Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
Propeller aufgewirbelte Sand hüllte ihn in eine Wolke schmerzhaft stechender Teilchen ein, aber wenige Sekunden später war alles ausgeladen. Joro stand neben ihm.
Kerensky beugte sich herüber, um die Tür zu schließen. »In einer Woche zur gleichen Zeit hier!« schrie er. »Seid pünktlich, ich habe keine Lust, ausgerechnet hier Wurzeln zu schlagen.«
Chavasse und Joro zogen die Munitionskisten beiseite. Dann blickten sie Kerensky nach, der die Maschine zum anderen Ende der Sandbank rollen ließ und sie dann in den Wind drehte. Das Flugzeug nahm Fahrt auf, das Dröhnen des Motors wurde tiefer und sonorer, dann hob das Flugzeug ab und verschwand ansteigend nach Südwesten.
Chavasse hatte immer noch den Motorenlärm in den Ohren, als er sich zu Joro umdrehte.
»Wir sollten das Zeug lieber irgendwo sicher verstecken, bis Ihre Freunde aus Yalung Gompa es abholen können.«
Er ging auf einen dreißig oder vierzig Schritte entfernten Geländeeinschnitt zu, der ihm als Versteck geeignet erschien. Es war seltsam, wie lange das Dröhnen des Flugzeugmotors noch in den Ohren nachklang.
Er drehte sich um, weil er Joro rufen wollte. In dieser Sekun de tauchte wie ein Gespenst ein Jeep auf der nächsten Hügelkuppe auf.
In der ersten Schrecksekunde stand er wie versteinert da und starrte auf die Schildmützen der Soldaten und den langen, häßlichen Lauf des schweren Maschinengewehrs, das auf einem Drehkranz montiert war. Dann sprang er mit einem gewaltigen Satz vor und riß im Laufen seine Mauser aus der Tasche.
»Achtung, Joro!« brüllte er.
Der Lauf der schweren Waffe schwenkte bereits in Richtung auf den Tibetaner herum. Bläuliche Flammenzungen blitzten auf, Sand stob unter den Einschlägen hoch.
Joro warf sich zur Seite und kugelte verzweifelt auf die näch ste Deckung zu. Chavasse kniete nieder und feuerte ein paar Schüsse auf den Jeep ab, um die Aufmerksamkeit der Besat zung auf sich zu ziehen.
Da richtete sich Joro auf und verschwand stolpernd zwischen einem Gewimmel von Felsbrocken am Flußufer. Das MG schwenkte zu Chavasse herum. Er ließ sich in den Geländeein schnitt fallen und preßte das Gesicht auf den Boden. Ringsumher spritzten die Kugeln vom Felsen. Ein Steinsplitter riß ihm die Wange auf. Als er sich halb erhob, um sich tiefer ins schützende Dunkel zurückzuziehen, streifte eine Kugel seine linke Schulter.
Wieder preßte er sich flach auf den Boden und wartete. Als die Schüsse verstummten, war die Stille noch schwerer zu ertragen als vorhin das ohrenbetäubende Rattern des Maschi nengewehrs.
Vorsichtig richtete er sich auf. In der nächsten Sekunde hörte er einen dumpfen Knall, und sein Graben war in hartes weißes Licht getaucht.
Chavasse starrte in das grelle Licht der langsam sinkenden Leuchtkugel. Er blieb einfach stehen, weil es für ihn doch keine Fluchtmöglichkeit gab. Gleich darauf rollten ein paar Steinchen über den Hang. Am Rand des Grabens tauchten zwei chinesische Soldaten mit schußbereiten Maschinenpistolen auf. Chavasse hob schon die Mauser, da erschien zwischen den beiden Chinesen ein dritter Mann.
Lächelnd blickte er auf Chavasse herab. Er war so nahe, daß Chavasse die Feder auf seinem Tirolerhut und den Pelzkragen des Jagdrocks sehen konnte.
»Seien Sie doch kein Narr«, sagte der Mann mit dem Tiroler hut gelassen auf englisch. »Das hilft Ihnen doch alles nichts mehr.«
»Vielleicht haben Sie da gar nicht so unrecht«, sagte er. Dann warf er die Mauser weg und wartete, bis sie ihn holten.
5
Der Steppenwind wehte in die Mulde herein. Chavasse zitterte und zog sich mit einer Hand den Kragen der Shuba vor das Gesicht.
Das heiße Brennen in der Schulter hatte sich in einen stetigen, ziehenden Schmerz verwandelt. Die bittere Kälte betäubte die Wunde. Chavasse litt unter bohrenden Kopfschmerzen und einer leichten Übelkeit, die wohl auf die zu rasche Überwin dung eines großen Höhenunterschiedes zurückzuführen war. Er lehnte mit dem Rücken an einem Rad des Jeeps. Zwei Schritte neben ihm flackerte vor einem Spitzzelt die Flamme des Spirituskochers im Wind. Daneben hockten die beiden chinesi schen Soldaten. Während der eine in einem Aluminiumtopf Kaffeewasser heiß machte, hatte der andere die Maschinenpi stole über den Knien liegen.
Chavasse machte sich Gedanken um Joro. Der war wenig stens heil davongekommen – ein Trost in diesem Dilemma. Doch vorerst durfte er sich von dieser Seite keine
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