Geheimnis Um Mitternacht
Stammbaum über Jahrhunderte zurückverfolgen."
Irene kam zu ihm und stellte sich neben ihn. „Das konnte mein Vater auch."
„Was meinst du damit?"
„Nun, dass nicht alle Aristokraten wie Rochford sind. Sie sind auch nur Männer, mit verschiedensten Charaktereigenschaften. Lord Cecil war der rechtmäßige Earl of Radbourne, und er hat nicht gezögert, seine Frau zu töten."
„Ich weiß sehr wohl, dass nicht alle Aristokraten gute Menschen sind. Und ich hoffe doch sehr, dass ich ein besserer Mann als mein Vat... als Lord Cecil bin. Aber ich bin kein Mitglied ... dieser Klasse. Ich bin kein Mann, dem es an Selbstvertrauen fehlt... ich bin erfolgreich bei allem, was ich anfange. Aber ich habe nicht dieses bestimmte Etwas, das jeder Adlige hat, den ich je gekannt habe, auch dein Vater. Diese Sicherheit, diese Selbst-gewissheit, dass sie für eine hohe Position geboren sind."
„Ich glaube, die Eigenschaft, von der du sprichst, ist Arroganz", sagte Irene trocken. „Und ich denke nicht, dass sie angeboren ist, sondern anerzogen wird. Du bist auf eine ganz andere Art aufgewachsen. Das ändert aber nichts an deiner Abstammung. Du bist immer noch derselbe Mann, egal, wer dein Vater war."
Er nickte. „Ich weiß. Aber es ist kaum gerecht Timothy gegenüber. Er ist der Sohn meines Vaters. Er sollte der Earl of Radbourne sein, nicht ich. Er wäre es auch, wenn Rochford mich nicht gefunden hätte. Ich muss es ihnen sagen. Ich muss den Titel aufgeben."
„Du bist ein sehr guter Mann", sagte Irene und schob ihre Hand in die seine.
„Das ist mir nur selten vorgeworfen worden", antwortete er mit einem leichten Lächeln, doch als er sie ansah, entdeckte sie ein beunruhigtes Flackern in seinen Augen. Er ließ ihre Hand los und trat einen Schritt zurück. „Ich werde nicht länger ein Earl sein. Und ich werde nie wissen, wer mein Vater ist. Ich ...", er machte eine Pause und fuhr dann hastig und mit entschlossenem Gesichtsausdruck fort: „ ... ich kann dich nicht an dein Versprechen binden, mich zu heiraten. Glücklicherweise haben wir niemandem außer meiner Familie davon erzählt, also musst du dir keine Gedanken machen, dass dein Name mit einem Skandal verbunden sein wird."
Kälte kroch in Irenes Herz. Sie sah ihn einen langen Moment an und kämpfte darum zu sprechen, ohne in Tränen auszubrechen. „Wie bitte? Du möchtest mich nicht mehr heiraten?"
Gideons Mund verzog sich. „Nein! Natürlich will ich dich noch immer heiraten. Aber ich wäre ein Schuft, wenn ich dich an dein Versprechen binden würde, obwohl ich dir nicht mehr das Leben bieten kann, das ich dir versprochen habe. Du wärst nicht die Countess of Radbourne, sondern nur die Frau eines Geschäftsmannes, und ich weiß, wie wenig der Reichtum, den ich habe, im Vergleich zu Namen und Familie zählt."
„Oh!" Irene versteifte sich. Wut flammte in ihr hoch. Sie machte einen Schritt nach vorne und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige.
Gideons Augen weiteten sich. „Was, zum Teufel ...?" Überrascht hob er die Hand an seine brennende Wange.
„Wie kannst du es wagen ... nach allem, was ich dir gesagt habe ... nach letzter Nacht!", wütete Irene mit blitzenden Augen. „Denkst du, dass meine Liebe einen Preis hat? Dass ich mich dir wegen deines Titels hingegeben habe?
Dein Titel ist mir völlig egal! Oder dein Reichtum! Es war mir egal, ob du ein Earl oder ein Lumpensammler bist!
Ich bin zu dir gekommen, weil ich dich liebe!"
Zornig wirbelte sie herum und lief zurück zu ihrem Pferd. Sie stieg auf, stob davon und ließ einen Gideon zurück, der ihr mit offenem Mund hinterherstarrte.
Irene ritt auf einer Welle der Wut zurück in Richtung Haus und schenkte Gideon keinerlei Beachtung, als er ihren Namen rief. Sie hörte, dass er hinter ihr her galoppierte, aber sie war die bessere Reiterin auf dem besseren Pferd und ritt ihm zu den Ställen davon. Hastig sprang sie vom Pferd, ohne auf Hilfe zu warten, warf dem Stallburschen die Zügel zu und rannte zum Haus. Ihre Brust war eng vor Wut und Schmerz. Sie konnte jetzt nicht auf Gideon warten und mit ihm reden. Vielmehr konnte sie nur hoffen, dass sie die Zuflucht ihres Schlafzimmers erreichte, bevor sie in Tränen ausbrach.
Sie lief die Treppe hinauf, schaffte es aber nicht in ihr Zimmer. Jasper, der ihre Schritte gehört hatte, kam aus dem kleinen Salon neben dem Schlafzimmer seiner Mutter, ein besorgtes Runzeln auf seiner Stirn.
„Lady Irene!" Er sah über ihre Schulter an ihr vorbei. „Wo ist
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