Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut

Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut

Titel: Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
ihn beiseite und kniete neben Katja nieder. Sie blickte zu ihm auf, und wieder war ihre Stirn in der für sie charakteristischen Art leicht gefurcht. Dann schüttelte sie ein krampfartiger Husten. Blut floß über ihre Lippen. Als er sie sanft zu Boden gleiten ließ, rollte ihr Kopf haltlos auf die Seite.
     Osman Sherif scheuchte seine Frau und die beiden Kinder hinaus. Chavasse erhob sich langsam und trat Hoffner gegen­ über. »Es tut mir wirklich leid, Doktor«, sagte er. »Ich weiß, was sie Ihnen bedeutet hat.«
     Hoffner schüttelte langsam den Kopf. »Sie – konnten nichts anderes tun, Paul. Zum erstenmal in meinem Leben erkenne ich, wie stark die Opposition ist. Ich weiß jetzt, daß wir ener­ gisch dagegen angehen müssen.«
     Er nahm seine Arzttasche und die schmale Aktenmappe auf und verließ die Hütte. Chavasse folgte ihm. In der Tür drehte er sich um und warf einen letzten Blick auf Katja.
     Oberst Li kniete neben ihr. Nach ein paar Sekunden stand er auf und sagte mit einer Stimme, die einem Fremden zu gehören schien: »Sie sind ein harter Mann. Ich hätte nie geglaubt, daß ein Mensch so hart sein kann.«
     »Ich bin ein Profi, Oberst. Sie werden das nie verstehen kön­ nen, aber Katja hätte es begriffen. Sie war nämlich selbst einer.«
     Er wollte weggehen, aber Li folgte ihm und hielt ihn am Ärmel fest. »Töte mich, Paul!« forderte er.
     Schweigend machte sich Chavasse von ihm frei und ging hinaus. Der Himmel war noch grau, aber es klarte schon auf. Der Schnee glänzte in unglaublichem Weiß.
     Die anderen saßen schon im Sattel. Osman Sherif hielt ein Pferd für Chavasse bereit. Er griff hinauf zum Knauf des hohen Holzsattels und zog sich hoch. Es kostete ihn einige Anstren­ gung, aber er schaffte es.
     Sie brachen auf.
     Chavasse hatte bemerkt, daß Oberst Li aus der Hütte gestol­
    pert war und neben dem Pferd stand, das sie ihm dagelassen hatten. Als sie weiterritten, hielt er es nicht der Mühe wert, sich noch einmal umzudrehen.
     Die Wirkung von Hoffners Injektion ließ nach. Chavasse fühlte sich ganz plötzlich erschöpft, aber das störte ihn jetzt nicht mehr. Nichts war mehr wichtig – bis auf die Erkenntnis, daß jetzt, in diesem Augenblick, das Leben ganz von vorn begann.
    Eine Stunde später erreichten sie die Paßhöhe. Aus unendli­
    cher Ferne rief jemand seinen Namen. Chavasse drehte sich um und glaubte eine schmale Gestalt zu sehen, die wie ein schwar­ zer Finger im Schnee neben der Zollhütte stand.
     Da trieb er sein Pferd an und ritt den anderen nach – hinunter nach Kaschmir.

    DIE AASGEIER

    1

    Irgendwo jenseits des Moores dröhnte dumpfes, in der Nach­ mittagshitze seltsam gedämpftes Geschützfeuer, und die Häftlinge, die mit nackten Oberkörpern unten im Steinbruch schufteten, horchten auf.
     Ben Hoffa, der im Schatten des Nordhangs zwischen einem Haufen großer Schieferblöcke arbeitete, ließ den zehn Pfund schweren Hammer, den er eben über den Kopf hob, langsam sinken, legte die Hand über die Augen und blickte zu den fernen Hügeln hinüber.
     Er war ein kleiner Mann von Ende Dreißig, muskulös und drahtig, mit kräftigen Schultern, vorzeitig ergrautem Haar und Augen, die so kalt und hart waren wie die Schieferblöcke um ihn herum. O’Brien, der neben ihm arbeitete, ein großer, schwerfälliger Ire, ließ sein Brecheisen sinken und richtete sich stirnrunzelnd auf. »Was, zum Teufel, ist denn das?«
     »Feldartillerie«, sagte Hoffa.
     O’Brien starrte ihn verständnislos an. »Das ist doch ein Witz?« »Sommermanöver – die Armee veranstaltet sie jedes Jahr um diese Zeit.«
     In der Ferne flogen drei Transportflugzeuge über den Hori­ zont, und während sie ihnen nachblickten, öffnete sich eine Reihe von Fallschirmen, an denen Männer herabschwebten wie Distelsamen im Sommerwind. Der Freiheitsdrang, mit dem O’Brien dieses Bild erfüllte, war so stark, daß sich sein Magen zusammenkrampfte. Als Hoffa sah, wie er sein Brecheisen umklammerte, schüttelte er den Kopf. »Keine Chance, Paddy – du würdest keine fünf Kilometer weit kommen.«
     O’Brien warf das Brecheisen auf die Erde und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Daran denken darf man doch wohl noch.«
     »Die ersten fünf Jahre sind die schlimmsten«, sagte Hoffa mit
    ausdruckslosem Gesicht.
     Über die lockeren Steine hinter ihnen scharrte ein Stiefel. O’ Brien warf einen Blick über die Schulter und hob sein Brechei­ sen auf.

Weitere Kostenlose Bücher