Geheimnisse des Himmels
mächtiges ist, das sich diese Geschöpfe davon angezogen fühlen. Ich weiß es nicht.“
Melora sah Fye neidisch an.
„Mh. Eines ist jedenfalls klar, ein Kianki zum Partner zu haben, bedeutet großes Glück“, sagte sie ernst. Sie streifte sich ihr schwarzes Haar aus der Stirn; ihre goldenen Augen funkelten verheißungsvoll. Kaithlyn durchlief ein eisiger Schauder.
„Der Rabe ist das Wappentier der Familie Crossdale“, schloss Fye.
„Crowden ist schon ewig bei mir. Schon seit meiner Kindheit begleitet er mich. Er ist ein treuer Gefährte. Es ist also jedes Mal eine neu, unbekannte Situation, wenn ein Kianki sich bindet. Genauso wie jedes Tier ein magisches Individuum ist.“
Der Rabe nickte zutraulich. Kaithlyn dachte über die Lektion in Sachen magische Tierwesen nach. Sie versuchte, ihr neu erworbenes Wissen zu speichern.
„Können also alle möglichen Tiere Kiankis sein?“, fragte sie. Dieses Mal schaltete sich Melora ein, als ertrüge sie es nicht länger als fünf Minuten zu schweigen oder von einem Gespräch (das Fye führte) ausgeschlossen zu werden.
„So weit ich weiß schon.“
Sie lächelte.
„Man sagt, dass manche Geister verstorbener Magier, die zu früh aus dem Leben geschieden sind, sich irgendwann entschließen, als sterbliches Tier wiedergeboren zu werden. Doch, weil sie als Wiedergeborener nur eine halbe Seele besitzen, suchen sie sich einen Menschen aus, an den sie sich binden können, um ein neues Leben zu führen. Obwohl sie der Sprache mächtig sind, lassen sie meist nur ihre Seelenstimme erklingen, um denjenigen zu finden, der ihrer Ansicht nach als Meister am besten zu ihnen passt.“
„Das klingt wie ein Märchen“, erwiderte Kaithlyn schroff.
„Halbe Seele? Meister?“
Melora kraulte Harlow den Kopf, die nun mitten auf dem Tisch, zwischen all den Essen saß.
„Mir gefällt diese Geschichte besser, als eine wissenschaftliche Theorie.“
Kaithlyn nickte zustimmend.
„Wenn Kiankis äußerlich kaum von normalen Tieren zu unterscheiden sind, woher wusste Mrs Koirbet dann, dass Harlow ein Kianki ist?“, fragte Kaithlyn und füllte sich Orangensaft nach. Melora sah Fye fragend an.
„Kiankis haben einen Router in ihrer Aura. Ein endloses Thema“, sagte Fye geduldig.
„Die Kurzversion lautet: eine magische Spur, die für manche Augen sichtbar und für manche Menschen spürbar ist. Zweifelsohne ein Talent derer, die den Router bemerken.“
Das alles war so ungewohnt und komplex. Kaithlyn war beinahe froh, als Fye diese Unterhaltung vorerst beendete. Er trank einen Schluck Tee und entschuldigte sich dann.
„Ich denke ich werde mich hier mal umsehen. Die Bibliothek war sehr einladend, ich habe schon viel über die Büchersammlung von Lyon Karacord gehört, aber sie mit eigenen Augen zu sehen…ich sollte es ausnutzen so lange ich noch hier bin.“
„Was? Reist du etwa schon wieder ab?“, sagte Melora erschrocken. Kaithlyn verdrehte wissentlich die Augen.
„Meine Familie wohnt auch auf dieser Insel. Hier ist auch mein zu Hause, hast du das vergessen? Ich werde Mr Karacords Gastfreundschaft nicht überlang beanspruchen und mein Vater erwartet mich.“
Fye wand sich an Kaithlyn.
„Ich bin nie außerhalb deiner Reichweite.“
Kaithlyn kam nicht umhin, eine gewisse Zweideutigkeit aus seinen Worten heraus zu hören. Hatte dies wieder etwas mit seinem Misstrauen gegenüber Mr Karacord zu tun?
„Pflichten“, murmelte er tonlos. Melora sah sehr enttäuscht aus und ihre Miene wurde noch enttäuschter als Fye sie mit Kaithlyn allein ließ. Kaithlyn fasste es nicht als Beleidigung auf. Meloras Verhalten sollte man besser nicht persönlich nehmen. Ihre Laune war wild wie das ungestüme Wetter beim Jahreszeitenwechsel.
„Er ist immer so. Ruhig, reserviert…nicht zu durchschauen.“
Meloras Stimme klang leise und heiser. Vielleicht erwartete Melora, das Kaithlyn etwas dazu sagte? Als sie Fye das erste Mal gesehen hatte, hatte er einen strahlenden Eindruck gemacht, und als er sich ihr vorstellte, wurde Kaithlyn unweigerlich in seinen Bann gezogen. Er besaß eine ungeheure Anziehungskraft, die auch bei Melora zu wirken schien. Mehr als bei Kaithlyn jedenfalls. Aber Melora hatte recht, auch wenn Fye lächelte, seine Augen blieben kalt.
„Wie ist es auf die Akademie zu gehen?“, fragte Kaithlyn, um für einen Themenwechsel zu sorgen. Doch während Melora zu erzählen begann schweifte Kaithlyn wieder in ihre eigene Welt ab. Sie dachte an Rose, die sie bestimmt erst
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