Geheimorder Riesenauge
sonst gewöhnt war, den Ablauf der Ereignisse aus eigener Machtvollkommenheit bestimmen konnte. Nanuku-Vjats Beispiel würde Schule machen, wenn ich mir nicht rasch die Oberhand verschaffte.
Da kam mir einer zu Hilfe, mit dem ich in dieser Sekunde am wenigstens gerechnet hätte. Hinter mir hörte ich plötzlich Hannibals schnarrende Stimme. So laut, daß jedermann in der Halle es hören konnte, sagte er:
»Seine Ratsbrüder kümmern diesen Schurken weniger als vieles andere. Er hält nämlich schon seit langem den Rat der Dreizehn Brutwächter für eine veraltete Institution und möchte an seine Stelle einen Alleinherrscher gesetzt sehen. Natürlich legt er Wert darauf, selbst dieser Alleinherrscher zu sein!«
Der Translator übersetzte Hannibals kurze Rede wortgetreu. Unter den Orghs, die wir in unserer Mitte eingeschlossen hielten, erhob sich dumpfes Gemurmel. Noch weitaus stärker jedoch war die Wirkung, die der Vorwurf des Kleinen auf Nanuku-Vjat selbst machte. Er erschrak, das war an dem matten Glanz seines Auges zu erkennen. Unwillkürlich wich er um zwei Schritte zurück und starrte Hannibal entsetzt an.
»Wie kannst du …?« würgte er hervor. »Woher weißt du …?«
Da begriff ich die Absicht des Kleinen. In dieser verfahrenen Lage setzte er unsere Geheimwaffe, von deren Existenz die Orghs nichts ahnen sollten, die Telepathie, ein, um den Angreifer unsicher zu machen. Das war die einzige Taktik, die in dieser Lage noch Aussicht auf Erfolg hatte.
»Wicht!« fuhr ich den Vierten Brutwächter an. »Vor Tumadschin Khan und seinen Helfern liegen deine Gedanken wie ein offenes Buch. Ich weiß, daß du gekommen bist, nicht um mir entgegenzutreten, sondern um den Rat der Brutwächter zu beseitigen. Deine Roboter haben Befehl, auf alles zu feuern, was sich bewegt. Die einzige Ausnahme bin ich. Ich soll übrigbleiben; denn mit dem mächtigen Tumadschin Khan will Nanuku-Vjat ein Bündnis schließen, das ihm den Rücken deckt und ihm dazu verhilft, Alleinherrscher über das Sternenreich der Orghs zu werden!«
Es hatte nur weniger Sekunden bedurft, um diesen Plan in seinem Bewußtsein zu lesen. Seine Absicht so plötzlich durchschaut und öffentlich ausgebreitet zu sehen, raubte ihm den letzten Rest seiner Fassung. Er taumelte und stieß unverständliche, lallende Laute hervor. Seine lederartige Haut hatte eine tote, graue Färbung angenommen, und das riesige Auge schien aus der Höhlung quellen zu wollen. Ich aber entdeckte etwas, das mein Herz höher schlagen ließ: durch eine der geborstenen Türen lugte vorsichtig Framus G. Allisons sommersprossiges Gesicht in die Halle.
Ich wandte mich an die Gefangenen. Es mußte alles getan werden, um nicht nur Nanuku-Vjats Aufmerksamkeit, sondern auch die der übrigen Orghs von Allison abzulenken. Ich glaubte, den Plan des Australiers zu kennen. Die eiförmigen Roboter standen unter Nanuku-Vjats Befehl. Die Verbindung zwischen dem Vierten Brutwächter und seinen Kampfmaschinen erfolgte durch Suggestivkommandos – jene Impulse, die ich vorhin so deutlich empfangen hatte, ohne sie zu verstehen. War Nanuku-Vjat unschädlich gemacht, bedeuteten auch die Roboter keine Gefahr mehr. So wenigstens vermutete ich, und so schien auch Allison zu denken.
»Hört, ihr Orghs!« donnerte Tumadschin Khans Stimme. »Dieser euer Ratsbruder ist in Wirklichkeit euer Feind, nicht ich! Der Beherrscher des Zweiten Reiches wird sich mit seinem Gefolge einige Tage lang auf diesem Planeten aufhalten und sich dann wieder verabschieden und euch in Ruhe lassen. Nicht aber Nanuku-Vjat. Er trachtet euch nach dem Leben, weil er weiß, daß er sich nicht zum
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