Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
er.
Der Wärter am Tor streckte sich und ging ein paar Schritte auf das Pförtnerhaus zu, um seine verkrampften Muskeln zu entspannen. Es war ein langer Vormittag gewesen. Er schaute auf seine Uhr – nur noch zehn Minuten. Als er sich umdrehte, sah er, daß ein roter Kombiwagen aus der Garage hervorschoß und mit aufbrüllendem Motor über den Hof raste.
Als er erschrocken vorsprang, hielt der Kombi mit kreischen den Reifen, die Kühlerhaube keine zehn Zentimeter vor der Schranke, die die Einfahrt versperrte. Der junge Mann, der heraussprang, sah völlig benommen aus, und sein Gesicht war blutig. Er schwankte und stürzte auf die Knie. Der Wärter lief zu ihm und versuchte ihm hochzuhelfen, und seine drei Kolle gen stürzten herbei.
Der Mann brachte kein Wort hervor. Er schluckte und streck te aufgeregt den Arm aus und deutete aufs Hauptgebäude. »Lohnbüro!« stammelte er mühsam.
Dann sank er zu Boden, und der Wärter griff ihm rasch unter die Arme. »Seht schnell nach, was los ist«, sagte er zu seinen Kollegen. »Ich bring ihn rein und ruf die Polizei an.«
Die drei rannten, gefolgt von dem Schäferhund, über den Hof, und der Wärter zerrte den Mann hoch. »Sie sehen ja schreck lich aus. Kommen Sie rein und setzen Sie sich.«
Der Mann nickte und wischte sich mit dem Handrücken das Blut vom Gesicht. Der Wärter führte ihn zum Pförtnerhaus. Was dann passierte, konnte er später nicht genau sagen. Er schob dem Mann einen Sessel unter und ging zum Schreib tisch. Er hörte keinerlei Geräusch, doch als er nach dem Telefon griff, traf ihn ein fürchterlicher Schlag auf den Hinter kopf, und er stürzte der Länge nach zu Boden.
Er lag ein paar Sekunden benommen da, und während sich alles um ihn drehte, hörte er draußen das Quietschen der Schranke und das Aufheulen eines Motors. Dann wurde es dunkel um ihn.
Chavasse lief die Treppe des schäbigen Hauses in Poplar hinauf und den Gang hinunter. Jean Frazer blickte auf, als er die Tür aufmachte. Sie lag auf dem Bett und las in einem Magazin.
Stirnrunzelnd stand sie auf. »Ist das Blut auf Ihrer Wange?«
Chavasse wischte es weg. »Natürlich nicht.«
»Sind Sie reingekommen?«
»Nicht nur das. Auch wieder raus.«
Sie riß die Augen auf. »Mit dem Geld?«
Er nickte. »Es ist unten auf dem Hof in einem alten Ford
Kombi, den ich heute morgen gekauft habe.«
»Vermutlich ist die Polizei schon hinter Ihnen her?«
Chavasse trat ans Fenster, wischte sich mit einem Handtuch das Gesicht ab und schaute auf die Straße. »Ich glaube kaum. Ich habe auf der anderen Seite der Themse das Fahrzeug gewechselt. Ehrlich gesagt, ich habe den Verdacht, wenn ich nicht so ausgiebig mein Gesicht gezeigt hätte, dann würden die mich nie erwischen.«
Sie zog ihre Schuhe an. »Im Ernst, Paul – wie, um Himmels willen, haben Sie das gemacht?«
»Am besten, Sie lesen’s in der Zeitung. Da haben Sie heute abend eine spannende Lektüre.«
Sie seufzte. »Schön, dann geh ich jetzt und rufe Scotland Yard an.«
Als sie um das Bett herumkam, zog Chavasse sie an sich. »Kann sein, daß wir uns verdammt lange nicht sehen werden, Jean«, sagte er spöttisch. »Möchtest du mir nicht ein kleines Andenken an dich mitgeben?«
Sie zog seinen Kopf herab, gab ihm einen Kuß und machte sich los. »So, das sollte für den Moment genügen. Wenn Mallory mich läßt, werde ich dich hin und wieder im Knast besuchen.« Sie machte die Tür hinter sich zu, und Chavasse verschloß sie. Jetzt brauchte er bloß noch auf die Polizei zu warten. Er legte die Achtunddreißiger auf die Kommode neben dem Fenster, zündete sich eine Zigarette an und setzte sich aufs Bett.
Keine zwanzig Minuten waren vergangen, als er draußen auf dem Gang ein Geräusch hörte. Dann klopfte es leise an der Tür, und Mrs. Clegg, die Wirtin, rief: »Sind Sie da, Mr. Drummond?«
»Ja, was ist denn?« sagte er.
»Hier ist ein Brief für Sie. Er ist gekommen, während Sie weg waren.«
»Einen Moment.«
Er holte tief Luft und drehte den Schlüssel herum. Die Tür wurde von außen aufgestoßen und vier riesige Polizisten fielen über ihn her und stießen ihn aufs Bett.
Er tat, als wehrte er sich verzweifelt, doch gleich darauf spür te er, wie sich kalter Stahl um seine Handgelenke schloß, und dann wurde er hochgerissen. Ein großer, freundlich dreinblik kender Mann in einem braunen Gabardinemantel, einen Homburg auf dem Kopf, trat ins Zimmer und
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