Geheimnisvoll Vertrauter Fremder - Historical Bd 274
genommen, als der Anführer der Gruppe sein Pferd zügelte und ihn anbrüllte: „Du da – Hund! Hast du gesehen, ob hier jemand entlanggekommen ist? Ein Mann, der nicht zu unserem Volk gehört?“
„Niemanden habe ich hier wahrgenommen, Herr“. Lorenzo hielt den Kopf demütig gesenkt. Er war dankbar für sein schäbiges Gewand, dessen Kapuze sein Haar bedeckte. Mit etwas Glück würden sie weiterreiten, weil sie ihn für einen armen Fischer hielten.
„Wie lange bist du schon auf dieser Straße unterwegs?“
„Den ganzen Tag, Herr.“
Der Mann blickte zu seinen Gefährten, die ihre Pferde zum Stehen gebracht hatten. Unter ihnen brach ein Streit los. Manche plädierten dafür, in das Dorf zurückzukehren, andere wollten die Suche fortsetzen.
„Die alte Frau hat uns getäuscht“, konstatierte einer der Reiter. „Wir sollten sie noch einmal aufsuchen und sie davon überzeugen, uns die Wahrheit zu sagen. Vielleicht redet der Fischer, wenn wir ihr die verlogene Zunge spalten. Du konntest seinen Willen mit deinen Schlägen nicht brechen – aber vielleicht ist es etwas anderes, wenn du deine Aufmerksamkeit seiner Frau zuwendest.“
Lorenzo hörte erschüttert zu. Er konnte nicht zulassen, dass diese Ungeheuer Salome und ihren Gemahl folterten. Sein Ehrgefühl erlaubte ihm nicht zu fliehen, während andere an seiner Statt litten. Er warf seine Kapuze zurück und blickte zu dem Anführer hinauf.
„Ich bin Lorenzo Santorini“, gestand er. „Ich bin der, den Ihr sucht.“
Einen Augenblick lang starrte ihn der Mann mit ungläubigem Staunen an, dann begannen die Augen in seinem Schurkengesicht zu glänzen.
„Wir sind seit vielen Wochen hinter dir her“, sagte er und grinste. „Rachid hat demjenigen, der dich findet, viel Gold versprochen.“
„Dann seid Ihr jetzt ein reicher Mann“, erwiderte Lorenzo kalt. „Verschwendet Eure Zeit nicht mit den beiden Alten. Ich habe Freunde, die nach mir suchen. Sie sind nur wenige Meilen von uns entfernt.“
Bestürzung war in den Augen des Mannes zu sehen. Er wandte sich seinen Begleitern zu, von denen einige bereits abgestiegen waren und Lorenzo misstrauisch beäugten. Sie erwarteten offensichtlich, dass er sich wehrte, aber er stand reglos da und ließ sich von ihnen festnehmen. Ihre Gier nach Rachids Gold würde Salome und ihrem Gemahl weiteres Leid ersparen.
Lorenzo streckte seine Handgelenke aus, damit sie ihn fesseln konnten. Er erwartete, dass man ihn wie bei einem römischen Triumphzug hinten an die Pferde binden würde – und war überrascht, als man ihm ein Reittier gab. Der Anführer nahm die Zügel des Pferdes an sich, aber Lorenzo wurde weder beleidigt noch misshandelt.
„Rachid will dich lebend“, teilte der Mann Lorenzo mit. „Du tust gut daran, dich nicht zu wehren, denn es ist nicht mein Wunsch, dir Schaden zuzufügen.“
Lorenzo neigte den Kopf, sagte jedoch nichts mehr. Sein Stolz würde ihm Kraft geben. Die meisten Männer zerbrachen unter der Folter. Alles, worauf er noch hoffen konnte, war ein schneller Tod.
„Lebe wohl, Kathryn“, murmelte er leise. „Vergib mir, meine Liebste. Ich wäre gern zu dir zurückgekehrt, aber der Preis war zu hoch.“
Kathryn blickte aufs Meer hinaus, als die Felsküste ihrer Heimat in Sichtweite kam. Bald würden sie zu Hause sein, und doch wollte ihr das Herz brechen. Sie hatte sich eingestehen müssen, dass Lorenzo tot war, denn hätte er gelebt, hätte er irgendeinen Weg gefunden, in den vergangenen Wochen Kontakt zu seinen Freunden aufzunehmen.
Charles war in Rom geblieben. Er hatte sich geweigert, die Hoffnung, dass man Lorenzo wiederfinden würde, aufzugeben, und Michael hatte versprochen, die Suche fortzuführen. Aber sie wusste, dass keiner der beiden Männer noch wahrhaft daran glaubte, eine Spur von ihm zu entdecken. Seit seiner Gefangennahme hatte es keinen einzigen Hinweis von ihm gegeben.
„Lorenzo, mein Liebster …“ Kathryn blinzelte die Tränen weg, als ihr Vater zu ihr auf Deck trat und auf das Land und das Wasser blickte, das gegen die Küste schäumte. Die Tiefen konnten hier so heimtückisch sein, dass schon mancher Matrose an diesen Gestaden sein Leben gelassen hatte.
„Wir werden bald in unserem Heim sein, mein Kind“, sagte er und bemerkte ihr blasses Gesicht und ihre traurigen Augen, unter denen violette Schatten lagen. Sie war noch immer schön, aber die frühere Unbekümmertheit war aus ihrem Gesicht verschwunden. „Vielleicht fühlst du dich dann besser.“
„Ich
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