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Gehetzt

Titel: Gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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vorsichtig an der entgegengesetzten Seite der Brücke den Kopf aus den Büschen steckte, sah er auf der sonnenbeschienenen Böschung den langen Schatten des Postens oben. Der puddingförmige Helm war grotesk in die Länge gezogen. Der Hundesohn stand auf der rechten, flußabwärts gerichteten Brückenseite.
    Barnes hatte es langsam satt, dauernd unter Brücken festzusitzen. Er beschloß, es zu wagen. Penn würde durchdrehen, wenn er nicht bald zurückkam. Die größte Gefahr bestand darin, daß man ihn unter Wasser entdeckte, ehe er die Flußbiegung erreichte, doch der Fluß war hier mindestens 1,20 Meter tief, und er würde dicht über dem Grund schwimmen.
    Barnes wartete, bis der nächste Panzer über die Brücke gerollt war, um nicht vom Kommandanten in seinem erhöhten Turmausguck gesehen zu werden. Dann holte er tief Luft, glitt geräuschlos ins Wasser und begann, flußaufwärts zu schwimmen.
    Diesmal konnte er die Strecke nur in zwei Tauchgängen zurücklegen, da er gegen den Strom schwamm. Er tauchte zum Atemholen kurz unter einem Uferüberhang auf, von dem langes Riedgras ins Wasser hing. Tatsächlich, auf einen Rutsch schaffte er es nicht. Er mußte halt die Kirsche in zwei Bissen schlucken – eine von Penns Lieblingsredensarten zur Umschreibung eines zweiten Rendezvous mit demselben Mädchen.
    Die Unterströmung war stärker als erwartet, und Barnes mußte schon all seine Kräfte aufbieten, um überhaupt von der Stelle zu kommen. Er schwamm dicht am Ufer entlang und achtete höllisch auf vorspringende Felsen, um nicht mit dem Kopf dagegenzustoßen.
    Als er unter dem Uferüberhang auftauchte, hatte er ungefähr die Hälfte der Strecke hinter sich. Während seiner Verschnaufpause nahm er den Kopf nur bis zum Mund aus dem Wasser und beobachtete durch den Grasvorhang den nächsten heranrollenden Panzer. Zum erstenmal sah er diese Waffen, die in einer nicht endenwollenden Woge Frankreich überschwemmten, ganz aus der Nähe. Gleichzeitig beschäftigte er sich in Gedanken mit den vor ihm liegenden Problemen. Bei dieser Wassertiefe konnte es gerade eben klappen, mit Bert weiter durch den Fluß zu fahren. Hinter der Brücke wurden die Ufer, wie er aus seinem Versteck unter der Brücke gesehen hatte, flacher, und dort konnten sie den Fluß verlassen. Der Panzer oben hatte die Überführung erreicht, der Kommandant beugte sich weit aus dem Turm, um den Seitenabstand zu prüfen.
    Sobald wir diese Einheiten hinter uns haben, dachte Barnes, fahren wir in Richtung West – Südwest. Trotz Sefts Täuschungsmanöver hatte er eine ungefähre Vorstellung, wo sie sich befanden, denn auf der Karte waren ihm zwei Orte aufgefallen, die mit dem fiktiven Fontaine identisch sein konnten. Auch Arras mußte ungefähr in dieser Richtung liegen. Der Panzer rasselte davon.
    Barnes tauchte wieder ins Wasser. Er spürte gleich, daß seine Schwimmbewegungen nicht mehr so kraftvoll waren, und er verdoppelte seine Anstrengung. Diesmal mußte er es einfach bis zur Biegung schaffen, sonst würde man ihn entdecken.
    Du hast dein Glück aufs äußerste strapaziert, also mach weiter, egal was geschieht. Mach einfach weiter. Er versuchte, die Strecke abzukürzen, und sah vor sich einen Wald treibender Schlinggewächse. Mühsam schob er das teuflische Gewirr mit den Händen beiseite. Er war fast durch, als er eine Berührung an seinem rechten Oberschenkel spürte. Er schwamm weiter, kam aber nicht mehr von der Stelle. Er hatte sich in den Schlingpflanzen verfangen. Er versuchte, sich mit heftigen Schwimmbewegungen zu befreien, doch die Ranken schlangen sich nur noch enger um sein Bein.
    Barnes mußte Luft holen. Also auftauchen und durchatmen!
    Er versuchte, nach oben zu stoßen, doch die Ranken hielten ihn fest wie die Fangarme eines Kraken. ›Du kannst doch nicht in einem 1,20 Meter tiefen Gewässer ertrinken, Barnes‹, dachte er. ›Und doch wird es geschehen, wenn du dein Bein nicht bald frei bekommst.‹ Dieser Gedanke machte ihn fast verrückt, Panik ergriff ihn. Mühsam kämpfte er die Anwandlung nieder und konzentrierte sich auf seine Befreiungsversuche. Laß dir was einfallen – schnell! Vorwärts geht’s nicht. Also zur Seite, zur Flußmitte.
    Seine Lungen begannen zu stechen, sein Brustkorb drohte zu platzen. Das Wasser begann vor seinen Augen zu wirbeln, seine Ohren dröhnten. War das schon das Ende? Er stieß sich heftig zur Seite ab. Die Ranken straffte sich wieder, gaben ihn nicht frei. Gott, er war wirklich am Ende. Beweg dich,

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