Gehetzte Uhrmacher
ich habe es sehr genossen, dabei zuzusehen, wie dieser Schweinehund Dennis Baker verhaftet und ins Gefängnis geschleift wurde.«
»Nur weiter.«
Duncans Miene verfinsterte sich. »Vor einem Jahr war ich geschäftlich hier in der Stadt – mir gehört eine Firma, die als Leasinggeber Industrieanlagen verpachtet. Ich habe mit einem Freund zusammengearbeitet – meinem besten Freund. Vor zwanzig Jahren in der Armee hat er mir mal das Leben gerettet. Wir haben den ganzen Tag mit der Ausarbeitung verschiedener Dokumente zugebracht und sind dann in unsere Hotels gefahren, um uns vor dem Abendessen umzuziehen. Aber er ist nicht aufgetaucht. Ich fand heraus, dass man ihn erschossen hatte. Die Polizei sagte, es sei ein Raubüberfall gewesen. Aber irgendetwas war faul. Ich meine, wie oft schießt ein Straßenräuber seinem Opfer einfach so zweimal in die Stirn?«
»Oh, während der Ausführung von Raubüberfällen kommt es nur höchst selten zu tödlichen Schussverletzungen, wenn man den neuesten Statistiken Glauben schenken...« Pulaskis Stimme erstarb unter Rhymes frostigem Blick.
Duncan fuhr fort. »Wie dem auch sei, bei unserem letzten Treffen hat mein Freund mir etwas Seltsames erzählt. Er sagte, er sei am Vorabend in einem Club in Downtown gewesen. Als er den Laden verließ, hätten zwei Polizisten ihn beiseite genommen und gesagt, sie hätten gesehen, wie er Drogen gekauft habe. Was totaler Blödsinn war. Er nahm keine Drogen, das weiß ich mit Sicherheit.
Er wusste, dass man ihn erpressen wollte, und hat verlangt, mit einem Vorgesetzten der Männer zu sprechen. Und er drohte, sich an höherer Stelle zu beschweren. In dem Moment kamen einige andere Leute aus dem Club, und die Polizisten ließen von ihm ab. Am nächsten Tag wurde er erschossen.
Das konnte kein Zufall sein. Ich bin mehrmals in diesen Club gegangen und habe Fragen gestellt. Es hat mich fünftausend Dollar gekostet, aber am Ende fand ich jemanden, der mir erzählt hat, dass Dennis Baker und manche seiner Kollegen einen Erpresserring aufgezogen hatten.«
Duncan erläuterte das Prinzip, wohlhabenden Geschäftsleuten oder ihren Kindern Drogen unterzuschieben und dann die Anzeigen gegen Zahlung hoher Bestechungsgelder wieder fallen zu lassen.
»Die fehlenden Drogen aus dem Eins Eins Acht«, sagte Pulaski.
Sachs nickte. »Nicht genug, um sie zu verkaufen, aber ausreichend, um sie immer wieder als falsche Beweise einzusetzen.«
»Ich habe gehört, ihr Treffpunkt sei irgendeine Kneipe in Lower Manhattan«, fügte Duncan hinzu.
»Die St. James Tavern?«
»Genau, das war’s. Dort treffen sie sich im Anschluss an ihre Schichten.«
»Ihr Freund. Der, der ermordet wurde«, sagte Rhyme. »Wie hat er geheißen?«
Duncan nannte ihnen den Namen, und Sellitto rief beim Morddezernat an. Es stimmte. Der Mann war im Zuge eines angeblichen Raubüberfalls erschossen worden, und man hatte nie einen Täter verhaftet.
»Ich habe meinen Kontaktmann aus dem Club benutzt – und ihm dafür viel Geld gezahlt -, um einigen Leuten vorgestellt zu werden, die Baker kannten. Ich gab mich als Profikiller aus und bot meine Dienste an. Eine Zeit lang hörte ich nichts. Ich dachte schon, er sei entweder aufgeflogen oder auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt, und ich würde ihn nie zu fassen bekommen. Es war frustrierend. Dann aber hat Baker mich angerufen und ein Treffen vereinbart. Wie sich herausstellte, hatte er mich überprüft, um herauszufinden, ob man mir vertrauen könne. Offenbar war er mit
dem Ergebnis zufrieden. Er wollte mir nicht allzu viele Details verraten, aber er sagte, eines seiner geschäftlichen Arrangements sei gefährdet. Er und ein anderer Cop hätten sich kürzlich um ein paar ›Problemfälle‹ gekümmert.«
»Hat er jemanden namens Creeley oder Sarkowski erwähnt?«, fragte Sachs.
»Er hat keine Namen genannt, aber es war klar, dass er davon sprach, Menschen umgebracht zu haben.«
Sachs schüttelte besorgt den Kopf. »Es hat mich schon genug aufgeregt, dass manche der Cops aus dem Eins Eins Acht sich von Gangstern bestechen lassen könnten. Und dabei haben sie selbst die Morde begangen.«
Rhyme sah sie an. Er wusste, dass sie automatisch an Nick Carelli denken würde. Und an ihren Vater.
Duncan fuhr fort. »Dann sagte Baker, es gebe ein neues Problem. Es müsste noch jemand beseitigt werden, eine Polizistin. Aber sie könnten das nicht selbst erledigen – falls diese Frau starb, würde jeder wissen, dass es mit ihren Ermittlungen zu tun hätte,
Weitere Kostenlose Bücher