Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
Land.
Er vermutete, dass Vorbereitungen dafür getroffen wurden, dass jemand an Bord kam – möglicherweise Rachid. Der Gedanke, seinem Feind ins Auge zu blicken, gab Lorenzo seine alten Kräfte zurück. Er stand nun rasch auf, schlang ein Bein über die Reling des Schiffes und suchte mit dem Fuß Halt. Er wollte gerade sein anderes Bein nachziehen, als Alarm geschlagen wurde. Jemand hatte ihn gesehen, und ein Warnruf erschallte. Jetzt oder nie!
Er hielt einen Moment inne, bevor er ins Meer tauchte. Aber während er noch zögerte, hörte er ein Geräusch direkt hinter sich, und dann ertönte ein Schuss. Die Kugel bohrte sich in seine Schulter – und er fiel mit dem Gesicht nach unten ins Meer.
11. KAPITEL
Kathryn ging gerade im Garten spazieren, als Michael ein weiteres Mal in der Villa erschien. Sie sah, wie er mit ihrem Vater und Lord Mountfitchet sprach, und trat schnell ins Haus, um zu fragen, ob er etwas Neues in Erfahrung gebracht hätte.
„Habt Ihr ihn gefunden?“
„Nein, Kathryn“, erwiderte Michael. Mit seinem Blick bat er um Verzeihung, denn er wusste, dass seine Worte sie schmerzen mussten. „Vergebt mir. Zwar stellte ich Kontakt zu einem von Rachids Männern her, aber er behauptete, nichts von einem Angriff auf Lorenzos Galeere oder von einem Gefangenen zu wissen.“
„Aber es ist jetzt sechs Wochen her“, rief Kathryn. „Es muss doch inzwischen irgendeine Nachricht geben? Wenn er nach Algier gebracht wurde …“
„Meine Männer und ich besuchten die Sklavenmärkte“, erzählte Michael. „Alle leugneten, ihn gesehen zu haben.“
„Jemand muss ihn doch beobachtet haben … sollte er am Leben sein.“ Kathryn unterdrückte ein Schluchzen. Sie versuchte mit aller Kraft, sich an den Gedanken zu klammern, dass er noch lebte, aber es fiel sehr schwer.
„Gebt die Hoffnung noch nicht auf“, beschwichtigte Michael sie. „Ich habe einen Boten zu Rachid geschickt, und wenn es eine Antwort gibt, wird man sie Lorenzos Vater hier überbringen. Ich selbst werde nach Granada segeln, um dort mit Lorenzos Freund Ali Khayr zu sprechen. Möglicherweise hat er irgendetwas gehört – oder vielleicht hat er Leute, die mehr herausfinden können.“
„Aber wir haben nur das Wort eines einzigen Mannes dafür, dass er von Rachids Leuten gefangen genommen wurde“, gab Kathryn zu bedenken. „Angenommen, es war ein anderer Pirat – oder …“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde nicht daran glauben, dass er tot ist. Ich bin mir sicher, er lebt.“
„Du hast mir immer wieder Hoffnung gegeben, wenn ich sie schon verloren hatte“, sagte Charles Mountfitchet mit glänzenden Augen. „Und jetzt werde ich dir sagen, dass du nicht aufgeben darfst, Kathryn. Lorenzo ist kein grüner Junge mehr. Er ist ein starker, einfallsreicher Mann, der bereits viel Leid erduldet hat, und ich glaube, er wird auch dieses Mal einen Weg finden, um zu überleben – ganz egal wer ihn gefangen genommen hat.“
„Ich wünsche mir wirklich, dass du recht hast, Onkel Charles“, antwortete sie und schluckte ein Schluchzen herunter. „Ich bete, dass er lebt und wir ihn bald wieder hier bei uns haben werden.“
Sir John beobachtete sie mit sorgenvoller Miene. Er spürte ihre Qualen, als wären sie seine eigenen. In letzter Zeit hatte er häufiger Schmerzen in seiner Brust verspürt, und er wusste, dass seine Zeit nur noch knapp bemessen war. Er musste nach England zurückkehren, denn er hatte dort einiges zu erledigen. Aber er konnte nicht gehen, solange Kathryn so betrübt war.
Lorenzo öffnete die Augen. Die Frau, die sich über ihn beugte, hatte sanfte Hände und eine freundliche Stimme. Sie hatte ihn jetzt schon seit geraumer Zeit gepflegt, obwohl er nicht genau wusste, wie lange – zu hoch war sein Fieber gewesen.
„Seid Ihr wach?“, fragte die Frau in ihrer Muttersprache und lächelte ihn an. „Allah sei Dank. Wir glaubten alle, Ihr würdet sterben. Ihr wart so gut wie tot, als mein Gemahl Euch aus dem Meer zog.“
„Wo bin ich?“ Lorenzo verstand sie, denn er hatte diese Sprache gezwungenermaßen einst gelernt. Er runzelte die Stirn und versuchte sich daran zu erinnern, was ihm zugestoßen war – aber seine Gedanken waren wirr. Er fühlte sich zu schwach, um sich zu konzentrieren, dennoch schluckte er gehorsam, als die Frau ihm einen Becher an die Lippen hielt.
„Mein Name ist Salome“, erzählte sie ihm. „Mein Gemahl ist Fischer – wir sind arme Leute, Herr. Als mein Mann Euch fand, wart Ihr
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