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Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Geheimnummer. Kein Sex nach Plan

Titel: Geheimnummer. Kein Sex nach Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Leipert
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euch ernst wird«, erinnerte Tina mich an die dämlichste Idee, die ich jemals gehabt hatte.
    »Ich habe aber nicht von Neue-Freundin-Erfahrungen gesprochen, und außerdem ist das hier ja wohl inzwischen verdammt ernst, oder?« Ich deutete auf meinen Bauch.
    Darauf wusste Tina auch nichts mehr zu erwidern.
    »Kennst du sie?«
    »Eigentlich nicht. Ich weiß nur, sie ist Politikstudentin, ihre Eltern sind viel gereist, war mit Mona früher mal im Turnverein«, gähnte Tina ihren viel zu lückenhaften Steckbrief von Tims neuer Freundin.
    Ich starrte stumm an die Decke. Wie sie wohl aussah? Groß, schlank und sportlich wie Mona? Oder war sie eine würdige Nachfolgerin und schlug eher in meine weniger modelhafte Richtung? War sie witzig, schlagfertig und lenkte Tim vielleicht mit Geschichten über ihre aufregende Kindheit als Diplomatentochter und ihre Jugendweltmeisterschaft im Geräteturnen von mir ab? Oder war sie eher ein ruhiger, schüchterner Typ, so wie er?
    Aygün unterbrach unser gemeinsames Schweigen kurz und brachte ein Tablett mit Tee herein. Ich wunderte mich immer noch, wie sich dieser zurückhaltende Mann in einen heißblütigen Liebhaber im Schnee verwandeln konnte. Aber jeder hatte offenbar seine dunklen Seiten. Er schenkte uns Tee ein und verschwand wieder. Tina und ich schlürften gemeinsam vor uns hin.
    »Meinst du, es ist was Ernstes?«, fragte ich und rührte ununterbrochen im Teebecher, obwohl ich nicht einmal Zucker hineingetan hatte.
    Tinas Antwort ließ lange auf sich warten, war dafür aber erbarmungslos ehrlich: »Ist Tim überhaupt zu einer Beziehung in der Lage, die nicht ernst ist?«
    Ihr Satz schwebte eine Weile im Raum und senkte sich dann wie eine eiskalte Hülle auf mich herab. Ich bekam eine Gänsehaut und starrte noch intensiver in den Strudel, den mein Teelöffel im Becher hinterließ.
    »Ich liebe ihn«, sagte ich plötzlich, als hätte ich es gerade erst gemerkt.
    Tina legte ihre Hand tröstend auf meinen Arm: »Ich weiß.«
    »Aber es ist eben vorbei.« Ich versuchte, mich selbst davon zu überzeugen, indem ich es laut und deutlich aussprach.
    »Jetzt warte doch erst mal ab.«
    »Bis aus ihr auch eine Lesbe wird oder was?«
    Tina zuckte mit den Schultern. Abwarten gehörte normalerweise nicht zu ihrem Repertoire an guten Ratschlägen, und es zeigte nur, dass sie inzwischen selbst mit ihrem Latein am Ende war. Ich bedankte mich für den Tee und ging.

Da war noch was
    Trotzdem wartete ich ab. Weil mir sowieso nichts anderes übrigblieb. Ich musste warten, dass Tim sich bei mir meldete, weil ich nicht wie eine anhängliche Exfreundin dastehen wollte. Und wenn er sich meldete, sagte ich unsere Verabredungen aus demselben Grund ab. Alles andere hätte irgendwann dazu geführt, dass ich ihn über die Neue ausgefragt hätte. Und das wollte ich uns nicht antun.
    Ich musste bei der Arbeit warten, bis die Schonzeit wieder vorbei war und Udo mich nicht mehr für geregelte Achtstundentage in der Redaktion einsperrte. Ich musste warten, bis Daniel seinen Stolz endlich überwand und mich zurückrief, nachdem ich ihm dreimal vergeblich auf die Mailbox gequatscht hatte. Und ich musste warten, bis das Baby endlich da war, weil mein Bauch weder zu neuen Bekanntschaften noch zu ablenkenden One-Night-Stands einlud.
    Schwanger sein hieß nichts weiter als warten. Tag für Tag quälte ich mich näher an den Termin heran, der mein Leben endlich verändern würde. Und bekam gleichzeitig immer größere Bedenken, ob ich der Aufgabe überhaupt gewachsen war. Wie sollte ich Kind und Job bloß unter einen Hut bringen? Wie es erziehen, wenn meine eigene Erziehung schon so fehlgeschlagen war? Wie passte es bloß in meine Wohnung – und in mein Leben? Damals hatte ich es mir noch so schön vorgestellt. Tim, das Baby und ich, eine kleine glückliche Familie. Zusammen hätten wir das Kind schon geschaukelt. Und jetzt blieb alles an mir hängen. Allein.
    Aber ich wartete geduldig, auf das Baby, bessere Zeiten und insgeheim auch auf Tim. Und zum Dank dafür stellte er mir seine neue Freundin vor. Ausgerechnet bei der Hochzeit meiner Mutter, als mein Nervenkostüm ohnehin schon zum Zerreißen gespannt war.
    Es war einer dieser Tage, an denen man sich schon beim Aufstehen nichts sehnlicher als den Abend herbeiwünscht und die Stunden dazwischen am liebsten im Wachkoma verbracht hätte. Wenigstens hatte meine Mutter bei Chris durchgesetzt, auf eine kirchliche Hochzeit zu verzichten, dafür war sie viel zu lange und

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