Geheimnis Um Mitternacht
mir war nicht klar ... Ich habe keinerlei Erinnerung an mein Leben hier."
„Sie erinnern sich nicht an Ihre Mutter?", rief Nancy in ungläubigem Tonfall. „Oh, wie schrecklich für sie. Sie war so eine sanfte, freundliche Frau. Eine feine Dame, und so gut zu mir. Und sie liebte Sie so sehr. Sie waren das Licht ihres Lebens. Es gibt Damen, die sich nicht viel um ihre Kinder kümmern und sie den Kindermädchen und Gouvernanten überlassen, aber nicht ihre Ladyschaft. Wann immer Sie krank waren, war sie neben Ihnen an Ihrem Bett. Und sie hat Sie jeden Abend zu Bett gebracht und Ihnen eine kleine Geschichte vorgelesen. Das haben Sie so geliebt."
„Erzählen Sie mir von meiner Mutter", bat Gideon.
Die Frau musste nicht gedrängt werden. Sie begann einen Lobgesang auf Lady Selenes Aussehen und ihren Charakter. „Ihre Augen waren den Ihren sehr ähnlich. Dasselbe klare Grün. Die Leute sagten immer, dass Sie Lord Radbourne ähnlich sähen, aber ich fand, dass Sie Ihr Aussehen eher von Lady Selene hatten. Ihr Haar war auch dunkel, und sie war groß für eine Frau. Und so kultiviert, eine wahre Dame in jeder Beziehung. Seine Lordschaft hatte großes Glück, dass er sie zur Frau hatte, das kann ich Ihnen sagen, auch wenn er es niemals zugegeben hätte.
Die Bankes waren schon immer eine stolze Familie. Und seine Mutter war natürlich eine Lilles, und wir wissen alle, wie die sind. Aber Ihre Mutter war eine Walbridge, und ihre Familie war in Norfolk genauso lange ansässig wie die der Bankes hier."
Sie redete einige Zeit über Lady Selenes Familie und dass ihre eigene Familie seit Langem dort in Diensten stand.
Dann folgte eine Beschreibung der vielen Wohltaten ihrer Ladyschaft nicht nur für Nancy selbst, sondern auch für die Armen des Dorfes.
Schließlich, als sie eine kurze Pause machte, sagte Gideon schnell: „Nancy, können Sie mir etwas von dem Tag erzählen, an dem sie verschwand? Was ist passiert?"
„Oh, dieser schreckliche, schreckliche Tag!" Erneut traten Tränen in ihre Augen. Sie zog wieder ihr Taschentuch aus der Tasche und tupfte sich die Augen. „Ich hätte niemals gedacht... Ich sah natürlich sofort, als ich das Zimmer betrat, dass sie nicht in ihrem Bett war. Das Bett war aufgeschlagen, genau wie ich es am Abend zuvor verlassen hatte. Sie hatte überhaupt nicht darin geschlafen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich ..." Nancy blickte auf ihre Hände hinunter. „... ich wollte es Lord Radbourne nicht erzählen. Weil ich nicht wollte ... dass sie Ärger mit ihm bekam. Er ..." Ein wenig unsicher blickte sie zu Gideon.
„Sprechen Sie weiter", sagte er ruhig. „Es ist egal, was sie über ihn oder über meine Mutter sagen. Sie sind ... Ich fühle mich ihnen nicht nahe. Im Grunde kannte ich beide kaum. Sie werden mich mit dem, was Sie sagen, weder glücklich machen noch verärgern. Ich will einfach nur die Wahrheit wissen."
„Ihr Vater war ein Mann von hitzigem Temperament. Er war nicht immer nett. Und sie ... sie war nicht glücklich."
Wieder sah sie zur Seite.
Irene neigte sich der Frau zu. „Sie sagten, Sie wollten keinen Ärger mit ihm bekommen. Warum dachten Sie, dass er Ihnen Schwierigkeiten machen würde? Warum sollte er böse sein? Man sollte doch annehmen, dass er sich Sorgen gemacht hat, weil sie verschwunden ist, nicht wahr?"
Unbehaglich rutschte die ältere Frau auf ihrem Stuhl hin und her, und diesmal wanderten ihre Augen zu Irene. „Sie war eine gute Frau. Das sollten Sie wissen."
Irene nickte. „Ich bin mir sicher, dass sie das war. Kam es schon einmal vor, dass sie ... morgens nicht da war?"
„Nein", erwiderte Nancy langsam und schüttelte den Kopf. „Aber manchmal, nun, es gab da ein, zwei Mal, wo sie in der Nacht nicht in ihrem Bett lag. Aber sie war am nächsten Morgen immer wieder da."
Irene behielt ihren Blick bei der Frau, die widerstrebend ihre Frage beantwortet hatte. Sie ahnte, dass die Zofe das, was sie über Lady Selene wusste, vermutlich leichter einer Frau anvertrauen würde, und wollte, dass sie so weit wie möglich vergaß, dass Lady Selens Sohn direkt neben ihnen saß.
„Traf sie sich mit einem Liebhaber?"
Beunruhigt kaute Nancy auf ihrer Unterlippe, und ihre Hände verknoteten sich in ihrem Schoß. „Ja. Ich meine ...
ich denke, dass sie das tat. Ich bin einmal in ihrem Zimmer sitzend eingeschlafen, als ich auf sie wartete, um ihr beim Auskleiden zu helfen. Ich bin aufgewacht, als sie hereinkam. Es muss vier Uhr morgens gewesen sein. Warum
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