Gehetzt - Thriller
erkundigen, ob Gail Lust hätte, mit ihr ins Kino zu gehen.
»Am Flughafen.«
»Gut, pass auf, es tut mir wirklich alles sehr leid, und ich verspreche dir, dass ich den Wagen zurückbringe …«
»Scheiß auf den Wagen. Wo bist du?«
»Dabei zu tun, was ich tun muss. Wie ich es dir in meiner Nachricht geschrieben habe.«
»In der Zeitung steht, dass dieser Typ sich in seiner Zelle umgebracht hat.«
»Ich weiß.«
»Das ist doch verrückt.«
»Was du nicht sagst.«
»Du könntest in Gefahr sein.«
Diane lachte.
»Bist du jetzt total durchgeknallt?« Gail senkte ihre Stimme, als ihr bewusst wurde, dass sie zu laut geredet hatte. Andere Fluggäste, die vorbeikamen, sahen sie erstaunt an.
»Überhaupt nicht«, stellte Diane klar. »Es kam mir nur irgendwie lustig vor, ich meine, was du gesagt hast. Du hast ja recht. Aber du selber machst ja auch nicht nur einen kleinen Spaziergang im Park.«
»Stimmt.«
»Ich habe mit einem alten Freund Kontakt aufgenommen. Genauer gesagt mit zweien. Ich bin hier also nicht allein.«
»Das ist ja sehr tröstlich, Di…« Gail biss sich auf die Zunge. »Warum hast du nicht angerufen?«
»Ich dachte, wir sollten uns möglichst bedeckt halten.«
»Aber du hättest mich doch wenigstens zurückrufen können.«
»Das tue ich doch gerade. Mein Gott, du klingst ja, wie
meine Mutter geklungen haben könnte, ich meine, wenn sie eine gute Mutter gewesen wäre.«
»Das fasse ich als Kompliment auf. Aber nun hör mal zu! Wir haben zu viel zusammen durchgemacht, um jetzt alles zu verpatzen. Vergiss das Ganze, um Himmels willen, und mach dich aus dem Staub!«
Es folgten Schweigen und dann ein tiefer Seufzer.
»Der Typ ist tot. So wie ich dich verstanden habe, brauchtest du ihn. Also vergiss es. Die ganze Geschichte. Ich wollte gerade ein Flugzeug besteigen. Ich könnte hier auf dich warten.«
»Wo wolltest du denn hinfliegen?«
»Nach Europa.«
»Klingt ein bisschen allgemein.«
»Das konkrete Ziel nenne ich dir, wenn du herkommst. Komm! Sofort!«
»Ha, ha!«
»Ich meine es ernst.«
»Gib mir sechsunddreißig Stunden. Wenn ich bis dahin nichts Handfestes habe, treffe ich mich mit dir. Und dann fliegen wir zusammen dem Sonnenaufgang entgegen.«
»Du bist verrückt. Du kapierst es nicht!«
»Ich kapiere es sehr wohl. Du dagegen nicht. Ich habe hier unten Freunde, die zu mir stehen. Die bereit sind, mir zu helfen. Gute, zuverlässige, aufrechte Leute. Wie dei ne Kumpels in Oklahoma City. Du weißt, was ich meine, oder?«
»Ich weiß nur, was du riskierst.«
»Ich werde keine Dummheit begehen, okay? Ich habe eine Chance, die Dinge hier geradezubiegen. Das, was man mir zugefügt hat, rückgängig zu machen und zurückzubekommen, was ich hatte. Ich muss es einfach versuchen.«
Nun war Gail diejenige, die schwieg, beeindruckt von der besonnenen Entschlossenheit, die aus Dianes Worten sprach,
aus ihrer ruhigen Stimme und dem absoluten Fehlen jedes bösen Tons in ihrer Botschaft.
»Ich halte dich auf dem Laufenden«, sagte Diane. »Und falls es auch nur im Entferntesten so aus sieht, als ob die Sache in die Hose ge hen würde, kratze ich die Kurve. Das verspreche ich dir.«
»Ich muss wissen, wie ich dich erreichen kann. Und wo du bist.«
»Du hast doch meine Handynummer.«
»Für den Fall, dass etwas schiefgeht. Dass dir etwas zustößt. Oder was auch immer.«
»Also gut. Erinnerst du dich an den Mann, der mir immer geschrieben hat, als wir Zellengenossinnen waren?«
»Klar.« Gail suchte nicht nach ei nem Stift. Sie schärf te ihren Verstand, um sich die Nummer einzuprägen.
»Es ist seine Handynummer. Wenn du mich nicht erreichen kannst und die Nerven verlierst, kannst du es bei ihm versuchen. Aber du wirst ihn nicht anrufen müssen. Ich habe alles unter Kontrolle. In ein paar Tagen ist die Sache erledigt. Bueno?«
»Ruf mich an«, entgegnete Gail. »Ich kann nicht ewig hier herumhängen.« Sie beendete die Verbindung, steckte das Telefon zurück in ihre Tasche und tat so, als würde sie sich wieder in ihre Zeitung vertiefen, während sie sich in Wahr heit immer wieder Renfros Telefonnummer aufsagte, bis sie sicher war, dass sie die Nummer in ihrem Langzeitgedächtnis gespeichert hatte.
Und dann wählte sie die Nummer.
KAPITEL 18
Es war eine Halbmondnacht und nicht so hell, wie Diane es sich gewünscht hätte, aber immerhin hell genug, um ohne Scheinwerfer ausreichend zu sehen, als sie die Schotterstraße entlangfuhr, die zu Efirds Wohnwagen führte. Sie lenkte den
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