GEHEIMNISSE DER NACHT
zurück zu seinem Wagen kam und Dante zusammengesackt darin vorfand. Er konnte nicht glauben, dass der Vampir nicht wieder geflüchtet war.
Er stieg ein, fuhr den Wagen zurück zu seinem Hotel in Easton, wo er den Hintereingang benutzte, um den Vampir hinauf in seine Suite zu bringen. Dante kam kurz wieder zu Bewusstsein, als Lou ihn mit vollem Körpereinsatz ins Hotel schleifte, in den Fahrstuhl und hoch zu seinem Stockwerk. Drinnen nahm er den ausgelaugten Vampir gleich mit ins Badezimmer und setzte ihn mit dem Rücken zur Wand auf den Boden.
Dante bewegte sich nicht. Mist. Vielleicht war er schon tot. Lou hatte keine Ahnung, wie er das feststellen sollte. Konnte man einen Puls fühlen? Hatten Vampire einen Puls?
Er fand eine Schere, eine Nadel und ein Stück Faden in Lydias Kulturbeutel. Okay. Also konnte er den Kerl wenigstens zusammennähen. Er blutete noch immer, sodass sich mittlerweile eine Lache auf dem Badfußboden gebildet hatte.
Lou benutzte die Schere, um die Jeans direkt unter der improvisierten Aderpresse abzuschneiden. Er zog das durchnässte Stück Denim ab und warf es in die Badewanne. Dann blickte er von Dantes glänzend rotem Bein zu Nadel und Faden, beides noch auf der Anrichte. „Mist.“
Er stand auf und ging in den Teil der Suite, der als Wohnzimmer diente. Dort öffnete er die Minibar und nahm zwei kleine Flaschen heraus. Whiskey und Wodka. Er drehte den Verschluss von der Whiskeyflasche ab, legte sie an seine Lippen und trank sie in einem Zug leer.
Dann schraubte er den Verschluss der Wodkaflasche ab und nahm sie mit zurück ins Badezimmer. Er schüttete etwas über die Wunde und spülte das Blut auf diese Weise aus, als Dante vor Schmerz zu stöhnen begann. Als Lou ihn ansah, waren seine Augen offen.
„Ich dachte schon, du bist tot.“
„Was zum Teufel machst du da mit mir?“
„Unterbrich mich, wenn ich falschliege, aber ich glaube, du bist dabei, bis auf den letzten Tropfen auszubluten. Wahrscheinlich ist das sogar für einen Vampir ziemlich schlecht.“
Dante schloss die Augen und nickte. „Besonders für einen Vampir.“
„Dachte ich mir.“ Lou nahm die Nadel. In ihr steckte bereits ein Stück schwarzer Faden. Er goss Wodka darüber.
„Das ist nicht nötig“, sagte Dante, „ich kann mir keine Entzündung holen.“
„Was du nicht sagst.“ Lou zuckte mit den Schultern und beugte sich über die Wunde.
„Mach dich auf was gefasst.“ Er stach die Nadel ein und zuckte dann vor Schreck über den Schmerzensschrei zusammen. „Nicht mal ich würde so schreien. Ich dachte, du kannst was vertragen.“
Mit zusammengebissenen Zähnen presste Dante eine Erklärung aus. „Bei meiner Art … sind alle Empfindungen … verstärkt.“
„Oh. Wusste ich nicht.“ Lou schaute zu ihm hinab. Sein Gesicht war vor Schmerz zu einer Grimasse verzerrt. „Soll ich aufhören?“
„Nein.“
Als er dem Mann das nächste Mal die Nadel ins Fleisch stach, zuckte Lou selber zusammen. Vier Stiche, schön eng gezogen. Mehr brauchte es nicht, um die Wunde vollkommen zu schließen. Er nickte zufrieden.
„Da ist noch eine … genau wie diese“, sagte Dante, „auf der anderen Seite.“
„Jesus.“ Lou griff nach dem Wodka, trank aus, was noch in der Flasche war, und half Dante, sich auf die andere Seite zu rollen.
Es war furchtbar, jemandem solche Schmerzen zuzufügen, egal ob Vampir oder nicht. Lou war kurz davor, sich seines Mittagessens zu entledigen, als er endlich fertig war und sein Patient kaum mehr als ein zitterndes Häuflein Elend. Dennoch, die Stiche hielten. Dante blutete nicht mehr. Nicht einmal, als Lou ihn vom Boden aufhob, ihn an den Rand der Wanne lehnte und so gut es ging das Blut von ihm abwusch. Dann trocknete er den Vampir ab und half ihm zum nächstgelegenen Bett.
Wenn Dante die Nacht überstand, würde er wahrscheinlich überleben. Lou hatte genug mitbekommen, um sich denken zu können, dass Vampire am Tag heilten, während sie schliefen. Er beseitigte die Sauerei im Badezimmer und machte es sich dann in einem Sessel neben dem Bett bequem. Er hatte vor, bis Sonnenaufgang Wache zu halten.
Es würde eine lange Nacht werden. Er seufzte, nahm das Telefon ab, rief das Krankenhaus an und bat, zu Maxine durchgestellt zu werden.
Als ihre Stimme am anderen Ende der Leitung ertönte, klang sie angespannt und müde. Alt. Viel zu alt, um von einem Mädchen wie ihr zu kommen. Er wollte etwas sagen, das alles besser machte. Sie trösten. Irgendwas. Aber er wusste verdammt
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