GEHEIMNISSE DER NACHT
tief ein, seufzte, und sein Lächeln entblößte seine gleichmäßigen Zähne. „Ehrlich gesagt, Morgan, ich würde Sie gerne stationär aufnehmen.“
Es dauerte einen Augenblick, bis ihr Gehirn ihr übersetzt hatte. Dann blinzelte sie. „Ins Krankenhaus?“
„Nur damit wir Sie beobachten können. Ihre Werte sind niedrig, Sie sind blutarm und Sie sehen einfach nicht gut aus.“
„Können Sie mir nicht eine Bluttransfusion geben und mich nach Hause schicken?“
Er wechselte einen Blick mit David. „Wenn wir einen Spender finden könnten. Sie wissen, Sie haben eine seltene Blutgruppe.“
„Ja, weiß ich.“ Sie hob ihren Kopf. „Ich habe eine Schwester, wissen Sie. Einen Zwilling. Aber sie hat das Belladonna-Antigen nicht. Wie kann das sein?“
Ungläubig blickte er sie an. „Eineiig oder Zweieiig?“
„Ich weiß nicht. Wir sehen eigentlich genau gleich aus.“
„Viele zweieiige Zwillinge tun das. Ist es sicher, dass sie das Antigen nicht hat?“
„Sie ist gesund. Fast sogar robust.“
Er blickte zu Boden und drehte seinen Kopf langsam hin und her. „Wir verstehen Belladonna noch nicht, Morgan. Es verhält sich ganz anders als alle anderen Antigene.“
Ja, das hatte sie bereits kapiert. „Hören Sie, Doktor, in einem Krankenhausbett werden Sie nicht mehr für mich tun können, als mich noch kränker zu machen, als ich es ohnehin schon bin. Ich will nach Hause. Ich will in meinem Haus sein. Ich muss dort sein.“
Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an, beugte sich über sie, entfernte ihr den Tropf und klebte ein Pflaster auf die Stelle. „Warum?“
„Ich bin gerne dort. Wenn ich sterben muss, will ich dort sein, und wenn nicht, will ich die Zeit, die mir noch bleibt, dort verbringen.“
„Also wirklich, Morgan“, versuchte David sie zu überreden. „Wenn es doch nur für eine Nacht …“
„Es ist mein Leben. Ich will nach Hause.“ Sie stand auf. „Du kannst mich nicht zwingen, in einem Krankenhaus zu bleiben. Ich bin erwachsen. Ich gehe.“ Sie streckte ihre Hand nach ihren Kleidern aus, die auf einer Anrichte lagen, und nahm sie sich. „Ihr zwei könnt verschwinden oder mir beim Anziehen zusehen.“
„Schon gut, schon gut.“ Der Arzt drehte sich zur Tür, als Morgan bereits ihre Jeans überstreifte. Er trat hinaus, David dicht hinter ihm.
Es gelang ihr, abzuwarten, bis die Tür zugefallen war, dann musste sie sich an der Anrichte festhalten. Schwindel, Schwäche. Verdammt, sie war zu schnell aufgestanden.
Bis sie das dumpfe Brummen der Männerstimmen auf dem Flur wieder hören konnte, verging einige Zeit. Sie knöpfte ihre Jeans zu und beugte sich vor, um zu lauschen.
„… etwas, damit sie schlafen kann?“, fragte David gerade.
„Ich gebe Ihnen was mit nach Hause.“
„Ich gebe es ihr vor dem Schlafengehen.“
Den Teufel würde er tun. Sie konnte nicht schlafen. Nicht heute Nacht. Auf diese Nacht hatte sie schließlich lange Zeit gewartet. Sie musste Dante sehen. Sie musste. Sie musste ihm zeigen, ihm beweisen, dass nichts, was geschehen war, mit ihr zu tun hatte, dass sie ihn nicht hintergangen hatte. Sie schlich sich näher zur Tür und lehnte sich dagegen, um besser zu lauschen.
„Sagen Sie mir die Wahrheit. Doktor. Wie viel Zeit bleibt ihr noch?“
„Sie wissen, dazu kann ich keine genaue Aussage treffen.“
„Aber Sie haben eine Vorstellung. Ich kann es in ihren Augen sehen. Was ist es, Doktor? Kommen Sie schon. Monate?“ Eine Pause. „Wochen?“
Der Arzt schwieg weiterhin.
„Mein Gott, Tage?“, sagte David leise.
„Vielleicht. Es tut mir leid, David. Ich weiß, wie viel sie Ihnen bedeutet.“
„Wir müssen doch irgendetwas tun können.“
„Wir könnten einen geeigneten Blutspender finden“, sagte der Arzt, „das würde ihr etwas mehr Zeit verschaffen.“
„Dann müssen wir das tun.“
„Ihnen ist klar … damit kaufen wir nur Zeit. Letztendlich …“
„Das ist mir klar. Ich akzeptiere es nur nicht. Ich kann nicht.“
Der Schmerz in Davids Stimme versetzte Morgan einen Stich ins Herz.
Der Arzt seufzte. „Ich werde tun, was ich kann, um ihr so viel Zeit zu verschaffen wie möglich, David. Ich verspreche es.“
Maxine versuchte, mit der gleichen Stimme zu sprechen wie immer, als sie ihre neusten Abenteuer in den Hörer des Telefons berichtete. „Es war echt so merkwürdig, Stormy. Als wollte sie mich dahaben, aber gleichzeitig konnte sie es auch nicht abwarten, mich loszuwerden. Ich kann dir sagen, du bist viel mehr eine
Weitere Kostenlose Bücher