Geheimnis Um Mitternacht
London gekommen sein. Warum habe ich Sie denn nie auf einer der Gesellschaften dort getroffen?"
Teresas Miene wirkte kalt, als sie sich Irene zuwandte. „Ich fürchte, dass Cecil - mein Ehemann, Lord Radbourne -
es nicht mochte, die Stadt zu besuchen. Er war ein Mann, der sein eigenes Heim schätzte. Und natürlich war es meine Pflicht, bei ihm zu bleiben."
„Aber bevor Sie ihn geheiratet haben, sind Sie doch sicher in London am Hof vorgestellt worden. Wann war das?"
Die blassen Wangen der anderen Frau röteten sich. „Ich habe auch damals London nicht besucht. Mein Vater war kein geselliger Mann, und er lehnte ,den Firlefanz und die Marotten des Londoner Lebens, wie er es gerne nannte, ab. Außerdem habe ich Lord Radbourne natürlich geheiratet, als ich noch sehr jung war."
„Natürlich. Wie traurig, dass sowohl Ihr Ehemann als auch Ihr Vater Sie von dem kultivierten Leben fernhielten, für das Sie so offensichtlich geschaffen sind." Irene lächelte sie an. „Das erklärt natürlich, warum wir uns nie getroffen haben. Aber ich bin mir sicher, dass ich schon von Ihrer Familie gehört haben muss. Wie lautete gleich noch der Titel Ihres Vaters? Ich vermute, er ist ein Earl wie Lord Radbourne?"
Farbe flammte auf Teresas Wangen, als sie ihren Kopf schüttelte. „Nein. Er ist kein Earl."
„Dann ist er höhergestellt?", fragte Irene mit scheinbar beeindrucktem Gesichtsausdruck.
Auf der anderen Seite des Tisches hob Francesca eine Hand, um sie auf den Mund zu legen. Ihre Augen glänzten belustigt. Sie schüttelte den Kopf in Irenes Richtung, aber Irene ignorierte sie und sagte zu Teresa: „Dann ist Ihr Vater ein Marquess? Oder vielleicht ein Duke wie Lord Radbournes Cousin Rochford?"
„Du meine Güte, nein." Teresa ließ ein nervöses Kichern hören und blickte mit einem gehetzten Ausdruck um den Tisch herum.
„Oh. Dann ein Baronet?", fuhr Irene erbarmungslos fort.
„Mein Vater ist Mr. Charles Effington, der Sohn von Sir Hadley Effington", sagte Teresa steif.
„Ich verstehe", erwiderte Irene, deren Blick hart auf den der anderen Frau traf.
„Man braucht keinen Titel, um eine gute Erziehung genossen zu haben", erklärte Teresa mit trotziger Stimme.
„Ohne Zweifel haben Sie recht", gab Irene zu. „Sie wollen damit also sagen, dass es nicht die Familie eines Mannes ist, die ihn zum Gentleman macht, sondern seine Manieren - Erziehung und Höflichkeit, ein stilvoller Geschmack."
„Ja, genau." Teresa stürzte sich mit einem Ausdruck von Erleichterung auf diese Erklärung.
„Nun, dann ist ein Kaufmann mit guten Manieren, der sich gut ausdrücken kann und gut ausgebildet ist, ohne Zweifel gleichwertig - oder sogar besser - als ein Adliger."
„Wie bitte?" Entgeistert starrte Teresa sie an. „Nein, natürlich nicht. Ich ... Das habe ich nicht gesagt."
„Aber wenn es nicht das Blut ist, das gute Herkunft verrät, sondern die geschliffenen Manieren oder die Art, wie man redet..."
„Das habe ich nicht gesagt!", rief Teresa erneut. „Nein, Sie drehen mir die Worte im Mund herum." Aufgeregt und verwirrt sah sie hilfesuchend um den Tisch herum.
„Irene, hören Sie auf, das Mädchen zu quälen", befahl Lady Odelia, die jedoch amüsiert klang. „Es ist kaum gerecht, einen so schlecht bewaffneten Gegner wie Teresa in ein intellektuelles Duell zu verwickeln."
Francesca entwischte ein kleines Lachen, das sie jedoch schnell unterdrückte und in ein Husten verwandelte. Teresa warf Lady Odelia einen mörderischen Blick zu, sagte aber nichts.
„Bitte verzeihen Sie mir, Lady Odelia", erwiderte Irene, die Teresas wütenden Blick ignorierte und ihre Aufmerksamkeit stattdessen wieder ihrem Teller zuwandte.
Als die Gentlemen sich nach dem Essen zu Portwein und Zigarren ins Rauchzimmer zurückgezogen hatten und die Frauen auf dem Weg zum Musikzimmer waren, hakte sich Francesca auf dem Weg durch den Gang bei Irene unter.
Sie neigte ihren Kopf und murmelte: „Es war recht bewundernswert, wie Sie Lord Radbourne verteidigt haben.
Aber ich fürchte, Sie haben sich damit Lady Teresa zur Feindin gemacht."
Sie nickte zu der Frau hinüber, die allein allen anderen voranging. Irene wusste, dass Francesca recht hatte. Selbst Teresas kerzengerader Rücken strahlte Unmut aus.
Irene zuckte die Schultern. „Ich war schon Schlimmerem ausgesetzt, würde ich denken." Sie lächelte ein wenig.
„Und ich habe es überlebt. Also werde ich zweifellos auch Lady Radbournes Zorn überstehen."
„Ich würde auch auf Sie
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