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Gehetzt

Titel: Gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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sein könnte. Dem Sergeant fiel es unsäglich schwer, auf den Beinen zu bleiben, und er wanderte ständig an der mondbeschienenen Straße auf und ab, um seine Gedanken von der schmerzenden Wunde abzulenken. Es wäre besser gewesen, den Verband zu wechseln, doch ihn beschäftigten jetzt andere Probleme. Sie würden nach Norden in Richtung Boulogne – Calais fahren müssen, wo auch Jacques herkam. Dabei würden sie einen riesigen Bogen nach rechts beschreiben, erst nach Westen und dann wieder nach Norden. Barnes bezweifelte, daß sie durchkamen, doch vielleicht bekamen sie unterwegs wenigstens ein paar lohnende Zielobjekte vors Rohr. Der Wunsch, den Deutschen eine Schlappe beizubringen, überlagerte inzwischen alle Gedanken an eine Rückkehr zu seinen Leuten. Die Lage war verdammt ernst, wie die Radiomeldungen bewiesen.
    Es war eine warme Nacht, die Luft drückend und schwül, nicht gerade dazu angetan, Barnes wachzuhalten. Er würde drei Kreuze schlagen, wenn der Morgen kam und sie endlich wieder unterwegs waren. Während er die Straße auf und ab wanderte, hatte er das Gefühl, daß dies hier für längere Zeit der letzte friedliche Flecken Erde war. Am nächsten Tag würden sie mitten in den dicksten Schlamassel hineinfahren.
    Kurz nach Mitternacht erloschen die Lichter im Haus. Barnes hörte, wie ein Fenster kurz geöffnet und wieder geschlossen wurde. Wahrscheinlich Mandel, der einen Moment Barnes’ Schritten lauschte. In der Ferne hörte der Sergeant das Grollen der Geschütze; kurz bevor er Reynolds weckte, verstummten sie. Barnes erschrak. Ihm schien es wie ein Omen für kommendes Unheil.
    Er kroch unter Sternen, die ihm heute viel größer vorkamen, in seinen Schlafsack.
    Eine Stunde später war er immer noch wach. Er hatte Angst, die Zukunft machte ihm Sorgen, sein Verstand fand keine Ruhe. Dann war er von einem Augenblick zum nächsten eingeschlafen. Die Situation, vor der er sich fürchtete, kam mit dem Morgengrauen.

6
Samstag, 25. Mai

    Der Tank rollte beim ersten Tageslicht aus der Scheune. Er wirkte wie ein unförmiges Monster, das breitspurig den steinigen Felsweg entlangwalzte. Die Lichtfinger der Scheinwerfer machten das erste Tageslicht noch fahler. Über den Feldern hing der Frühnebel in langgezogenen Wolken, und weiße Schwaden tanzten im Scheinwerferlicht. Sie waren um 4 Uhr aufgestanden – nächtliche Schatten in einer Geisterwelt, hohläugig, mit vom Durst ausgedörrter Kehle, kaum fähig, ihre Schlafsäcke das Stück über den Feldweg zum Panzer zu schleppen. Dafür hatten sie die Welt für sich allein, eine dunkle, feindliche Welt. Sie kochten sich etwas Tee und rasierten sich auf Barnes’ ausdrücklichen Wunsch. Dann aßen sie etwas Rindfleisch und ein paar Kekse, die Reynolds heimlich für Notfälle gehortet hatte. Schließlich waren doch alle der Meinung, daß der Tag eigentlich ganz gut anfing.
    Am Horizont zeigte sich ein schwacher, heller Streifen, als sie aus dem Schuppen auf den Feldweg fuhren. Barnes hatte schon bemerkt, daß die wenigen Stunden Schlaf Penn nicht, wie erhofft, gestärkt hatten. Seine Verdrossenheit bewies es.
    »Was ist mit den Mandels?« hatte der Corporal gefragt.
    »Wollt ihr etwa so einfach ohne ein Dankeswort von hier verschwinden?«
    »Natürlich nicht. Wir halten kurz bei der Straße an, und ich schaue noch mal schnell bei ihnen vorbei.«
    Während sie langsam auf das Haus zufuhren, gingen im Obergeschoß die Lichter an. Mandel hatte sie sicher gehört.
    Sicher würde er es undankbar von ihnen finden, daß sie ihn nicht rechtzeitig von ihrem frühen Aufbruch unterrichtet hatten. Aber Jacques war noch dagewesen, als sie das Haus in der Nacht verlassen hatten.
    Barnes rieb sich die Arme, um die Morgenkälte aus den Knochen zu treiben. Dabei schaute er in beiden Richtungen die Straße entlang, konnte aber nichts Ungewöhnliches bemerken.
    Er würde erst wieder ruhiger werden, wenn sie die Mandels unentdeckt verlassen hatten. ›Noch zehn Minuten, dann sind wir auf dem Weg nach Abbeville.‹
    Er hatte sich für diese Route entschieden, weil sie, wie man ihnen gesagt hatte, die einzige Straße ohne nennenswerten Verkehr war. Sie waren schon nahe beim Hof, als Barnes erstarrte. Dann stieß er einen kräftigen Fluch aus und erteilte rasch seine Befehle.
    »Anhalten! Scheinwerfer aus!«
    Von Beaucaire her schimmerten zwei kleine Lichtpunkte in der Dunkelheit auf. Barnes befahl dem Fahrer, Bert hinter den Heustapel an der Straße zu fahren. Sie mußten abwarten,

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