Gehetzt
stellt.«
Barnes fühlte sich nicht sonderlich wohl in seiner Haut. Er sprach mit einem schwerverwundeten Mann, den er zurücklassen mußte, sobald sie eine geeignete Unterkunft für ihn fanden. Der Gedanke an die Hölle, in die sie hineinfuhren, würde den Moment, in dem sie den bewährten Kameraden zurückließen, eine Spur weniger unerträglich machen. Der Sergeant hoffte es jedenfalls, und er hoffte für Penn, daß sie ihn bald der Pflege eines guten Arztes überlassen konnten.
Für seinen schlechten Gesundheitszustand war Penns Verstand jedenfalls erstaunlich klar.
»Hundertsechzig Kilometer? Hat Bert denn genug Diesel dafür?«
»Ja, mit dem Treibstoff von Lebrun kommen wir klar.
Vorausgesetzt, wir können die ganze Strecke auf der Straße fahren – was nicht gerade wahrscheinlich ist. Sie wissen ja, Penn, der Verbrauch verdoppelt sich bei der Fahrt quer durchs Gelände.«
»Soll ich Ihnen was sagen?« Penn versuchte ein schwaches Lächeln.
»Ich glaube, wir schaffen es. Ich hatte hier unten ein wenig Zeit zum Nachdenken, und mir scheint, daß uns nicht allzuviel in die Quere kommen kann, wenn wir gut aufpassen.«
Er schwieg plötzlich. Barnes wußte auch warum. Der Corporal fragte sich, ob jemand draußen Posten stand.
»Alles in Ordnung, Penn. Ich habe Reynolds befohlen, die Augen offenzuhalten, solange ich hier unten bin. Worüber hatten Sie nachgedacht?«
»Nun, der Jerry stößt im Eiltempo mit seinen Panzern und Geschützen vor, doch von den Fußtruppen war bisher weit und breit nichts zu sehen. Mit viel Glück könnten wir in dem Vakuum hinter den Panzern weiterfahren, ohne den Deutschen in die Falle zu gehen. Es liegt nur an uns.«
»Genau das werden wir auch tun, Penn.«
»Und in dieser Zeit bin ich auch wieder einigermaßen beieinander. Sie werden sehen: Ich sitze wieder hinter der Kanone, noch ehe wir Calais erreichen. Wollen wir wetten?«
»Ich setze nie bei todsicheren Wetten, Penn.«
Schweren Herzens kletterte Barnes zu seinem Platz empor, rief Reynolds laut zu, daß Penns Genesung gute Fortschritte mache, und gab dem Fahrer Befehl zur Abfahrt. Als er eine halbe Stunde später zurückschaute, runzelte er die Stirn und griff nach seinem Fernglas. Die starken Linsen holten einen viersitzigen Renault mit einem einzelnen Insassen näher heran.
Jacques hatte sie auf seiner Fahrt nach Abbeville eingeholt.
Die Zwillingsoptik holte eine schmale Linie weißer Spielzeugfelsen heran, die hell in der Sonne leuchteten. Die weißen Klippen von Dover. General Storch senkte sein Fernglas und runzelte die Stirn.
»Da sind wir, Meyer, dort drüben liegt die Burg des Feindes, unseres Todfeindes. Hoffen wir, daß es die 14. Panzerdivision ist, die als erste in den englischen Buchten angelandet wird.«
»Zuerst müssen wir sie hier schlagen«, wandte Meyer ein.
»Das erledigen wir in den nächsten achtundvierzig Stunden. Wir stehen mit unserer Sturmtruppe an der Küste westlich von Calais am Gravelines-Kanal. Calais wird belagert. Wir brauchen nur noch Dünkirchen zu nehmen, dann sind die gesamten britischen Streitkräfte eingekesselt.«
Meyer klemmte sein Monokel ins Auge. Das Glas war beschlagen von Schweiß. Angesichts des Sieges fühlte er sich erschöpft und deprimiert, war überwältigt von der Serie überraschender Triumphe, die Storch seit der Überquerung der Maas bei Sedan errungen hatte. Der Tag lag schon lange zurück. War das tatsächlich schon so lange her?
Man schrieb den 25. Mai. Ein Samstagnachmittag. Am 14. Mai hatten sie bei Sedan auf Pontons den Fluß überquert.
Meyer konnte es kaum glauben. Das war kein Krieg mehr für seine Generation, sondern ein Krieg für die jüngeren Leute vom Schlage Storchs.
Der General blickte auf das Meer hinaus. Aus seinem Mund sprudelten die Befehle nur so hervor.
»Ich wünsche eine sofortige Untersuchung dieser Geschichte von dem faschistischen französischen Informanten aus Lemont. Er behauptete, es gäbe eine zweite Straße direkt nach Dünkirchen. Vielleicht weiß der Feind nichts davon oder findet sie nicht – jetzt, wo die Schleusentore geöffnet worden sind.«
»Die Franzosen haben verblüffend schnell reagiert. Die Fahrt nach Dünkirchen durch die überschwemmten Gebiete dürfte den Panzern schwer zu schaffen machen.«
Storch unterbrach Meyer ungeduldig.
»Genau deshalb könnte diese zweite Straße für uns von entscheidender Bedeutung sein. Ich wünsche, daß Sie diesen Mann persönlich befragen.«
»Ich kann aber diese
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