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Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut

Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut

Titel: Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sanft zurück. Sie blickte zu ihm auf. Ihre Augen waren sehr dunkel. Leichte Verwirrung spiegelte sich auf ihrem Gesicht.
     »Ich gehe jetzt lieber«, sagte sie.
     Schweigend öffnete er die Balkontür. Sie huschte an ihm vorbei. Draußen regnete es immer noch. Sie blieb einen Au­ genblick lang unschlüssig stehen und blickte ihn an. Dann berührte sie mit der Hand ganz leicht seine Wange und ging.
     Chavasse stand noch eine ganze Weile draußen in der Nacht und ließ sich den kalten Wind um den Körper wehen. Er stach wie mit tausend kleinen Nadeln ins Fleisch, aber die Erregung dämpfte er nicht.
     Dann schloß er die Tür und ging zu Bett.

    9

    Der Tag war erfrischend wie junger Wein, und ein blauer Himmel spannte sich bis zum Horizont. Kurz nach Mittag ritten sie durch das Haupttor aus Changu hinaus.
     Katja trieb ihr kleines, drahtiges Tibetpony zu scharfem Ga­ lopp an und übernahm die Führung. Sie trug Breeches und weiche russische Reitstiefel. Mütze und Kragen bestanden aus weichem, schwarzem Astrachanfell.
     Chavasses Pferd war auch nicht größer als das des Mädchens. Er trug die Kleidung, in der er angekommen war: tibetanische Stiefel und die Shuba. Als er sein Pferd anspornte, trieb er eine Jakherde auseinander. Sie schlugen einen Bogen um das Lager der Hirten und jagten aus dem flachen Tal hinaus.
     Die Steppe schimmerte safrangelb im goldenen Sonnen­ schein. Neben einem kleinen schwarzen See am Fuß hoch aufragender Felsen zügelte er sein Pferd und horchte, wie der Wind durch das trockene Gras fuhr. Ein Vogel stieg mit heise­ rem Schrei auf. Chavasse empfand plötzlich eine seltsame, unerklärliche Traurigkeit.
     Er erschauerte ohne ersichtlichen Grund. Dann trug der Wind Katjas Ruf an sein Ohr. Sie hielt auf der Kuppe eines entfern­ ten Hügels. Chavasse warf sein Pferd herum und galoppierte hinter ihr her. Über dem Land hing ein feiner Dunstschleier, der die Entfernungen verzerrte. Als Chavasse die Hügelkuppe erreichte, war Katja längst verschwunden. Er schaute sich um und erblickte sie neben einem Fluß, der sich tief unten durch einen Taleinschnitt schlängelte. Sie stand am Rand des Was­ sers.
     Er ließ sein Pferd den Hang hinunterklettern, sprang aus dem Sattel und versetzte ihm einen Klaps auf das Hinterteil. Das Tier trottete zu Katjas Pferd hinüber. Er blieb stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden. Da drehte sie sich um und kam auf
    ihn zu.
     Die Sonne stand genau hinter ihr. Im harten Gegenlicht schienen die Umrisse des Mädchens zu verschwimmen. Sie sah unwirklich aus, ätherisch und durchsichtig wie ein Geist. Aber schon bei ihren ersten Worten verflog der Bann. »Setzen wir uns, Paul.«
     Sie setzten sich ins kurze Gras. Nach einer Weile verschwand seine Anspannung. Er ließ sich ins Gras fallen. Es war so wunderbar, mit diesem Mädchen einfach in der Sonne zu liegen, die Augen zu schließen und nichts zu tun.
     Etwas kitzelte ihn an der Nase. Er schlug die Augen wieder auf. Katja streichelte sein Gesicht mit einem Grashalm.
     »So froh und leicht habe ich mich schon seit Jahren nicht mehr gefühlt«, sagte er.
     »Das Leben ist doch da, um gelebt zu werden«, antwortete sie.
     »Das stimmt schon, aber meistens habe ich keine Zeit dazu. Das muß ein ganz persönlicher Fehler von mir sein, denke ich.«
     Sie lachte leise. »Das glaube ich Ihnen nicht. Waren Sie schon als kleiner Junge so?«
     Er kniff die Augen zusammen und blickte in die unendliche Weite des Himmels hinauf. »Daran kann ich mich nicht mehr so recht erinnern. Mein Vater war Franzose, meine Mutter Engländerin. Er ist neunzehnhundertvierzig bei Arras gefallen. Mutter und ich sind über Dünkirchen davongekommen.«
     »Sie müssen Ihre Mutter sehr lieben.«
     »Woher wollen Sie das wissen?« fragte er überrascht.
     »Man hört es an Ihrer Stimme. So etwas spürt eine Frau. Wie ging es dann in England weiter?«
     Er erzählte so freimütig wie schon seit Jahren nicht mehr. Als er über seine Vergangenheit nachdachte, fielen ihm plötzlich halb vergessene Begebenheiten wieder ein. Als er bei seinen zwei Jahren als Professor an der Manningham-Universität angelangt war, da war schon mehr als eine Stunde verstrichen.
     Er brach plötzlich ab. Sie legte die Stirn in Falten und blickte auf ihn herunter. »Das verstehe ich nicht«, sagte sie verwun­ dert. »Sie hatten doch alles, was Sie sich wünschen konnten – die Aussicht auf eine glänzende Karriere. Das haben Sie so einfach über Bord

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