Gehetzt - Thriller
Lewis fertig ist? Und sorgst dafür, dass gleich morgen früh eine Abschrift deines Berichts auf meinem Schreibtisch landet?«
Diane nickte. »Du gehst?«
»Du hast doch mit allen geredet, oder?«
»Der Nachbar zur Rechten ist nicht zu Hause.«
»Ich schiebe ihm beim Rausgehen meine Karte unter der Tür durch. Viel mehr kann ich hier im Moment sowieso nicht tun. Falls du deine Meinung noch änderst - wir sind so gegen halb zwölf im Chase. Weißt du, wo es ist?«
Diane nickte, und Efird kippte den Rest seines Dr Pepper herunter.
»Wie es aussieht, hast du die Lage hier ziemlich gut im
Griff.« Er hob die Hand zu ei nem angedeuteten Salut. Efird war groß, seine Schultern füllten den gesamten Türrahmen aus, als er durch die Haustür verschwand.
Diane ging den Flur zurück zur Schlafzimmertür, wartete dort und sah Lewis bei sei ner Arbeit zu. Er bewegte sich vorsichtig um die Leiche he rum und stäubte die Fenster, die Tür und die Schubladengriffe der Frisierkommode ein. Dann sammelte er ak ribisch die Brie fe ein und steckte jeden einzelnen separat in eine Plastiktüte zur Si cherung von Beweisstücken. Diane überlegte kurz, ob sie den dienst habenden Captain informieren und ihn fragen sollte, ob er ei nen anderen Detective zum Tatort schicken wolle, aber das würde vermutlich nur Ärger heraufbeschwören. Efird hätte dableiben sollen. Andererseits war sie auch stolz, dass er ihr das Feld überlassen hatte. Vielleicht hatte er solche Szenen aber auch schon so oft gesehen, dass er keine Lust gehabt hatte herumzuhängen, bis alle Tüten verschlossen und versiegelt waren, weil er wusste, dass es im Moment wirklich nichts weiter für ihn zu tun gab. Es gab kei ne Hinweise. Ein schwarzer Kleinwagen. Er hatte recht. Wo sollte man da anfangen?
Für einen Augenblick hatte er richtig traurig ausgesehen. Das hatte Diane überrascht. Viele ihrer Kollegen hielten Efird für verbraucht, für einen hoffnungslosen Fall. Seit seine Freundin sich an einem Abend im vergangenen Dezember in seinem Badezimmer eingesperrt und sich mit seinem 357er Revolver das Hirn weggepustet hatte, hatte Efird sich auf die Mission begeben, seinen Kummer langsam, aber stetig im Suff zu ertränken. Viele Typen wären längst zugrunde gegangen, aber Efirds Trinkfestigkeit und seine Fähigkeit, selbst extrem verkatert seine Arbeit verrichten zu können, hatten ihm im ganzen Präsidium einen legendären Ruf eingebracht. Doch er schien noch zu retten zu sein. Diane war ein paar Mal drauf und dran gewesen, etwas zu ihm zu sagen, ihm ihre Hilfe anzubieten,
doch sie wusste nicht recht, wie sie das Thema ansprechen sollte. Außerdem erstickten die Erinnerungen an die Alkoholabhängigkeit ihrer Mutter bei ihr in dieser Hinsicht jede Art von Zuversicht im Keim.
Lewis wurde gerade fertig, als Diane im Wohnzimmer Schritte hörte. Sie eilte hin, um wen auch immer abzufangen, kam jedoch nur bis zum Ende des Flurs, wo Sheriff Gib Lowe um die Ecke bog und mit einem brüsken »Entschuldigen Sie, Schätzchen« an ihr vorbeistürmte. Sie wirbelte herum und lief hinter ihm her.
»Sheriff? Warten Sie, Sheriff Lowe! Der Spurenermittler ist da drinnen.«
Lowe drehte sich um, erkannte Diane und grinste sie breit an.
»Ist das Ihre Karre da draußen?«, fragte er. »Hat man Ihren geklauten Streifenwagen wiedergefunden, oder hat man ihn abgeschrieben und Ihnen einen neuen gegeben?« Er redete extra laut, als wollte er in ei nem überfüllten Raum ohne ein Mikrofon sprechen. Das tiefe, herzhafte Gelächter des Sheriffs und Lewis’ erfüllte das Haus. Diane kam sich vor, als wäre sie nur etwa acht Zentimeter groß, ließ sich aber nichts anmerken.
»Sheriff«, sagte sie, »dies ist kein Fall für die Bezirkspolizei. Dennoch vielen Dank für Ihr Interesse.«
»Im Gegensatz zum letzten Mal, nicht wahr, Schätzchen? Am besten erkundigen Sie sich wegen dieser Geschichte hier mal beim Bezirksstaatsanwalt. Ich habe nämlich vor ein paar Minuten mit ihm te lefoniert, und er hat mich persönlich angewiesen, diesen Fall zu übernehmen.« Lowe hatte diesen gewissen Blick, diesen Machoblick, der die Evolution seit der Zeit der Höh lenmenschen bis zum heutigen Tag überdauert hatte und Diane zu verstehen gab: Geh nach Hause, Kleine, und spiel Papa-Mama-Kind.
Die Rettungssanitäter hatten aufgehört zu schwatzen und beobachteten sie über den Flur hinweg. Lewis stand in der Schlafzimmertür und starrte sie unverhohlen an, den Fingerabdruckpinsel in der Hand wie ein Maler,
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