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Gehetzt

Titel: Gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Runterspülen. Von unserem Sold kann man sich ja keinen teuren Tropfen leisten, nicht wahr?«
    »Da lachen ja die Hühner!«

    »Hühner – auch nicht schlecht. Gegrilltes Huhn könnte man statt dessen auch essen. Ist aber nur was fürs gemeine Volk.«
    So ging’s ein paar Minuten weiter, und Penns munteres Geplauder wirkte belebend auf Barnes. Trotzdem schickte er ihn zur Vorsicht wieder auf seinen Platz zurück. Bei ihrem sprichwörtlichen Glück war es ja durchaus möglich, daß ihnen wieder ein Lastwagen mit Infanterie begegnete. Barnes verfiel wieder in die gewohnte Routine und suchte den Himmel und die Umgebung nach irgendwelchen Anzeichen von Gefahr ab, während sich der Panzer der unbekannten Stadt näherte. Der Sergeant konnte sie jetzt nicht mehr sehen, denn die Straße beschrieb eine Kehre, und die Sonne schien ihm direkt in die Augen.
    Immer häufiger beschattete er seine Augen mit der Hand, je näher sie der Stadt kamen, die merkwürdig still im Sonnenlicht dalag. Die Unruhe in ihm wuchs. Diese Stadt war schwer bombardiert worden. Aus der Ferne schienen die Häuser völlig unversehrt zu sein, doch beim Näherkommen stellte Barnes fest, daß in den meisten Fällen fast nur noch die Fassaden stehengeblieben waren. Die halbe Stadt bestand nur noch aus Ruinen. Trotzdem, in einer so großen Ansiedlung mußte es Überlebende geben, Leute, die ihm den Namen der Stadt nennen konnten. Außerdem brauchten sie unbedingt Dieselöl.
    Ein Panzer, dem der Sprit ausgegangen war, war wie eine Ente, der man die Flügel gestutzt hat. Er wäre seiner zweiten Waffe, seiner Beweglichkeit, beraubt. Es wurde Zeit, daß er den anderen die schlechten Nachrichten mitteilte.
    Ruhig sagte er:
    »Die Stadt da vorne sieht ein bißchen mitgenommen aus. Ich glaube, der Deutsche war schneller als wir und hat ein paar gut plazierte Bomben hochgehen lassen.«
    Sie waren jetzt kaum mehr als dreihundert Meter von der Stadt entfernt, die nach Barnes’ Schätzung etwa 30 000 Einwohner gehabt haben mußte. Er hob die Hand schützend über die Augen und kniff die Lippen zusammen. Die Stadt erinnerte ihn an Ypern, das im Ersten Weltkrieg völlig zerstört worden war. Als Junge hatte er einmal Bilder davon gesehen.
    Doch von dieser unglücklichen belgischen Stadt waren sie im Moment kilometerweit entfernt – das einzige, was Barnes mit Sicherheit wußte. Mißtrauisch beobachtete er, wie sie sich den Ruinen näherten. Die Außenbezirke waren ein einziger Schutthaufen – ein anderes Wort dafür gab es nicht. In den Fassaden war kein einziges Fenster mehr ganz. Die rußgeschwärzten Fensterhöhlen in den Obergeschossen kontrastierten gegen den blauen Himmel. Auf den Straßen türmten sich die Mauerreste zerschossener Gebäude zu Trümmerhalden, nirgends gab es das geringste Anzeichen von Leben – keine Frauen bei der Arbeit auf den Feldern, keine Männer bei Aufräumungsarbeiten in den Straßen. Nichts mehr existierte hier, absolut nichts. Über der toten Trümmerlandschaft lag eine unnatürliche Stille, die im Sonnenschein des warmen Frühsommertages noch schrecklicher anmutete. Wasser, Sprit, Munition, Lebensmittel…
    Langsam kroch Bert durch die Randbezirke. Die Männer hörten seine Ketten über geborstenes Mauerwerk klirren, fühlten, wie sich der Koloß senkte, wenn das Gestein unter seinem tonnenschweren Gewicht zu Staub zermahlen wurde.
    Barnes befahl Reynolds, sich möglichst in der Mitte der trümmerübersäten Straße zu halten. Besorgt betrachtete er die baufälligen Fassaden der zerbombten Häuser und hoffte, daß die Erschütterungen, die der Panzer verursachte, keine dieser Mauern zum Einsturz brachte. Einige davon bewahrte nur eine unerklärliche Balance vor dem Einsturz. Vorsichtig fuhr Reynolds um eine Ecke und suchte sich seinen Weg ins Stadtzentrum.

    Die Zerstörungen wurden immer schlimmer. Die drei Männer im Panzer kamen in einen Stadtteil, wo anscheinend kein Stein auf dem anderen geblieben war. Zwischen dem Bild, das sich Barnes im Turm bot, und der Vorstellung, die sich mit dem Wort ›Stadt‹ verband, konnte er nur noch eine Beziehung herstellen, wenn er seine Phantasie bis zum äußersten strapazierte. Er bemerkte, daß die Häuser auf einem Areal von über einem halben Quadratkilometer nur noch Schutthaufen waren, die sich kegelförmig zwischen großen Bombentrichtern erhoben. Die Szenerie glich eher einer Mondlandschaft als einer Stadt in Nordfrankreich, und es wurde immer schlimmer.
    »Fahrer, anhalten. Motor

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