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Geheimnisse einer Sommernacht

Geheimnisse einer Sommernacht

Titel: Geheimnisse einer Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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du Lust zu einer Fahrt in meinem Phaeton?“
    Dazu musste man Annabelles Bruder nicht ein zweites Mal einladen. „Ich hole nur Hut und Mantel.“
    „Keinen Hut“, riet Simon. „Den würdest du sowieso nicht länger als eine Minute auf dem Kopf behalten.“
    „Mr. Hunt“, rief Annabelle den beiden nach. „Wenn Sie meinen Bruder verletzen oder töten, bekommen Sie kein Abendessen.“
    Simon antwortete etwas sehr Unverständliches, dann verschwanden die beiden Männer in der Halle.
    „Phaetons sind zu leicht und zu schnell. Sie überschlagen sich so leicht“, äußerte Philippa besorgt. „Hoffentlich ist Mr. Hunt ein guter Fahrer.“
    „Ein ausgesprochen guter“, versicherte Annabelle lächelnd. „Er hat uns vom Hotel hierher in einem so gemächlichen Tempo kutschiert, dass ich schon dachte, ich säße in einer alten, schweren Familien-Barouche.
    Glaub mir, Jeremy ist in den besten Händen.“
    In der nächsten Stunde saßen Mutter und Tochter bei einer Tasse Tee im Empfangszimmer und erzählten sich alles, was in den letzten zwei Wochen passiert war. Wie Annabelle erwartet hatte, fragte ihre Mutter nicht nach intimen Details der Hochzeitsreise. Sie war eher interessiert an Annabelles Bericht über all die fremden Menschen, die sie kennengelernt, und die Bälle, und Festlichkeiten, die sie besucht hatte. Die reichen Industriebarone weckten Philippas Interesse, und sie hörte aufmerksam zu, was Annabelle über sie berichtete.
    „Man sieht auch hier in England immer mehr von diesen Leuten“, bemerkte Philippa. „Sie verheiraten ihren Reichtum mit unserem Adel.“
    „Wie die Bowmans“, sagte Annabelle.
    „Genau. Wie es scheint, kommen jede Saison mehr Amerikaner herüber. Dabei ist es sowieso schon schwer genug, einen Adligen zu angeln. Wir brauchen wirklich nicht noch mehr Konkurrenz. Ich werde froh sein, wenn sich diese unternehmerische Begeisterung endlich wieder gelegt hat und die Dinge ihren gewohnten Lauf nehmen.“
    Annabelle lächelte traurig und überlegte, wie sie ihrer Mutter erklären sollte, dass nach allem, was sie gesehen und gehört hatte, der Prozess der Industrialisierung erst am Anfang stand, und dass die Dinge nie wieder ihren gewohnten Lauf nehmen würden. Annabelle begann ja selbst erst allmählich zu verstehen, welchen Wandel Eisenbahnen, Dampfschiffe und andere Maschinen für England und den Rest der Welt bringen würden. Darüber, über die Auswirkungen des industriellen Wandels, hatten sich Simon und seine Geschäftsfreunde beim Dinner unterhalten und nicht übers Jagen und über Einladungen aufs Land oder ähnlich triviale Aktivitäten, mit denen sich Englands Oberklasse beschäftigte.
    „Sag, kommst du gut mit Mr. Hunt zurecht?“, fragte Philippa.
    „Oh ja, Mama. Obwohl Mr. Hunt ganz anders ist als alle Männer, die du oder ich bislang kennengelernt haben. Er denkt anders, er ist fortschrittlich …“
    „Oh Gott“, stöhnte Philippa, ihre leichte Ablehnung nicht verhehlend. „Etwa auch politisch?“
    „Nein …“, antwortete Annabelle zögerlich, denn plötzlich fiel ihr auf, dass sie nicht einmal wusste, welcher Partei sich ihr Mann zugehörig fühlte. „Nach dem, was er so äußert, würde ich annehmen, er ist ein Liberaler …“
    „Oh Gott, oh Gott! Meinst du nicht, du könntest ihn davon überzeugen, dass das die falsche Einstellung ist.“
    Annabelle musste lachen. „Das bezweifle ich, Mama. Aber das macht nichts, denn ich bin allmählich auch der Meinung, dass eines Tages die Ansichten dieser Industriellen, Fabrikanten und Kaufleute mehr Gewicht haben werden als die des Adels. Allein ihr finanzieller Einfluss …“
    „Annabelle“, unterbrach Philippa ihre Tochter vorsichtig. „Ich denke, es ist wunderbar, dass du den Wunsch hast, deinen Ehemann zu unterstützen. Aber ein Mann, der Handel treibt, wird niemals so einflussreich sein wie ein Adliger. Zumindest nicht in England.“
    Ihr Gespräch wurde plötzlich von Jeremy unterbrochen, der ins Zimmer gestürmt kam. Zerzaust und aufgeregt sah er aus. „Um Gottes willen, was ist passiert? Wo ist denn Mr. Hunt?“
    „Er führt die Pferde ums Viertel, damit sie sich abkühlen.“ Jeremy schüttelte den Kopf. „Der Mann ist ein Irrer“, erklärte er völlig außer Atem. „Wir haben uns dreimal beinahe überschlagen, haben sechs Leute fast zu Tode gefahren und mein Gesäß ist blau und grün, so hat es mich durchgeschüttelt. Ich hätte gebetet, wenn ich noch Atem gehabt hätte. Ich war sicher, dass

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