genie. Jeder Mensch kann das, wenn er sich etwas Mühe gibt.”
„Aber du gibst dir ja überhaupt keine Mühe. Das ist ja gerade das Wunderbare. Die Verse kommen aus dir heraus wie Wasser aus einem Hahn. Wenn ich so dichten könnte wie du, würde ich mich für klüger als den König von England halten.”
„Dann wärst du aber sehr im Irrtum. Kopf hoch, Ern! Eines Tages wird auch aus dir die ,Pösie’ nur so herausströmen, und du wirst kaum schnell genug schreiben können, um alles aufs Papier zu bringen.”
„Dann würde ich aber einen Schreck kriegen!” Seufzend steckte Ern sein Notizbuch fort. „Ich bin stolz darauf, daß ich dich kenne, Dicki. Wenn ich auch nicht besonders klug bin, so merke ich doch, wenn andere klug sind. Du bist ein Genie, Dicki, glaube mir!”
Die anderen Kinder waren recht überrascht von dieser bemerkenswerten Rede und sahen Ern neugierig an. Steckte vielleicht doch mehr in ihm, als sie bisher geglaubt hatten?
Betti schob ihre Hand durch Dickis Arm. „Du hast ganz recht, Ern. Dicki ist ein Genie, aber nicht nur in Poesie, sondern auch in allen anderen Dingen.”
Dicki errötete und drückte Betti verlegen an sich. Er hüstelte bescheiden, hüstelte nach einer kurzen Pause noch einmal und wußte nicht recht, was er sagen sollte. Rolf, der ihn lachend beobachtet hatte, rief:
„Er hustete ganz leise,
Da hielt man ihn für weise.
Er hustete noch leiser,
Da fand man ihn noch weiser.”
Wieder brachen alle in Gelächter aus und lachten immer noch, als sie schließlich heimgehen mußten. Ern war selig. Was für wunderbare Freunde er doch hatte!
Im Zeltlager
Dicki begann sich nun ernsthaft mit dem Fall des verschwundenen Prinzen zu befassen. Er las noch einmal alle Zeitungsnachrichten darüber, die allerdings recht dürftig waren. Der Prinz hatte abends an einem Lagersingen teilgenommen, danach eine Tasse Kakao getrunken und war dann mit seinen drei Zeltgenossen zusammen schlafen gegangen. Diese drei Jungen wußten überhaupt nichts. Sie waren sofort eingeschlafen. Als sie aufwachten, war es schon hell, und der Schlafsack des Prinzen war leer. Mehr konnten sie nicht aussagen.
„Das ist nicht gerade viel”, dachte Dicki bei sich. „Wahrscheinlich ist der Prinz entführt worden. Ich werde Ern, Wern und Bern befragen, obwohl dabei gewiß nichts herauskommt, und ein bißchen im Lager herumhorchen.”
Er radelte nachmittags zu den Hillmanns und traf Gina und Rolf dort an. „Hat einer von euch einen Verwandten im Zeltlager?” fragte er. „Rolf, du hast doch so viele Vettern. Zeltet nicht einer von ihnen drüben am Fluß?”
„Nein”, antwortete Rolf. „Vielleicht ein Verwandter von dir, Flipp?”
„Welche Schulen sind denn dabei? Es stand doch heute in der Zeitung. Wartet, ich hole sie herauf.”
Flipp ging nach unten und kam bald mit der Zeitung zurück. Alle Kinder lasen den Artikel über das Zeltlager.
„Ach, die Lillington-Schule ist auch dabei!” rief Flipp. „Ein Vetter von mir besucht sie. Vielleicht ist er im Lager.”
„Wie heißt er?” fragte Dicki.
„Ronald Hilton.”
„Wir werden in das Zeltlager gehen und nach ihm fragen. Wenn er dort ist, unterhältst du dich mit ihm, und wir anderen sehen uns unterdessen ein bißchen um.”
Flipp war nicht sehr erbaut von diesem Plan. „Worüber soll ich mich denn mit Ronald unterhalten? Er ist ja viel älter als ich.”
„Ist dir eigentlich klar, daß wir vielleicht einem Geheimnis auf der Spur sind?” erwiderte Dicki ernst. „Vorläufig sieht es allerdings nicht sehr aufregend aus, aber man kann nicht wissen, was noch daraus wird. Es ist deine Pflicht als Spürnase, dein möglichstes für die Aufklärung des Falles zu tun, Flipp.”
„Na gut.” Flipp gab zögernd nach. „Aber ihr müßt mir bei der Unterhaltung mit Ronald helfen. Ich kenne ihn so wenig. Hoffentlich kommt bald etwas Schwung in das Geheimnis! Ein kleiner ausländischer Prinz, der entführt worden ist, interessiert mich eigentlich nicht besonders.”
„Mich auch nicht”, stimmte Gina ihm zu. „Na, wer weiß, wie sich die Sache entwickelt. Aus Ern, Wern und Bern werden wir allerdings nicht viel rausbekommen. Ich
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