Geheimnisse einer Sommernacht
Miene, da sie genau wusste, dass die anderen Frauen sie aufmerksam beobachteten.
„Weil ich dich in genau fünf Minuten lieben will“, raunte er. „Egal, wo wir sind, hier, im Treppenhaus oder in unserer Suite. Wenn du also ein wenig Privatsphäre vorziehst, rate ich dir, das Spiel schnellstens zu verlieren.“
Das wagt er nicht, dachte Annabelle klopfenden Herzens. Doch sie kannte Simon …
Mit zitternden Händen deckte Annabelle eine Karte auf. Die nächste Spielerin brauchte quälend lange, bis sie sich für einen Zug entschied, und die folgende hielt erst einmal ein launiges Zwiegespräch mit ihrem Mann, der gerade an den Tisch gekommen war. Annabelle stand bereits der Schweiß auf der Stirn, sie überlegte, wie sie ohne Gesichtsverlust aus der Runde aussteigen konnte. Aber die Stimme des Verstandes beruhigte sie: So dreist ist Simon nicht, niemals wird er es wagen, auf der Hoteltreppe über dich herzufallen. Doch dann sah sie, wie er lässig seine Taschenuhr aufklappte.
„Du hast noch drei Minuten“, flüsterte er ihr zu.
Zu allem Unglück verspürte Annabelle auch noch ein ungehöriges Pochen zwischen ihren Schenkeln, ihr Körper reagierte sofort auf das heisere Versprechen in seiner Stimme. Sie presste die Beine fest zusammen und wartete ungeduldig, mit wild pochendem Herzen, auf ihren nächsten Zug. Doch die Spielerinnen unterhielten sich in aller Gemütsruhe, fächelten sich Luft zu und schickten den Kellner nach einer weiteren Kanne geeister Limonade.
Endlich war Annabelle wieder am Zug. Sie warf ihre höchste Karte hin, dann noch eine, sah mit Erleichterung, dass die letzte wertlos war und legte ihr Blatt offen auf den Tisch. „Ich gebe auf“, sagte sie und versuchte, ganz normal zu klingen. „Danke, es war ein schönes Spiel, aber nun muss ich leider gehen.“
„Ach, bleiben Sie doch noch für eine Runde“, drängte eine der Damen.
„Ja, ja, noch eine Runde“, baten auch die andern.
„Trinken Sie wenigstens noch ein Glas mit uns, während wir diese Runde beenden …“
„Danke, aber …“ Annabelle stockte und rang leise nach Luft, denn als sie Simons leichten Druck auf ihrem Rücken spürte, verhärteten sich ihre Brustknospen unter dem Kleid. „Ich habe zu viel getanzt letzte Nacht, ich bin immer noch ein wenig müde und muss mich vor dem Theaterbesuch heute Abend noch etwas ausruhen“, log sie.
Verfolgt von guten Wünschen und wissenden Blicken versuchte Annabelle, ruhig und würdevoll den Hotelsalon zu verlassen. Sobald sie die Wendeltreppe erreichten, die zum oberen Stockwerk führte, atmete Annabelle erleichtert auf. Sie warf ihrem Mann einen vorwurfsvollen Blick zu. „Fast hättest du es geschafft, mich bloßzustellen …“ Das Kleid rutschte ihr von den Schultern. „Was machst du denn da?“ Bestürzt stellte sie fest, dass er ein paar Knöpfe geöffnet hatte. „Simon“, zischte sie, „wage es nicht! Nein, lass das!“ Sie rannte die Treppe hinauf, aber er holte sie schnell wieder ein.
„Du hast noch eine Minute.“
„Mach dich doch nicht lächerlich“, schnauzte sie. „Wir können doch unmöglich unsere Suite in weniger als einer Minute erreichen, und du würdest doch wohl nicht …“ Sie stieß einen spitzen Schrei aus, als sie merkte, dass er sich wieder an ihren Knöpfen zu schaffen machte, drehte sich um und schlug seine Hand weg. Dann sah sie seinen Blick und konnte es kaum fassen, er wollte seine Drohung wirklich wahr machen. „Simon, nein!“
„Doch!“ Dieser Gesichtsausdruck war ihr mittlerweile bekannt, in seinen Augen war ein gewisses animalisches Funkeln.
Sie raffte ihre Röcke und rannte übermütig lachend die Treppe hinauf. „Du bist unmöglich! Lass mich! Du bist …, oh Gott, wenn uns jemand sieht, das werde ich dir nie vergeben!“
Simon folgte ihr ohne besondere Eile, aber ihn hinderten auch nicht weite Röcke und enge Unterkleider. Annabelle erreichte den Treppenabsatz und rannte um die Ecke zur nächsten Treppe. Ihre Knie schmerzten, als sie atemlos Stufe um Stufe nahm. Ihre Röcke wurden immer schwerer, sie war kurz davor, dass ihr die Luft wegblieb. Sie verfluchte Simon, dass er ihr das antat, und sich selbst, dass sie nicht aufhören konnte zu lachen.
„Dreißig Sekunden“, hörte sie ihn hinter sich. Keuchend erreichte sie den letzten Treppenabsatz. Vor ihr lag noch der lange Korridor bis zu ihrer Suite, die Zeit reichte nicht. Sie hielt ihr rutschendes Oberteil fest, blickte sich um und rannte zur ersten Tür, die
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