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Gehetzt

Titel: Gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Deutschen wollen jeden erschießen, der diesen Befehl nicht befolgt. Bis jetzt ist aber noch nichts dergleichen passiert. Ich könnte Sie nach Abbeville bringen«, fügte Jacques hoffnungsvoll hinzu. »Von dort aus könnten Sie nach Norden in Richtung Boulogne weiterfahren. Die Alliierten stehen in Boulogne.«
    »Das will ich auch hoffen, verdammt. Was ist mit den deutschen Flugzeugen? Sind am Tag viele in der Luft?«
    »Ja, aber sie fliegen meist sehr hoch. Einen einzelnen Tank würden sie wohl kaum entdecken, wenn Sie vorsichtig sind. Über lange Strecken werden Sie keinem einzigen Deutschen begegnen, abgesehen von einigen Nachschubkolonnen. Außerdem rechnen die Boches nicht mit einem englischen Tank hinter den eigenen Linien.«
    »Danke, Jacques. Da sind allerdings noch einige Fragen offen. Du bleibst doch über Nacht hier, oder?«
    »Nein«, antwortete Mandel für ihn. »Er schläft bei meinem Bruder in Fontenoy. Aber fragen Sie ruhig, wir haben genug Zeit.«

    Es ging Barnes weniger um die Fragen, die noch offen waren.
    Er wußte nun, daß Jacques nicht auf dem Hof übernachtete.
    Der Sergeant war wieder hellwach, hatte blitzartig die einschläfernde Wirkung des guten Essens und des Weines überwunden und zwang seinen übermüdeten Verstand, abzuwägen und zu kalkulieren, wo er doch dringend ein paar kurze Stunden Entspannung und Schlaf gebraucht hätte, um sich von den Strapazen der letzten zwei Tage zu erholen. Der Junge war sicherlich loyal. Mandel jedenfalls schien davon überzeugt, und der Bauer war kein Dummkopf. Doch war es nur eine Frage der Loyalität? Angenommen, der Junge veranstaltete mit seinen Freunden diese Nacht wieder einen seiner wilden Handstreiche, wurde gefangen und verhört, vielleicht sogar von der SS? Doch er, Barnes, würde es nicht verhindern können. Also lächelte er freundlich. »Vielen Dank, im Moment habe ich keine weiteren Fragen mehr.«

    Mandel bot ihnen zwei Kammern zum Schlafen an, doch Barnes lehnte höflich ab und erklärte, sie würden draußen beim Heustapel schlafen, für den Fall, daß die Deutschen überraschend auftauchten. Barnes kam es so vor, als ob Mandel darüber erleichtert sei. Ehe sie das Haus verließen, schlug der Bauer vor, noch Nachrichten zu hören. Barnes registrierte interessiert, daß Mandel automatisch Radio London wählte, als sei dies der einzige vertrauenswürdige Sender. Sie lauschten gespannt, als die dunkle, ruhige Stimme ‘ von Stuart Hibberd über den Äther kam.
    »… schwere Kämpfe in Boulogne…«

    Es war schon nach 23 Uhr, als sie ihre Schlafsäcke hinter dem Heustapel ausrollten. Sie hatten sie mitgenommen, nachdem sie Bert in der Außenscheune geparkt hatten. Während sie noch ihr Lager zurechtmachten, ging der Mond auf, und Barnes war für das fahle Licht, das er verbreitete, richtig dankbar. Es erleichterte die Beobachtung der Straße ungemein.
    Der Sergeant war keineswegs davon überzeugt, daß die Deutschen ihr Kommen immer schon von weitem durch hell aufgeblendete Scheinwerfer ankündigten. Leise sagte er zu Penn:
    »Sie legen sich jetzt hin und schlafen. Es dürfte ohnehin eine kurze Nacht für Sie werden.«
    »Welche Wache habe ich?«
    »Keine. Ich werde mich mit Reynolds abwechseln.«
    »Darf ich wenigstens wissen, wann zum Wecken geblasen wird?«
    »Beim Morgengrauen – Punkt 4 Uhr.«
    »Also in fünf Stunden – das bedeutet, daß Sie und Reynolds jeder nur zweieinhalb Stunden Schlaf bekommen. Das ist zuwenig. Ich fürchte, Sergeant, Sie haben einen Fall von Insubordination am Hals, Sir. Ich übernehme mein Teil.«
    »Sie riskieren ja auch nur einen mittleren Knockout, wenn Sie nicht gleich Ihren vorlauten Mund halten. Machen Sie sich lang und schlafen Sie, Penn – das ist ein Befehl. Wenn ich Sie brauche, wecke ich Sie.«
    Es dauerte nur wenige Minuten, bis Penn fest schlief. Er hatte die Welt um sich vergessen. Er lag auf der linken Seite, um die Schulter mit der Wunde nicht zu belasten.
    Barnes gab Reynolds seine Befehle.
    »Sie legen sich jetzt ebenfalls schlafen. Ich übernehme für die ersten zweieinhalb Stunden die Wache und wecke Sie um 1.30 Uhr. Sie wecken mich dann um 4 Uhr. Wir müssen sehr früh aufbrechen. Behalten Sie während der Wache immer die Straße im Auge – nach beiden Seiten. Und jetzt gute Nacht.«
    Wenige Minuten später sah er Jacques in seinem viersitzigen grünen Renault in Richtung Beaucaire davonfahren. Barnes wurde einfach das Gefühl nicht los, daß der Junge das Zünglein an der Waage

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