GEHEIMNISSE DER NACHT
„Dann komm zurück, Dante, versprich mir, dass du heute Nacht zu mir kommst. Ich werde dir alles erzählen, ich schwöre.“
„Aber vielleicht wartet der entstellte Mann auf mich, wenn ich wiederkomme?“
„Zuerst müsste er mich umbringen …“
Sie fiel auf die Knie, zu schwach, um zu stehen. Ihr Kopf fiel nach vorn, und sie atmete flach. „Ich würde lieber sterben, Dante, als dich zu hintergehen.“ Ihre Worte waren hastig aneinandergereiht und kamen in einem Atemzug, nur ein Ausatmen, nicht einmal ein Flüstern.
„Diese Worte habe ich schon einmal gehört, Morgan.“ Dante kniete sich neben sie, packte sie an den Schultern und hob ihr Kinn, um ihr ins Gesicht zu sehen. Dann zog er sie an seine Brust, hielt sie mit einer Hand dort fest und nahm mit der anderen etwas aus seiner Tasche. Sie sah es aufleuchten, als er es öffnete. Ein kleines, spitzes Messer, wie ein Lederdorn. Er führte es an seinen eigenen Hals, stach zu und stöhnte vor Schmerz auf.
Morgan keuchte. Ihre Blicke hafteten auf seinem sehnigen Hals, als er das Messer fortzog und ein scharlachroter Blutfaden aus der Stichwunde hervorquoll und seine Haut hinabfloss. Sie leckte sich die Lippen. Der Duft stieg ihr in die Nasenlöcher, und in ihren Eingeweiden rumorte eine animalische Lust. Seine Hand war in ihrem Haar, an ihrem Hinterkopf, und zog sie näher an sich, aber sie brauchte seine Hilfe nicht. Sie wusste, was sie brauchte.
Sie vergrub ihr Gesicht in der Kuhle seines Halses, schloss ihren Mund über der Wunde und saugte das Blut aus seinem Körper. Sie zog an der Öffnung, und ihre Zunge schoss hervor, um die Tropfen aufzufangen, die ihren hungrigen Lippen entgingen. Sie labte sich an ihm, bis er sie von sich schob und eine Hand an die Wunde an seinem Hals drückte. Einen wahnsinnigen Augenblick lang kämpfte sie gegen ihn an, drückte sich an ihn, kratzte an seiner Hand und versuchte, mehr von dieser Droge zu bekommen, nach der sie sich so verzehrte. Sie hätte in diesem Augenblick seinen Hals mit ihren eigenen Zähnen aufreißen können, wie ein Wolf. Sie hätte ihn umbringen können.
Es war nicht schwer, sie abzuwehren. Aber als sie ihm ins Gesicht sah, sah sie dieselben gebleckten Zähne, den gleichen unstillbaren Hunger, das gleiche wilde Leuchten in seinen Augen. Oh Gott, er wollte sie auf genau die gleiche Art verschlingen. Wie ein Tier. Ein Raubtier.
Er schleuderte sie fast auf ihr Bett, sprang auf den Balkon und verschwand über die Brüstung. Morgan blieb liegen, halb auf dem Bett, halb auf dem Boden, und atmete schwer. Ihr ganzer Körper war lebendig, kribbelte, ihr Herz schlug lauter und stärker. Sie fühlte sich nicht mehr schwach. Sie fühlte sich lebendig, wie schon viele Jahre nicht mehr.
Das, wurde ihr klar, musste ein Hauch davon sein, wie es sich anfühlte, zu sein wie … wie Dante. Wie ein Vampir.
Ja, sie wollte es. Plötzlich wollte sie es mit aller Macht. Und sie fragte sich, ob sie bereits verwandelt war? Ob es ausreichte, sein Blut zu trinken, um zu dem zu werden, was er war.
Dante eilte so schnell er konnte zu dem Haus, von dem Sarafina gesprochen hatte. Er fand sie dort, unruhig, wie sie auf ihn wartete, doch er rang sich nur einen knappen Gruß ab, ehe er an ihr vorbei in den Keller ging.
Sie folgte ihm natürlich auf dem Fuße. „Wo bist du gewesen? Was hat dich aufgehalten, Dante? Jesus, ist das dein Blut, was ich da rieche?“
„Ein kleiner Unfall.“
„So etwas gibt es nicht!“ Sie packte ihn an der Schulter, um ihn aufzuhalten, aber er bewegte sich einfach weiter, stieg in die Kiste, die sie für ihn vorbereitet hatte, und zog den Deckel über sich zu. Sie hielt den Deckel mit beiden Händen fest, damit er sich nicht vollkommen bedecken konnte, und schimpfte weiter. „Du weißt, wie leicht wir ausbluten, Dante. Was zum Teufel ist passiert, dass du so nachlässig warst?“
„Ich bin unserem vernarbten Vampirjäger begegnet“, erzählte er ihr. Denn wenn sie je die Wahrheit herausfand, würde sie explodieren. Und nichts, nicht einmal die Verbindung zu ihrer Art, würde Morgan dann vor Sarafinas Zorn beschützen. Sie war unheimlich besitzergreifend. Nicht nur, was ihre Sklaven anging, auch bei ihm. Er war ihre einzige Familie. Das bedeutete Sarafina sehr viel.
„Der vernarbte Mann? Er ist in der Stadt?“
„Ja. Sei also vorsichtig.“ Dante zerrte noch einmal an seinem Deckel. „Je eher ich schlafe, desto eher kann der Verjüngungsprozess meine Wunde heilen, Fina.“
Mit einem
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