Gehetzte Uhrmacher
und man würde nur umso angestrengter nachforschen. Ich kam auf die Idee, mich als Serienmörder aufzuführen. Und ich ließ mir einen Namen einfallen – der Uhrmacher.«
»Deshalb konnten wir bei den Uhrmacherorganisationen nichts finden«, sagte Sellitto. Es war nirgendwo ein Gerald Duncan bekannt.
»Richtig. Ich habe mir diese Figur ausgedacht. Und ich brauchte jemanden, der Ihnen Informationen zuspielen und Sie davon überzeugen würde, dass ich tatsächlich ein Psychopath sei. Daher habe ich mir Vincent Reynolds gesucht. Dann fingen wir mit den vermeintlichen Morden an. Die ersten beiden habe ich allein vorgetäuscht, während Vincent noch an seinem Arbeitsplatz saß. Die anderen – als er dabei war – habe ich dann absichtlich verpfuscht.
Ich musste dafür sorgen, dass Sie die Schachtel Patronen finden würden, die das Bindeglied zwischen dem Uhrmacher und Baker darstellen sollte. Ursprünglich wollte ich sie irgendwo verlieren. Aber« – Duncan lachte auf – »wie sich herausstellte, war das nicht nötig. Sie wussten von dem Geländewagen und hätten uns beinahe gekriegt.«
»Also das war der Grund dafür, dass Sie die Munition zurückgelassen haben.«
»Ja. Das Buch ebenfalls.«
Rhyme fiel noch etwas ein. »Der Beamte, der das Parkhaus untersucht hat, sagte, es sei ihm merkwürdig vorgekommen, dass der Wagen weder versteckt worden sei noch in der Nähe eines Ausgangs stehe. Sie wollten sichergehen, dass wir den Explorer auf jeden Fall finden.«
»Genau. Und all die anderen angeblichen Verbrechen führten einfach nur zu diesem hier – damit Sie Baker auf frischer Tat bei einem Mordversuch erwischen konnten. Als Folge davon würden Sie vermutlich seinen Wagen und sein Haus durchsuchen und genug Beweismaterial gegen ihn finden.«
»Was ist mit dem Gedicht? ›Der Kalte Vollmond...‹«
»Das habe ich selbst geschrieben.« Duncan lächelte. »An mir ist nicht unbedingt ein Poet verloren gegangen. Aber es hat ausreichend schaurig geklungen, um seinen Zweck zu erfüllen.«
»Wieso haben Sie sich ausgerechnet diese Leute als Opfer ausgesucht?«
»Das habe ich gar nicht. Ich habe die Orte ausgewählt, weil sie uns eine schnelle Flucht gestatten würden. Bei dem letzten Opfer, der Frau hier, waren die Lage und Raumaufteilung ihres Büros entscheidend, um Baker ans Messer zu liefern.«
»Alles aus Rache für Ihren Freund?«, fragte Sachs. »Viele andere hätten Baker einfach selbst getötet.«
»Ich könnte nie jemandem ein Haar krümmen«, versicherte Duncan aufrichtig. »Ich wäre dazu nicht in der Lage. Womöglich lege ich die Gesetze ein wenig großzügig aus – und ich räume ein, dass ich hier ein paar Straftaten begangen habe. Doch es gab dabei keine Opfer. Ich habe nicht mal die Wagen gestohlen; Baker hat sie besorgt – von einem Verwahrplatz der Polizei.«
»Wer war diese Frau, die sich als Schwester des ersten Opfers ausgegeben hat?«, fragte Sachs.
»Eine Freundin, die ich um ihre Unterstützung gebeten habe. Vor ein paar Jahren habe ich ihr viel Geld geliehen, und sie konnte es mir nie zurückzahlen. Also war sie bereit, mir zu helfen.«
»Und das Mädchen, das mit ihr im Auto saß?«, fragte Sachs.
»Das war tatsächlich ihre Tochter.«
»Wie heißt die Frau?«
Er lächelte wehmütig. »Das bleibt mein Geheimnis. Ich habe es ihr versprochen. Das Gleiche gilt für den Mann aus dem Club, der den Kontakt zu Baker hergestellt hat. Es war Teil der Vereinbarung, und ich halte mich daran.«
»Wer außer Baker ist noch in die Erpressungen des Eins Eins Acht verwickelt?«
Duncan schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich wünschte, ich könnte es Ihnen sagen. Ich will, dass diese Leute genau wie Baker hinter Gittern landen, und ich habe versucht, es herauszufinden, aber er wollte partout nicht darüber reden. Ich habe allerdings den Eindruck, dass außer den Beamten des Reviers noch jemand seine Finger im Spiel hat.«
»Eine weitere Person?«
»Ja. Jemand ziemlich weit oben.«
»Aus Maryland oder mit Verbindungen dorthin?«, fragte Sachs.
»Das hat er mir gegenüber nie erwähnt. Er hat mir zwar vertraut, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Ich glaube nicht, dass er sich Sorgen gemacht hat, ich könnte ihn verraten; es kam mir eher so vor, als nehme er an, ich würde gierig werden und mich in seine Geschäfte einmischen. Es schien um richtig viel Geld zu gehen.«
Eine dunkle Limousine hielt an der Absperrung. Ein schlanker Mann mit schütterem Haar und einem dünnen Mantel stieg aus
Weitere Kostenlose Bücher