Geheimnis um einen entführten Prinzen
Ern eifrig.
„Nein, das will ich nicht. Kommt, laßt uns rasch zurückfahren. Das Maskieren nimmt ziemlich viel Zeit in Anspruch.”
„Als was wirst du dich denn maskieren?” fragte Betti, während die Kinder auf die Räder stiegen.
„Als Hausierer. In dieser Maske kann ich mich leicht mit den Rummelplatzleuten unterhalten. Sie werden glauben, daß ich zu ihnen gehöre. Ich muß herauskriegen, ob in letzter Zeit ein neuer Junge bei ihnen aufgetaucht ist.”
„Vor kurzem dachte ich noch, wir würden dieses Geheimnis niemals aufklären, und nun ist es beinahe aufgeklärt!” rief Betti verwundert.
„Na, so weit sind wir noch nicht”, entgegnete Dicki.
„Es steckt vielleicht mehr hinter der Geschichte, als du ahnst. Mir kommt sie irgendwie nicht geheuer vor.”
Das klang aufregend und geheimnisvoll. Mit wirbelnden Gedanken fuhren die Kinder dahin. Was würde Dicki entdecken? Würde er Prinz Bongawah finden? Was war an der Sache „nicht geheuer”, wie er sich ausdrückte?
Betti und Flipp kamen noch rechtzeitig nach Hause. Dicki ging sofort zu seinem Schuppen. Er wußte genau, wie er sich maskieren wollte. Es war die richtige Maske für seinen Zweck.
Als gewöhnlich gekleideter Schuljunge ging er in den Schuppen hinein, als schmuddliger Zigeuner mit großen goldenen Ohrringen kam er nach einer Weile heraus. Er hatte abgetragene graue Flanellhosen und eine gelbe fleckige Jacke an, und seine Füße steckten in alten Turnschuhen. Um seinen Hals war ein roter Schal geschlungen, und die Mütze hatte er tief ins Gesicht gezogen. Über seiner Schulter trug er eine große Tasche, die viele Fläschchen mit farbigen Flüssigkeiten enthielt. Warzentod, Frostfeind, Hinweg mit Leberfleck! und ähnlich lauteten die Aufschriften auf den Etiketten, die Dicki mit schwungvoller Handschrift beschriftet und aufgeklebt hatte.
Kichernd schlich er durch den Garten zum Tor. Die falschen, vorstehenden Vorderzähne, die er über seine eigenen Zähne geschoben hatte, blitzten weiß. Dicki war jetzt ein herumziehender Hausierer mit zweifelhaften Medikamenten. Kein Mensch würde an seiner Echtheit zweifeln.
Während er nach Tiplingen zurückfuhr, legte er sich einen Plan zurecht. Er wollte mit dem Jungen von dem Karussell oder mit einem anderen der Rummelplatzleute ein Gespräch anfangen und sich dabei unauffällig nach den Bewohnern des grünen Wohnwagens mit den gelben Rädern erkundigen. Dann wollte er versuchen, mit den Leuten selber zu reden und sie ein bißchen unter die Lupe nehmen. Was für ein Glück, daß Flipp die Knöpfe an der Bluse entdeckt hatte! Dadurch war wieder Leben in das Geheimnis gekommen.
Schon von weitem hörte Dicki Musik, Gelächter, Rufe und Kreischen von dem Vergnügungspark herüberschallen. Jetzt am Abend war dort großer Betrieb. Das Karussell drehte sich; Schaukeln schwangen durch die Luft. Dicki versteckte sein Rad in einem dichten Gebüsch und ging zum Eingang. Man verlangte kein Eintrittsgeld von ihm, weil er ja wie ein Händler aussah. Langsam schlenderte er zum Karussell. Aber der Junge, der es bediente, war jetzt zu sehr beschäftigt. Dicki überlegte, ob er den Mann von der Würfelbude ansprechen sollte, aber auch der hatte zu viel zu tun. Langsam ging er weiter und sah sich aufmerksam um. Der Mann, der die Luftschaukeln vermietete, hielt sich seinen linken Arm und verzog schmerzhaft das Gesicht.
Dicki ging zu ihm. „Was ist los, Kamerad? Hast du dich verletzt?”
„Eine Schaukel ist mir gegen den Ellbogen geschlagen”, antwortete der Mann. „Kannst du nicht ein paar Minuten für mich aufpassen? Ich möchte den Arm gern untersuchen lassen.”
„Mach ich!” Dicki achtete getreulich auf die Luftschaukeln, bis der Mann mit verbundenem Arm zurückkehrte.
„Danke!” sagte er. „Gehörst du zu uns, oder bist du nur zufällig vorbeigekommen?”
„Ich kam gerade vorbei und hörte, daß ein Bekannter von mir hier arbeitet.”
„Wie heißt er?”
„Sein Name fällt mir im Augenblick nicht ein.” Dicki nahm seine Mütze ab und kratzte sich nachdenklich den Kopf. „Warte mal – Barlow – oder Harlow – so ähnlich glaube ich.”
„Was betreibt er denn?”
„Ach, jetzt fällt mir ein – er hatte einen grünen Wagen mit gelben Rädern. Habt ihr so einen Wagen dabei?”
„Ja, das ist der von den Tallerys.” Der Mann kassierte von zwei jungen Leuten Geld für eine Luftschaukelfahrt.
„Natürlich – Tallery!” rief Dicki. „Daß ich den Namen aber auch vergessen konnte!
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