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Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition)

Titel: Geheimnisvolles Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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die Verkaufsräume im Vorderhaus mit den Werkräumen im hinteren Teil des Gebäudes verband.
    »Eine gute Fälschung?«, hörte sie George Unwin fragen.
    »Vom Feinsten. Diese Leute haben sich ihre Sporen mit dem Fälschen von Banknoten verdient!«, antwortete sein Cousin.
    Man hörte, wie ein Umschlag geöffnet wurde, und Grace stellte sich mit klopfendem Herzen vor, wie das Dokument herausgezogen wurde.
    »Für mich sieht es bestens aus«, hörte sie George Unwin nach einer kurzen Pause sagen.
    »Aber wie es tatsächlich aussehen sollte, da kann man nur raten!«, warf seine Frau ein.
    Es folgte eine Stille, in der, so vermutete Grace, alle die Urkunde durchlasen.
    »Wann bringst du sie hin?«, fragte der Cousin.
    »Nach Geschäftsschluss heute Abend«, gab George Unwin zurück.
    Mrs   Unwin stieß ein entzücktes Kichern aus. »Aber, wisst ihr, sie sollte nicht ganz so neu aussehen«, sagte sie. »Immerhin soll sie doch einige Jahre alt sein. Verknittere sie ein wenig. Reib ein bisschen Ruß aus dem Feuer drauf.«
    »Weise Worte!«, stellte George Unwin gut aufgelegt fest. »Da hast du’s mal wieder. Die Frauen denken eben an alles.«
    Es folgte eine weitere kurze Stille, als ob das Dokument wieder in den Umschlag gesteckt würde, dann schlug George Unwin einen Umtrunk im privaten Wohnzimmer der Unwins vor. Mrs   Unwin sagte, das werde sie den Männern überlassen – sie müsse ihre Arbeiterinnen überwachen   –, woraufhin Grace blitzschnell den Korridor hinunterhuschte und um die Ecke verschwand.
    Sie ging geradewegs zu dem kleinen Nähzimmer,hängte ihren Hut und Umhang auf und nahm ihre Stickerei zur Hand. Es war vielleicht ganz gut, dass vier der Unwin-Angestellten noch im Kaufhaus in der Oxford Street arbeiteten, denn so war die einzige weitere Person im Zimmer Jane, die geduldig Initialen auf ein Sargkissen stickte und nicht einmal aufblickte, als Grace zurückkam.
    Grace saß eine Weile still mit ihrer Stickerei in der Hand da und überlegte. Was sollte sie jetzt tun? Konnte sie James informieren? Aber wie? Und wenn es gelänge, was würde er ihr auftragen?
    Und dann kam ihr schlagartig die Antwort, die sie am meisten fürchtete: Er würde ihr auftragen, die Urkunde zu stehlen!
    Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf. Nein, so etwas würde sie nicht wagen!
    Aber wenn sie es nicht täte, meldete sich eine andere Stimme in ihr, wollte sie dann vielleicht tatenlos zusehen, wie jemand anderes das Vermögen stahl, das ihr eigener Vater erwirtschaftet hatte? Wollte sie tatenlos zusehen, wie Charlotte Unwin Lilys Identität annahm – und ihre Schwester womöglich nie wiedersehen? Wollte sie hinnehmen, dass die Unwins sich ungestraft auf ihre Kosten bereicherten?
    Nein! Nichts davon! Aber genau das würde geschehen, wenn sie nichts unternahm. Sie musste es wenigstens versuchen, selbst wenn der Versuch fehlschlagen sollte   …
    Einmal zu diesem Entschluss gekommen, war ihrschnell klar, dass sie sofort handeln musste, da sie sonst erneut den Mut verlieren würde. So legte sie ihre Stickerei ab, vergewisserte sich mit einem Blick auf Jane, dass diese nicht einmal ihre Rückkehr wirklich registriert hatte, und verließ erneut das Zimmer. Sie ging den Korridor entlang, lauschte kurz an der Tür zum roten Salon, um sicher zu sein, dass sich niemand darin befand, und huschte hinein.
    Oh
,
ganz ruhig
, sagte sie sich und atmete tief aus: Der braune Umschlag lag immer noch auf dem Schreibtisch. Mit acht raschen Schritten war sie dort, zog das dicke weiße Papier heraus und las die oberste Zeile:
Adoptionsbestätigung der Grafschaft Middlesex.
Weiter unten war in Tinte Lilys Name eingefügt sowie die Namen Letitia und Reginald Parkes als Lilys leibliche Eltern.
    Es war also tatsächlich so, wie sie es vermutet hatten! Oh, diese hinterhältigen Unwins!
    Sie verschwendete keine weitere Zeit damit, noch mehr zu lesen, sondern faltete die Urkunde zusammen (den leeren Umschlag ließ sie geistesgegenwärtig in seiner vorherigen Position auf dem Schreibtisch liegen) und steckte sie unter ihr Mieder. Eben wandte sie sich wieder zur Tür – als sie mit blankem Entsetzen die Stimme von Sylvester Unwin vernahm, wie er Rose anwies, eine Karaffe mit Portwein in den roten Salon zu bringen. Zu Graces Unglück hatte Sylvester Unwin beschlossen, hierher zurückzukehren, wo das größere Feuer im Kamin loderte.
    Als sie die verhasste Stimme vor der Tür hörte, erstarrte Grace, doch dann sah sie, dass es nur einen Ort gab, wo sie

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