Gehirnwaesche - Die Aasgeier - Streit bis aufs Blut
abgezahlt hast«, sagte Young blood.
»Sei nicht so’n Fiesling, Harry!« Brady packte ihn am Arm. »Ich hab seit zwei Tagen nichts geraucht. Ich bin nahe am Überschnappen.«
»Das bist du doch längst«, sagte Youngblood. »Ich versteh nicht, warum sie dich nicht endlich in eine Klapsmühle stek ken. Schieb ab, Mann, du gehst mir auf die Nerven.«
Es brauchte nicht viel, um einen Mann wie Brady zur Weiß glut zu bringen. Chavasse war zum Ende der Werkbank gegangen, um ein paar Nieten zu holen, und als er sich um drehte, fiel sein Blick auf Bradys haßverzerrtes Gesicht. Er packte eine spitze, messerscharfe Feile und riß sie hoch, um sie Youngblood in den Rücken zu stoßen.
Es war keine Zeit, Youngblood zu warnen, und so ergriff Chavasse einen Hammer und schleuderte ihn mit aller Kraft auf ihn. Er traf Bradys Brust, der Mann schrie laut auf, taumel te zurück und ließ die Feile fallen.
Youngblood fuhr herum, und als er die Feile und Bradys Gesicht sah, wurden seine Augen hart und starr wie schwarze Steine.
Er hob die Feile auf und hielt sie Brady hin. »Ist das deine, Jack?«
Brady stand regungslos da und starrte ihn an; sein Gesicht war schweißnaß. Plötzlich packte er den Karren und schob ihn schnell weg.
Obwohl die Arbeit nicht einen Moment unterbrochen worden war gab es keinen Mann in diesem Teil der Werkstatt, der den Zwischenfall nicht bemerkt hatte. Chavasse sah, wie Young blood Nevinson, einem großen, kräftigen Schotten auf der anderen Seite des Raumes, leicht zunickte. Gleich darauf tauchte Meadows auf, einer der Wärter.
»Was ist hier los?« fragte er.
»Gar nichts, Mr. Meadows«, sagte Youngblood. »Wir sind alle schrecklich fleißig.«
Meadows war jung und noch nicht lange aus der Armee ent lassen; der kleine Schnurrbart über seiner Oberlippe zeugte von seinem verzweifelten Bemühen, älter zu erscheinen, als er war. Er wandte sich an Chavasse, der mit leeren Händen am Ende der Werkbank stand. Meadows hatte es bloß bis zum Gefreiten gebracht, und so war ein ehemaliger Captain ein gefundenes Fressen für ihn.
»Was bilden Sie sich eigentlich ein, Drummond?« fuhr er ihn an. »Ich kann mir vorstellen, daß es Ihnen nicht paßt, sich Ihre zarten, weißen Hände dreckig zu machen. Aber hier wird nicht dumm in die Gegend geglotzt, sondern gearbeitet.«
Youngblood trat dicht neben ihn und sagte leise: »Er arbeitet ja, Mr. Meadows. Sehr schwer sogar. Kommen Sie, seien Sie schön friedlich und gehen Sie wieder dort rüber auf die andere Seite der Werkstatt.«
Es war nicht zu fassen, doch Meadows ließ sich das gefallen. Stumm stand er einen Moment da, mit leichenblassem, ängstli chem Gesicht.
Da ertönte plötzlich auf der anderen Seite der Werkstatt ein schriller Schrei. Meadows wandte sich erleichtert um und stürzte davon. Alle unterbrachen die Arbeit, und eine Maschine nach der anderen wurde abgeschaltet. Nevinson kam ange rannt, in der Hand einen öligen Lappen, mit dem er sich die Finger abwischte.
»Was ist passiert, Jock?« rief Youngblood.
»Jack Brady hatte einen scheußlichen Unfall«, sagte Nevin
son. »Er hat sich einen Eimer kochendes Wasser über die Beine geschüttet.«
Youngblood sah Chavasse kopfschüttelnd an. »Wie man bloß so ungeschickt sein kann.«
Chavasse sagte nichts und lief mit den anderen hinüber. Bra dy lag auf dem Boden und stöhnte vor Schmerzen, bis endlich die Krankenwärter kamen und ihm einer eine Spritze gab. Sein großes, häßliches Gesicht war schweißüberströmt. Als sie ihn auf eine Bahre legten, stöhnte er noch einmal laut auf, dann verlor er das Bewußtsein, doch keiner der Männer empfand Mitleid mit ihm. Er hatte das Gesetz der Gesellschaft, in der er lebte, gebrochen und war dafür bestraft worden.
Mehrere Wärter waren hereingekommen, darunter Atkinson. Er klopfte mit seinem Stock auf eine Werkbank. »Los, macht, daß ihr wieder an die Arbeit kommt.« Er wandte sich an Meadows. »Ich möchte, daß in spätestens einer Stunde ein Bericht auf meinem Schreibtisch liegt, Mr. Meadows. Ich werde Sie durch einen anderen Beamten ablösen lassen.« Er ging zur Tür und blieb stehen. »Ach ja, wenn Sie kommen, bringen Sie Drum mond mit. Er hat Besuch – seine Schwester.«
Der letzte Donnerstag jedes Monats war Besuchstag, und als Chavasse mit dem Oberwärter die Haupthalle betrat, war sie bereits voll. Eine Reihe kleiner Kabinen erstreckte sich von einer Wand zur anderen,
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