Geheimprojekt Styx
Deshalb waren auch schon einige Helikopter auf dem Weg zu ihnen, und auf Grönland bereitete sich die Crew der Gulfstream vor, in die Schweiz zu fliegen. Für Hendricks war dies hier jetzt nur noch eine Aufräumarbeit, die er an Brauer delegieren würde. Er selbst musste sich um den Belgier Arnold Rupo kümmern. Davon abgesehen, wollte er inzwischen einfach nur noch seine Ruhe. Ausschlafen, bei Nadia sein, wieder ein wenig Frieden haben. Nach mehr als acht Jahren der ständigen Einsätze, war Hendricks des Kämpfens müde.
Während sich die drei Norweger und Brauer darum kümmerten, dass die Wissenschaftler und Wartungstechniker einige der persönlichen Dinge mitnahmen, ging Hendricks, inzwischen die Winterjacke geöffnet, den langen Hauptkorridor auf und ab.
Es bestand kein Zweifel, wer auch immer diese Anlage gebaut hatte, war technisch und finanziell sehr, sehr gut ausgestattet. Die Anlage hätte problemlos zur Zeit des Kalten Krieges eine wichtige Ausgangsbasis sein können. Niemand hätte sie vermutlich je gefunden, die drei Container an der Oberfläche waren praktisch unsichtbar für Satelliten und die Wachen würden jeden unvorsichtigen Forscher sofort töten. Es war eine fast unauffindbare Anlage.
Doch Hendricks und seine Leute hatten sie gefunden, dank der Informationen eines Söldners, der sein Gewissen reinwaschen wollte, der erkannt hatte, dass sein Leben so oder so zu Ende war.
Hendricks lehnte sich gegen einen Schrank und ließ den Gedanken freien Lauf. Im Schnellverfahren arbeitete sich sein stets rasch arbeitender Verstand durch die vergangenen Wochen und blieb an Mills hängen. Er hatte den Vornamen des Mannes nie erfahren.
Hättest du ihn retten können, fragte er sich, hättest du ihm Personenschutz geben können? Gekonnt ja, wollte ich das? Nein. Er hat versucht, mich und Nadia zu töten, er hat Dinge getan, die vermutlich viele Menschen das Leben gekostet hat. Nein, er hat es nicht anders verdient.
Und dennoch hatte Hendricks Mills, indem er ihm in den Kopf geschossen hatte, einen Gefallen getan. Denn wie Mills es formuliert hatte, er würde in den Händen des Pharmaunternehmens leiden. Lange.
Sehr lange.
Vielleicht war dies, in Kombination mit dem Umstand, dass Mills versucht hatte, ihn zu töten, der Grund, weshalb Hendricks praktisch keine Reue verspürte.
Bin ich in den Jahren verhärtet, fragte er sich und wusste die Antwort, als er sich die Frage stellte. Nicht verhärtet, gereift. Vom unbeschwerten Millionärssohn zu einem pragmatischen Mann, der die Hölle auf Erden gesehen hatte. Und dennoch war Hendricks nie zu einem eisenharten Klotz wie Boratto geworden.
Das Funkgerät riss ihn schließlich aus den Gedanken. Es war Andersen, der meldete, dass der Helikopter auf dem Weg war. Er machte kehrt, gab Brauer präzise Anweisungen, was zu tun war, und betrat dann den Lift, um wieder hinauf an die eiskalte Oberfläche zu fahren.
Sanchez saß gerade mit Resten einer Flasche Rotwein, der ein kleines Vermögen gekostet hatte, auf der Couch im Wohnzimmer, die Beine ausgestreckt, als ihr iPhone klingelte. Sie tastete auf dem Couchtisch nach dem Gerät und warf einen Blick auf die Rufnummer. Es war die von Hendricks.
„Hey, Mike“, begrüßte sie ihn mit einem weichen Tonfall und stellte das Weinglas auf den Tisch.
„Hey, Nad. Ich bin wieder auf Grönland. Die Operation in der Arktis war... hart. Aber wir haben unsere Informationen bekommen. Vermutlich mehr, als wir jemals auswerten können, aber das spielt keine Rolle. Ich reise jetzt weiter nach London und dann weiter nach Genf, um diese ganze Geschichte ein für alle Mal zu Ende zu bringen.“
Sanchez schwieg für einen kurzen Moment, unsicher, was sie jetzt erwidern sollte. Hendricks hatte vermutlich Dinge in der Arktis erlebt, die sie sich selbst lieber gar nicht erst ausmalen wollte.
Was sagt man zu einem Mann, der dem Tod ins Gesicht gelächelt, sich umgedreht hat und wieder gegangen ist? Dass ich mir Sorgen mache? Das weiß er.
„Bring' mir was mit, Mike“, sagte sie dann und wechselte so das Thema.
„Ich hätte da eventuell schon eine Idee, muss die aber noch durchdenken.“
„Na, dann bin ich ja mal gespannt.“
„Nad, wie macht sich Art?“
„Ich habe ihn mit zehntausend Dollar auf Club-Tour geschickt.“
„Dann hat er Glück.“
„Wieso das?“
„Weil ich ihn sonst nach London beordert hätte.“
„Tja, dann musst du einen anderen finden.“
„Das wird problematisch.“
„Wieso?“
Sanchez
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