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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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Wagen hinter den Wohnwagen, um dort zu parken, doch dann entdeckte sie am Rand der Lichtung einen schmalen Weg, der in den Wald hineinführte. Sie dirigierte ihren Wagen zwischen zwei Eichen hindurch und folgte langsam der schmalen Piste, bis sie eine Stelle mit flachem Gestrüpp fand, an der sie wenden konnte. Doch unter dem Blätterdach war es zu dunkel, um richtig sehen zu können. Sie schaltete die Scheinwerfer ein, und die Lichtkegel strahlten in den Wald hinüber zum Rand der kleinen Lichtung.
    Und dann verschlug es ihr den Atem. Da lag eine Leiche. Unter der Pinie da vorne. Sie langte langsam hinter sich nach ihrem Revolver und legte ihn auf ih ren Schoß, wäh rend sie angestrengt nach draußen starrte, sich auf das, was sie sah, zu konzentrieren versuchte und ihren Augen Zeit gab, sich an die plötzliche Helligkeit der Scheinwerfer zu gewöhnen. Sie starrte, und die Leiche, die aus gestreckt auf dem Boden lag, nahm Form an. Die Augen der Leiche waren vor Entsetzen geweitet, der Mund qualvoll verdreht. Es war wie am Lake Bolton.
    Diane schloss die Augen, schüttelte den Kopf und sah erneut hin.
    Keine Veränderung. Die Leiche war immer noch da.

    Sie schaltete den Motor aus, steckte den Schlüssel in die Tasche und stieg langsam aus, den Revolver schussbereit in der Hand.
    Im Licht der Scheinwerfer kroch ihr Schatten langgezogen und schemenhaft vor ihr über den Boden. Sie näherte sich der Leiche und machte sich auf Blut und den Anblick und den Geruch und all die Dinge gefasst, die eine Leiche in einem hervorriefen. Um sie herum, jenseits der Lichtkegel, erhob sich dunkel der Wald. Sie ging näher heran, inzwischen beinahe gebückt. Ihr Instinkt veranlasste ihren Körper, sich einzurollen wie eine zusammengedrückte Sprungfeder, um ein möglichst kleines Ziel abzugeben.
    Und dann war sie da. Sie musste lachen und trat gegen die vermeintliche Leiche.
    Ein Stück Holz brach ab. Es war ein verrottendes Stück Baumstamm, von dem ein verkümmerter, zerbrochener Ast abging, der auf den Boden gepresst lag wie ein verstümmelter Arm. Diane steckte ihre Waffe weg, stand da und wartete darauf, dass sie ihr Blut nicht mehr bis in die Ohren rauschen hörte und ihr Herz sich beruhigte, das wie wild gegen ihr Brustbein trommelte.
    Sie sah erneut nach unten. Ein Baumstamm! Von Wind und Wetter sei ner Rinde be raubt, war das Holz ver blichen und hatte die Farbe von Haut angenommen. Ein altes Loch von einem Specht und ein paar Verwachsungen formten ein Gesicht über dem zerbrochenen Ast, den sie für ei nen Arm gehalten hatte, ein Gesicht, das aussah wie das, das sie auf dem gerahmten Poster in Chris’ und Michelles Bad gesehen hatte, jenem Poster von dem schreienden Mann.
    Diane ging zurück zu ihrem Wagen, setzte sich hinein, starrte den Baum an und dachte an die Leichen in jener Nacht. Wer auch immer die jungen Menschen ermordet hatte, lief immer noch frei herum. Doch der Bezirksstaatsanwalt
konnte sicher sein, bei der im November anstehenden Wahl wiedergewählt zu werden.
    Eine Fliege kam durch das Beifahrerfenster hereingeflogen, summte wütend herum und schlug immer wieder gegen die Windschutzscheibe. Diane nahm das Protokoll vom Beifahrersitz, faltete es einmal und wartete. Selbst wenn sie versuchte, die Welt aus der One-World-One-Love-Perspektive zu sehen oder absolut urteilsfrei zu sein oder heiligen Respekt für alle Lebewesen aufzubringen oder an die Wiedergeburt in einem neuen Körper zu glauben, was sie alles nicht sehr oft tat, hatte sie für Fliegen absolut nichts übrig. Sie hasste sie. Sie hatte sie schon immer gehasst und würde es immer tun.
    Die Fliege ließ sich auf dem Armaturenbrett nieder, und Diane schlug mit al ler Kraft zu. Das Sum men verstummte. Diane öffnete die Autotür hob einen Zweig auf und wischte die Über reste der Fliege von der Rückseite des Protokolls. Auf dem Papier blieb ein Fleck Fliegenblut in der Größe eines Getreidekorns. Sheriff Lowes Zeugenaussage hatte sich ein weiteres Mal als tödlich erwiesen.
    Dann hörte sie ein weiteres Summen, heller diesmal und leichter, es wurde lauter und wieder leiser, kam näher und entfernte sich wieder, gleichmäßig und kontinuierlich, fast jammernd, wenn das Biest nah genug war, um zu stechen.
    Vergiss es. Wo es eine Mücke gab, gab es Tausende. Sie kurbelte die Fenster hoch und ließ den Motor an. Dann warf sie noch einen letzten Blick auf den Baum, versuchte, die Bilder der toten Jugendlichen aus ihrem Kopf zu verbannen, bog wieder auf

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