Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
ganz böser Junge.«
»Ich hab gehört, sie soll sehr hübsch sein.«
Chavasse hatte es sich längst abgewöhnt, über Youngbloods scheinbar unerschöpfliche Informationsquellen zu staunen. »Gibt’s eigentlich irgendwas, was du nicht erfährst?«
»Nur Dinge, die nicht wissenswert sind.«
Atkinson kam zur Tür herein, und ein paar Minuten später läutete die Glocke. Sie brachten ihre Teller zurück und traten vor dem Lift an, um sich für den Rest der Mittagspause in ihre Zellen bringen zu lassen.
Während des Wartens war das Rauchen erlaubt, und Young blood holte eine Zigarette hervor, steckte sie in den Mund und suchte nach seinen Streichhölzern. Atkinson trat zu ihm, zog eine Schachtel aus der Tasche und hielt sie ihm hin.
»Die können Sie behalten, Youngblood, aber gehen Sie spar sam damit um.« Kopfschüttelnd wandte er sich ab. »Manchmal frag ich mich, was ihr wohl ohne mich machen würdet.«
Einige der Häftlinge, die Wert darauf legten, bei Atkinson gut angeschrieben zu sein, lachten pflichtschuldigst. Gleich darauf kam der Lift, und als sie einstiegen, machte Youngblood seine Zigarette aus und steckte die Streichhölzer ein.
Eine merkwürdige Erregung befiel Chavasse. Dieser Zwi schenfall war höchst ungewöhnlich. Atkinson und Youngblood machten im allgemeinen keinen Hehl daraus, daß sie einander nicht mochten. Chavasse konnte sich Atkinsons plötzliche Freundlichkeit nicht erklären.
Während der Ruhepause blieben die Zellentüren offen, doch stand es jedem Häftling, der lieber allein sein wollte, frei, seine Tür zu schließen.
»Du hast doch nichts dagegen, wenn ich die Tür zumache«, sagte Youngblood, als sie die Zelle betraten. »Ich habe heute keine Lust, mich mit den anderen zu unterhalten.«
»Meinetwegen.« Chavasse legte sich auf sein Bett. »Was hast du denn – fühlst du dich nicht wohl?«
»Ich bin schrecklich nervös«, sagte Youngblood. »Am lieb sten würde ich ein Loch in die Mauer sprengen und abhauen.«
Chavasse schlug eine Illustrierte auf und wartete. Nach einer Weile stand Youngblood auf und ging zum Waschbecken. Er zündete sich eine Zigarette an und legte dann die Streichholz schachtel auf den Rand des Waschbeckens.
Chavasse nahm eine Zigarette aus seiner Hemdtasche, stand auf, trat rasch einen Schritt vor und griff nach den Streichhöl zern. Youngblood starrte auf seine offene Hand. Er schloß sie schnell, doch Chavasse hatte die kleine braune Kapsel darin gesehen.
»Kann ich ein Streichholz haben, Harry?«
»Bedien dich«, sagte Youngblood.
Chavasse zündete sich die Zigarette an und ging wieder zu seinem Bett. Also war Atkinson der Kontaktmann. Sie mußten ihm ein kleines Vermögen gezahlt haben, doch schließlich stand ja auch allerhand für ihn auf dem Spiel. Er lehnte sich zurück. Hinter ihm füllte Youngblood einen Plastikbecher mit Wasser und trank ihn langsam aus. Sein Gesicht war merkwür dig starr, als er sich auf sein Bett setzte, und Chavasse sagte: »Bist du wirklich in Ordnung, Harry? Ich finde, du siehst gar nicht gut aus. Solltest du dich nicht lieber krank melden?«
»Mir fehlt nichts«, sagte Youngblood. »Ich fühl mich prima. Wahrscheinlich ist es der Frühling. Ich werde zu dieser Jahres zeit immer so ruhelos. Das ist der Zigeuner in mir.«
»Na ja, kein Wunder in diesem Käfig«, sagte Chavasse, doch Youngblood schien ihn nicht zu hören. Er saß da und starrte mit einem seltsam versunkenen Blick auf die Wand.
An diesem Nachmittag war es in der Werkstatt heißer als sonst, weil die Klimaanlage nicht funktionierte. Die meisten Männer arbeiteten deshalb mit nacktem Oberkörper.
Chavasse schnitt an seiner Werkbank Schilder zurecht, und Youngblood schliff Stahlklammern. Er schwitzte stark, und seine Augen waren merkwürdig stumpf und glanzlos.
»Hast du irgendwas, Harry?« rief Chavasse, doch Young
blood schien ihn nicht zu hören.
Er unterbrach seine Arbeit einen Moment, stützte sich auf die Werkbank und wischte den Schweiß von seiner Stirn, und als er eine neue Klammer von dem Haufen auf der Bank nahm, zitterte seine Hand. Er tastete kurz herum, dann schwankte er und stürzte rückwärts gegen die hinter ihm stehende Maschine.
Chavasse konnte ihn gerade noch auffangen. Youngbloods Augen waren nach oben verdreht, und sein ganzer Körper zuckte krampfhaft. Es gab keinen Zweifel, er hatte einen echten Anfall – den zweiten, auf den der Direktor gewartet hatte. Man
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