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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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Duft, der ihm anhing.
    »Ob du auch nicken kannst, habe ich gefragt!«, wollte er erneut wissen, legte eine Hand auf ihren Kopf und bewegte ihn auf und ab.
    Grace war so verängstigt, dass sie gegen ihren Willen nickte.
    »Ah!«, ergötzte sich Mr   Unwin. »Sie kann also nicken!«
    Er drehte sich um und nahm wieder seine erhabene Position auf der Treppe ein. »Ihr seht, man muss immer aufmerksam sein, was der Kunde sagt! Egal ob ihr euren ersten Kunden bedient oder den achtzigsten, seid wach und seid mit eurer Aufmerksamkeit dabei! Ihr dürft euch keine Gelegenheit entgehen lassen, etwas zu verkaufen.«
    Grace blickte zu ihm hinauf und bemühte sich, die Mischung aus Furcht und Abscheu, die sie ihm gegenüber verspürte, zu verbergen. Dieser Geruch, dieser beißende süßliche Geruch   … Wo war ihr der nur schon mal begegnet?
    Und dann fiel es ihr ein: bei der Beerdigung von Cedric Welland-Scorpes, als jener Mann an ihr vorbeiging, der als Letzter die Kirche betreten hatte. Und vielleicht auch schon vorher einmal, obwohl sie nicht hätte sagen können, wo genau.
    Ihr blieb auch keine Zeit, noch länger darüber nachzugrübeln, denn die Unwin-Angestellten wurden nun eingeteilt. Grace wurde einer jungen Frauzugeteilt, deren Namensschild sie als Miss Violet auswies. Sie war einige Jahre älter als Grace und selbst auf ihre Weise hübsch genug, um sich nicht an Graces Schönheit zu stören. Miss Violet war eine von insgesamt fünf Empfangsdamen, denen die Aufgabe zukam, die Kundinnen zu begrüßen, ihre Wünsche entgegenzunehmen und, bereits wenn sie das Geschäft betraten, einzuschätzen, welchen Rang und Status sie hatten. Mr   Unwin wünschte nämlich, dass Kunden, die ganz oben auf der sozialen Leiter standen, von Angestellten bedient würden, die in der Hierarchie des Kaufhauses ähnlich weit oben angesiedelt waren.
    Grace war noch nie zuvor einer jungen Frau wie Miss Violet begegnet: Sie war klug und gebildet, trug das dichte, lockige Haar kurz geschnitten (und hatte glänzend rote Lippen, die wohl nicht nur natürlichen Ursprungs waren). Sie gehörte zu einem neuen Schlag von weiblichen Büro- und Ladenangestellten, die sich nicht damit begnügten, zu Hause zu sitzen und auf einen Mann zu warten, der um ihre Hand anhielt, sondern die selbst in die Welt hinauswollten und eine berufliche Karriere verfolgten. Grace fand sie auf Anhieb sympathisch.
    »Deine Aufgabe ist ganz leicht«, erklärte Miss Violet ihr, »du brauchst nur die Kundinnen dorthin zu begleiten, wo ich es dir sage. Das kann eine Abteilung sein oder auch ein bestimmter Verkäufer oder eine Verkäuferin aus einer Abteilung. Hin und wieder könnte es auch sein, dass ich dich bitte, einen sehr bedeutendenKunden zu Mr   Unwin persönlich zu führen.«
    Grace nickte, konnte jedoch nicht verhindern, dass ihr bei der bloßen Nennung des verhassten Namens ein Ausdruck von Furcht über das Gesicht huschte.
    Miss Violet tätschelte ihr die Schulter. »Lass dich nicht von ihm aus der Ruhe bringen«, sagte sie. »Sly ist ein grober Kerl, der sich jeden Tag irgendjemanden zum Schikanieren aussucht – manchmal auch mehrere, wenn er besonders grässlich ist.«
    »Er heißt Sly?«
    »Sylvester eigentlich, aber Sly ist sein Spitzname, und das passt auch, weil er nämlich ein hinterlistiger Schlawiner ist«, bemerkte Miss Violet schmunzelnd. »Aber jetzt führe ich dich im Geschäft herum und zeige dir, wo die einzelnen Abteilungen sind.«
    Grace war beinahe überwältigt von der schieren Menge an Waren in dem Kaufhaus. Miss Violet führte sie vorbei an Röcken und Oberteilen, Miedern und Mänteln, Boas und Hüten, Schals und Stolen, Schürzen, Schuhen und Regenschirmen, und ihr schwirrte schon der Kopf, bevor sie überhaupt die Männerabteilung erreicht hatten.
    »So viele Kleider, und alles in Schwarz!«, rief sie aus und fand es richtiggehend erleichternd, als sie die Abteilung für Halbtrauer erreichten, in der Grau, Violett und zartes Lila dominierten.
    »Wir haben so viel Ware vorrätig, weil Mr   Unwin es nicht duldet, dass uns ein Geschäft durch die Lappengeht«, erklärte Miss Violet. »Ich bin überzeugt, dass es ihm jedes Mal einen Stich gibt, wenn jemand unser Geschäft verlässt, ohne seine Geldbörse geöffnet zu haben.« Neben einer größeren Nische, die mit Vorhängen diskret abgeteilt war, blieb sie kurz stehen. »Eine neue Abteilung«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Trauerunterwäsche.«
    »Unterwäsche!«, wiederholte Grace

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