Gehetzte Uhrmacher
meine Schuld.«
»Es geht hier nicht um Schuld«, erwiderte Dance respektvoll, aber entschieden. »Also, Ari, lassen Sie uns über gestern Abend reden.«
»Sie glauben mir nicht. Sie nennen mich einen Lügner. Ich war nicht da , als das Verbrechen verübt wurde.«
»Ich behaupte nicht, dass Sie lügen. Aber Sie könnten dennoch etwas gesehen haben, das uns weiterhelfen würde. Etwas, das Sie für unwichtig halten. Sehen Sie, zu meinen Aufgaben gehört es, die Zeugen dabei zu unterstützen, sich zu erinnern. Ich werde nun gemeinsam mit Ihnen den Ablauf des gestrigen Abends durchgehen, und vielleicht fällt Ihnen dabei etwas ein.«
»Tja, ich hab aber nichts gesehen. Mir ist bloß mein Geld aus der Tasche gefallen. Das ist alles. Heute früh hab ich mich dann dämlich verhalten. Und nun wird eine Staatsaffäre daraus gemacht. Was für ein Blödsinn!«
»Lassen Sie uns einfach über gestern reden. Schritt für Schritt. Sie waren in Ihrem Büro. Bei Stenfeld Brothers Investments. Im Hartsfield-Gebäude.«
»Ja.«
»Den ganzen Tag?«
»Richtig.«
»Wann haben Sie Feierabend gemacht?«
»Um kurz vor halb acht.«
»Und dann?«
»Dann bin ich ins Hanover’s einen trinken gegangen.«
»Das liegt an der Water Street«, sagte sie. Der Befragte muss stets im Unklaren bleiben, wie viel genau der Fragesteller weiß.
»Ja. Es gab Martini und Karaoke. Die nennen das da Dean-Martini-Abende. Weil Dean Martin auch immer auf der Bühne getrunken hat.«
»Witzig.«
»Wir treffen uns dort zu mehreren. Ziemlich oft. Ein paar Freunde und ich. Gute Freunde.«
Sie bemerkte, dass seine Körpersprache andeutete, er wolle noch etwas hinzufügen – wahrscheinlich rechnete er damit, dass sie sich nach den Namen der Leute erkundigen würde. Ein zu bereitwillig vorgetragenes Alibi lässt auf die Absicht einer Irreführung schließen – der Befragte geht davon aus, dass seine Offenheit zu seiner Glaubwürdigkeit beiträgt und die Polizei daher darauf verzichten wird, alle Einzelheiten zu überprüfen, oder nicht schlau genug ist, sich auszurechnen, dass ein Drink um zwanzig Uhr niemanden von dem Verdacht freispricht, um neunzehn Uhr dreißig einen Raubüberfall begangen zu haben.
»Wann sind Sie von dort aufgebrochen?«
»Ungefähr um neun.«
»Um nach Hause zu fahren?«
»Ja.«
»Zur Upper East Side.«
Er nickte.
»Haben Sie sich einen Wagen bestellt?«
»Einen Wagen, ja, genau«, sagte er sarkastisch. »Nein, ich hab die U-Bahn genommen.«
»An welcher Station sind Sie eingestiegen?«
»Wall Street.«
»Sind Sie zu Fuß hingegangen?«
»Ja.«
»Wie?«
»Vorsichtig«, entgegnete er grinsend. »Es war glatt.«
Dance lächelte. »Ich meine die Route.«
»Ich bin die Water Street hinunter, dann durch die Cedar rüber zum Broadway und nach Süden.«
»Und da haben Sie Ihre Geldklammer verloren. Auf der Cedar Street. Wie ist das passiert?« Ihr Tonfall und die Fragen waren in keiner Weise bedrohlich. Cobb wurde sichtlich lockerer. Seine Haltung war weniger aggressiv. Kathryns Lächeln und ihre leise, ruhige Stimme besänftigten ihn.
»Ich kann es mir nur so erklären, dass sie heruntergefallen ist, als ich meine Fahrkarte aus der Tasche genommen habe.«
»Wie viel Geld war es doch gleich?«
»Über dreihundert Dollar.«
»Autsch...«
»Ja, autsch.«
Sie wies auf die Plastiktüte, in der die Banknoten und die Geldklammer lagen. »Wie es aussieht, hatten Sie die Scheine eben erst aus dem Geldautomaten gezogen. Der blödeste Zeitpunkt, um sein Geld zu verlieren, was? Nachdem man gerade etwas abgehoben hat.«
»Ja.« Er verzog lächelnd das Gesicht.
»Wann sind Sie bei der U-Bahn-Station eingetroffen?«
»Um halb zehn.«
»Nicht später, sind Sie sicher?«
»Ganz sicher. Ich hab unten auf dem Bahnsteig auf meine Uhr geschaut. Es war genau einundzwanzig Uhr fünfunddreißig.« Sein Blick fiel auf die große goldene Rolex an seinem Handgelenk. Womit er wohl andeuten wollte, auf die Genauigkeit einer so teuren Uhr könne man sich stets verlassen.
»Und dann?«
»Ich bin nach Hause gefahren und habe in der Nähe unserer Wohnung zu Abend gegessen. Meine Frau ist auf Reisen. Sie arbeitet als Anwältin und hat hauptsächlich mit den Transaktionen großer Firmen zu tun. Sie ist Teilhaberin der Kanzlei.«
»Kommen wir zurück zur Cedar Street. Hat irgendwo noch Licht gebrannt? In dem einen oder anderen Apartment vielleicht?«
»Nein, da sind nur Büros und Geschäfte. Keine Wohnhäuser.«
»Keine
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