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Geheimnisse einer Sommernacht

Geheimnisse einer Sommernacht

Titel: Geheimnisse einer Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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breiten gekünstelten Lächeln und trank den Rest ihres Glases aus. „Danke für den Champagner.“
    „War mir ein Vergnügen“, antwortete Wells-Troughton verdrießlich und verschwand eilig.
    Mit vor Scham rotem Gesicht, die Blicke der anderen Gäste meidend und Simon dicht hinter sich, verließ Annabelle den Ballsaal. Sie fand einen Balkon, stellte ihr Glas auf der Brüstung ab und genoss die kühle Nachtbrise auf ihren heißen Wangen.
    „Was wollte er von dir?“, fragte Simon barsch.
    „Nichts von Bedeutung.“
    „Er hat dich belästigt. Das konnte doch jeder sehen.“
    „Herrje, das ist doch unbedeutend für ihn, und für alle anderen hier auch. So sind sie hier nun einmal. Du weißt ganz genau, dass man hier diese Dinge nicht so ernst nimmt. Für sie ist Treue nur ein …, ein Vorurteil der Mittelklasse. Und wenn ein Mann wie Wells-Troughton bei einer Frau Annäherungsversuche macht, dann schenkt dem niemand besondere Aufmerksamkeit …“
    „Aber ich, wenn es meine Frau ist.“
    „Deine Reaktion macht uns beide nur zum Gespött, und außerdem ist es nicht gerade ein Beweis dafür, dass du an meine Treue glaubst.“
    „Hast du nicht gerade behauptet, dass deine Klasse nicht an Treue glaubt?“
    „Das ist nicht meine Klasse“, fuhr Annabelle ihn wütend an. „Nicht mehr, seit ich dich geheiratet habe. Ach, ich weiß ja gar nicht mehr, wozu ich gehöre, auf jeden Fall nicht zu diesen Leuten und zu deinen auch nicht.“
    Seine Miene blieb unverändert, aber Annabelle ahnte, dass sie ihn verletzt hatte. Seufzend strich sie sich über die Stirn. „Simon, ich wollte nicht …“
    „Ist schon gut“, unterbrach er sie rau. „Lass uns wieder hineingehen.“
    „Aber ich möchte dir erklären, weshalb …“
    „Du musst nichts erklären.“
    „Simon …“, bettelte sie noch einmal, aber folgte ihm dann schweigend in den Ballsaal. Von ganzem Herzen wünschte sie, dass sie ihre vorschnellen Worte ungeschehen machen könnte.

24. KAPITEL
    Wie Annabelle befürchtet hatte, war der unüberlegte Vorwurf, den sie Simon auf dem Hardcastle-Ball gemacht hatte, Anlass für eine kleine, aber dennoch spürbare Entfremdung zwischen ihr und ihrem Mann. Liebend gern hätte Annabelle sich entschuldigt. Aber alle Versuche, Simon zu erklären, was sie gemeint hatte, und dass sie ihre Heirat mit ihm absolut nicht bereute, wies er ruhig, aber bestimmt zurück. Es schien, als habe Simon, der sonst keiner Diskussion auswich, unter dieses Thema einen Schlussstrich gezogen. Ohne Absicht hatte sie ihn tief verletzt, und seine Reaktion verriet, dass er sich irgendwie schuldig fühlte, sie aus der Welt der Oberklasse entfernt zu haben, von der sie einst geträumt hatte.
    Für einen nicht eingeweihten Beobachter änderte sich nicht viel an ihrer Beziehung. Nach wie vor gingen sie fröhlich und liebevoll miteinander um. Doch unterschwellig spürte Annabelle immer, dass sich etwas verändert hatte. Es gab Momente, da hatte sie das Gefühl, als sei Simon ihr gegenüber vorsichtiger geworden, als baue er einen unsichtbaren Schutzwall zwischen ihnen auf, um sich nicht wieder verletzen zu lassen. Das bedeutete aber nicht, dass er in seiner Fürsorge und seinem Beistand für sie nachließ, keineswegs. Das zeigte sich auch, als eines Abends von unerwarteter Seite Ärger kam.
    Simon war zu ungewöhnlich später Stunde nach Hause ins Rutledge gekommen. Er hatte den ganzen Tag auf dem Gelände des Eisenbahnwerks zugebracht, roch nach Ruß, Ol und Metall, und sein Anzug war kaum noch wiederzuerkennen.
    „Was hast du denn gemacht?“, empfing Annabelle ihn amüsiert und zugleich auch beunruhigt.
    „Bin durch die Gießerei gegangen“, antwortete Simon und zog sich Weste und Hemd schon auf dem Weg ins Schlafzimmer aus.
    Annabelle sah ihn skeptisch an. „Na? Nur gegangen? Was sind denn das für Flecke auf deinem Anzug. Du siehst ja aus, als hättest du selbst versucht, die Lokomotive zu bauen.“
    „Es gab einen Moment, da war zusätzliche Hilfe erforderlich.“ Simon schien in ausgesprochen guter Stimmung zu sein. Seine gut proportionierten Muskelpakete kamen zum Vorschein, als er sein Hemd auf den Boden fallen ließ.
    Er war ein äußerst kräftiger Mann, der keinerlei Anstrengung scheute, insbesondere wenn ein Risiko damit verbunden war.
    Kopfschüttelnd ging Annabelle ins Bad, um Wasser in die Wanne laufen zu lassen. Als sie zurückkam, stand ihr Mann in Unterwäsche da. Sofort bemerkte sie den faustgroßen Bluterguss an seinem Knie

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