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Geheimnisse einer Sommernacht

Geheimnisse einer Sommernacht

Titel: Geheimnisse einer Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Labkrauttee aufzubrühen, falls es sich bestätigen sollte, dass es ein Vipernbiss ist …“
    „Den Tee trinkt sie schon“, unterbrach Simon ihn. „Ich habe schon vor einer viertel Stunde danach schicken lassen.“
    Der missbilligende Blick des Arztes sprach Bände. Er drückte aus, was er von Leuten hielt, die es wagten, ohne die akademischen Weihen eines Mediziners eine Behandlung zu beginnen. „Labkraut ist eine starke Droge, Mr. Hunt.
    Möglicherweise sogar gefährlich, wenn sich herausstellt, dass die Patientin nicht von einer Schlange gebissen wurde. Sie hätten warten sollen, bis ein Mediziner eine eindeutige Diagnose stellt.“
    „Die Symptome eines Vipernbisses sind unverkennbar“, antwortete Simon ungehalten, da er wünschte, der Mann stände nicht länger im Flur herum, sondern kümmere sich endlich um seine Patientin. „Es ging schließlich darum, Miss Peyton so schnell wie möglich Erleichterung zu schaffen.“
    Der alte Herr zog missbilligend die grauen Brauen zusammen. „Sie scheinen sich ja Ihres Urteils sehr sicher zu sein, junger Mann“, entgegnete er scharf.
    „Ja“, erwiderte Simon selbstsicher.
    Leise lachend legte Westcliff dem Arzt beruhigend die Hand auf die Schulter. „Ich fürchte, wir werden noch lange hier stehen müssen, falls Sie versuchen sollten, meinen Freund davon zu überzeugen, dass er Unrecht hat.
    Hartnäckig ist nur eine milde Bezeichnung für Mr. Hunts Charakter. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit lieber auf Miss Peyton.“
    „Wenn Sie meinen“, erwiderte der Arzt pikiert. „Man könnte allerdings annehmen, nach Mr. Hunts fachmännischer Diagnose sei meine Anwesenheit hier überflüssig“, konnte sich der alte Mann eines weiteren sarkastischen Kommentars nicht enthalten, bevor er, gefolgt von Mrs. Peyton und Lillian Bowman, in Annabelles Zimmer verschwand.
    Simon sah Westcliff kopfschüttelnd an. „Übellauniger alter Bastard“, schimpfte er. „Konntest du keinen noch älteren Tattergreis finden, Westcliff? Ich zweifle, ob er überhaupt noch genug sehen und hören kann, um seine idiotische Diagnose zu stellen.“
    Amüsiert zog der Earl eine dunkle Braue hoch. Nachsichtig sah er den Freund an. „Er ist der beste Arzt in Hampshire. Komm mit nach unten, Hunt. Wir trinken einen Brandy.“
    Simon blickte auf die verschlossene Tür. „Später.“
    „Oh, ich bitte um Vergebung.“ Westcliffs Ton war betont süffisant. „Natürlich musst du hier vor der Tür warten, wie ein räudiger Hund, der auf ein paar Küchenabfälle hofft. Wenn du mich suchen solltest, du findest mich in meinem Arbeitszimmer. Sei ein lieber Junge und gib mir sofort Bescheid, wenn du Neuigkeiten hast.“
    Simon maß den Freund mit einem kalten, fast vernichtenden Blick. „Gut, ich komme mit“, lenkte er dann zwar ein, man sah ihm aber an, dass er böse war.
    Der Earl nickt zufrieden. „Der Arzt wird mir Bericht erstatten, sobald er Miss Peyton untersucht hat.“
    Während Simon missmutig mit Westcliff zur Haupttreppe ging, dachte er über sein eigenes Verhalten in den letzten Minuten nach. Es war für ihn eine ganz neue Erfahrung, dass er sich von Emotionen und nicht von seinem Intellekt hatte leiten lassen. Eine Erfahrung, die ihm ganz und gar nicht gefiel. Als er bemerkt hatte, dass Annabelle krank war, hatte sich seine Brust schmerzlich zusammengezogen. Er hatte gar nicht darüber nachgedacht, ob er ihr helfen sollte, nichts lag ihm mehr am Herzen als ihr Wohlbefinden. Und als Annabelle dann nach Atem gerungen hatte und ihn die blauen Augen so voller Schmerz und Furcht angestarrt hatten, da hätte er alles für sie getan. Wirklich alles.
    Gott möge ihm helfen, wenn Annabelle jemals erführe, welche Macht sie über ihn besaß, eine gefährliche Macht für seinen Stolz und seine Selbstsicherheit. Er wollte sie besitzen, mit Leib und Seele. Seine Leidenschaft schockierte ihn selbst. Und er glaubte nicht, dass einer seiner Freunde, schon gar nicht Westcliff, ihn verstehen würde. Westcliff hatte seine eigenen Gefühle und Begierden immer unter Kontrolle, ja er zeigte sogar Verachtung für die, die sich um der Liebe willen zum Narren machten.
    Liebe war das nicht, was er fühlte, nein, so weit wollte Hunt nicht gehen. Aber es war auch weitaus mehr als simple Begierde. Er wollte sie einfach besitzen.
    Äußerlich hatte Hunt sich in der Gewalt und ließ sich nichts anmerken, während er Westcliff in dessen Arbeitszimmer folgte. Der kleine, asketisch eingerichtete Raum mit polierter

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