Gehetzt - Thriller
der im Begriff ist, Farbe auf eine Leinwand aufzutragen.
»Sheriff«, sagte Diane, »könnte ich kurz unter vier Augen mit Ihnen reden?«
»Ich bin ziemlich beschäftigt, Liebchen. Und jetzt verziehen Sie sich!«, forderte der Sheriff sie auf und wandte sich von ihr ab.
»Sheriff Lowe«, beharrte Diane und versperrte ihm den Weg zur Schlafzimmertür, »Sie können nicht einfach hier hereinplatzen und …«
»Ich folge den Anweisungen des Staatsanwalts. Und jetzt wäre ich Ihnen höchst verbunden, wenn Sie mich meine Arbeit machen lassen würden.«
»Das ist nicht in Ordnung!« Diane spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Sie würde den Kürzeren ziehen, so viel war klar. Er wollte, dass sie sich wie ein mitleiderregendes kleines Mädchen benahm, und genau das tat sie.
»Passen Sie auf, Officer Wellman, ich habe jetzt keine Zeit für diesen Schwachsinn. Ich muss mich hier um ei nen Mord kümmern.« Er versuchte, sich an ihr vorbeizudrängeln.
»Es ist nicht Ihr Fall.« Sie baute sich vor ihm auf. Lowe blieb überrascht stehen.
»Lassen Sie uns eins klarstellen. Das Opfer ist Juanita Churchpin, richtig? Der Staats anwalt möchte, dass ich den Fall übernehme. Wie es der Zufall will, gibt es nämlich eine Verbindung zu den Morden am Lake Bolton, die ich, wie Sie sich vielleicht erinnern, erfolgreich aufgeklärt habe. Vor etwa zehn Minuten hat das Sheriff’s Office die Ermittlungen in diesem Fall offiziell übernommen. Das heißt, Sie können jetzt wieder da draußen auf den Straßen Streife fahren, wo
Sie sicher gebraucht werden. Es sei denn, Sie wollen sich lieber in der Küche nützlich machen und uns eine Kanne Kaffee kochen.« Er wollte erneut an ihr vorbei, doch Diane packte ihn an der Schulter. Lowe wir belte herum und schlug ihren Arm weg.
»Ich hoffe, Sie haben Ihre Autoschlüssel dabei. Ich will nämlich nicht mitansehen, wie Sie sich einen weiteren Streifenwagen abnehmen lassen. Die Dinger sind teuer, wissen Sie?«
»Sheriff«, sagte sie. »Dies ist mein Fall. Und ich habe die Absicht, ihn zu Ende zu bringen. Sie schnappen mir nicht meinen Fall weg.«
»Soweit ich weiß, sind Sie kein De tect ive.« She riff Lowe beugte sich so nah zu ihr vor, dass sie die Blut gefäße im Weiß seiner Augen erkennen konnte. »Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Sie Superpolizistin!« Seine Worte kamen geflüstert heraus, vol ler Bosheit. »Ich war schon bei der Po lizei, als Sie noch in die Windeln geschissen haben. Von Verbrechensschauplätzen verstehe ich mehr als Sie vom Tamponwechseln, und Sie liegen absolut richtig - ich schnappe Ihnen nicht den Fall weg. Weil es nämlich mein Fall ist.«
»Damit Sie einen weiteren Unschuldigen hinter Gitter bringen können?«, schoss Diane zurück. Sie dachte, er würde auf der Stelle explodieren. Sein Gesicht lief knallrot an und blähte sich auf; er ballte die Fäuste und war bereit zuzuschlagen, falls sie es wagte, noch ein Wort zu sagen. Sie trat zurück. Erste Regel der Selbstverteidigung: Schaffe Abstand zum Angreifer. Mit den Augen gab sie ihm zu verstehen: Na los, du Arschloch, ich bin bereit.
Er verlangsamte seine Atmung. Diane fixierte seine Brust und sah, wie er seine Beherrschung zurückgewann. Dann trat er auf sie zu und beugte sich erneut zu ihr vor.
»Verpissen Sie sich!« Mit diesen Worten marschierte er an ihr vorbei ins Schlafzimmer.
Sie musste sich mit aller Kraft zwingen, sich umzudrehen und wegzugehen. Gut. Alles klar. Warte den richtigen Augenblick ab. Sie stellte sicher, dass Gib Lowe sie hören konnte, als sie ihr Funkgerät vom Gür tel nahm und an die Einsatzzentrale durchgab, dass sie den Tatort jetzt ver lasse, da das Sheriff’s Office den Fall gemäß Anweisung des Staatsanwalts übernehme.
Diane ging über den sonnenverbrannten Rasen vor dem Haus auf den Bürgersteig zu und dachte daran, wie Gib Lowe einmal damit geprahlt hatte, dass er, was die Aufklärung von Verbrechen angehe, mit übersinnlichen Fähigkeiten gesegnet sei. Aber es seien keine Zauberkräfte, sie sei gottgegeben, diese Fähigkeit, am Schauplatz eines Verbrechens durch pure Schwingungen zu erkennen, was passiert war und wie es passiert war. Und mit diesem Wissen ausgestattet, verfügte Gib Lowe als Topermittler über die nötigen Mittel zu bestimmen, wer der Übeltäter war, worin auch immer der Gesetzesverstoß bestanden hatte. Gib Lowe konnte dafür sorgen, dass die Fakten seiner Version des Tathergangs entsprachen. Darin war er ein Meister.
Feine Sache. Wirklich
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