Geht das denn schon wieder los?
zweiten … und danach war ihm deutlich anzusehen, dass ihm diese Frau mit dem dunklen Gesicht äußerst suspekt erschien. Er kannte bisher wohl nur Menschen mit einem blassen Teint und keine Sonnengebräunten. Also brüllte er los und damit war die Sache erst mal gelaufen.
Ich hätte ihm
doch
das T-Shirt mit dem Barracuda kaufen sollen!
Ob es Rolf in seiner selbst verordneten Untätigkeit zu langweilig geworden war, oder ob einer seiner Kunden kein Verständnis für eine geprellte Rippe aufgebracht hatte, sei dahingestellt, jedenfalls erschien der am vorangegangenen Tag noch sichtbar hinkende Halbinvalide am nächsten Morgen in aufrechter Haltung und sogar komplett angezogen am Frühstückstisch. Ich hatte die ersten Brotscheiben in den Toaster geschoben und wollte mich gerade in die Zeitung vertiefen, als mich jemand anbellte: »Wo ist Sven?!«
»Der schläft wahrscheinlich noch, er ist gestern wohl ziemlich spät nach Hause gekommen. Möchtest du Kaffee oder …?«
»Dann hol ihn aus dem Bett!«, befahl die Stimme meines Herrn. »Ich muss um halb elf in Stuttgart sein, will mich aber noch nicht selber ans Steuer setzen. Und wenn unser Sohn hier schon tagelang herumgammelt, dann kann er sich wenigstens mal nützlich machen!«
»Also von Gammeln kann ja wohl kaum die Rede sein! Immerhin hat er den Garten auf Vordermann gebracht, das Chaos im Keller beseitigt, den Wäschetrockner repariert – ja, ich weiß, da war bloß ein Kabel locker, aber das muss man erst mal finden, dann hat er deinen Computer von Viren befreit und durchgecheckt …«
»Na und? Er wollte ihn ja auch benutzen!«
»… und wenn Sven nicht da gewesen wäre, dann hättest du vielleicht bis zu meiner Rückkehr hilflos auf der Treppe gelegen!«, trumpfte ich auf.
»Bestimmt nicht! Vorher hätte mich Minchen gefunden!«
»Irrtum! Frau Hollweg wäre normalerweise erst gestern fällig gewesen, also sechs Tage
nach
deinem Sturz. Sie hat aber gleich morgens abgesagt und wird nachher kommen!«
»Bis dahin bin ich hoffentlich weg! Vorausgesetzt, du scheuchst endlich meinen Chauffeur aus den Federn!«
Etwas irritiert sah er zu, wie ich zum Telefon ging und die eingespeicherte Nummer von Svens Handy antippte. »Du rufst doch wohl nicht oben an?«
»Natürlich! Das ist nämlich die sicherste Methode, ihn wach zu kriegen! Das Handy liegt nie am Bett, weil er da kein Netz kriegt oder der Feinstaub den Empfang stört … was weiß denn ich, jedenfalls muss er erst mal aufstehen und das Ding suchen.«
»Müssen das noch Zeiten gewesen sein, als man seine Domestiken mittels einer Tischglocke heranrufen konnte«, seufzte der frustrierte Vater und rammte sein Messer in das einzige noch vorhandene Brötchen. »Ist das von gestern?«
»Nein. Noch älter! Aber wenn ich es aufbacke, dann kriegt wieder dein Zahnarzt zu tun.«
Begeistert sah Sven nicht gerade aus, als er – immerhin schon nach knapp zwanzig Minuten – ins Zimmer schlurfte. »Was’n eigentlich los? Wozu diese Hektik?«, und dann, mit Blick auf den Tisch: »Sind von gestern noch Nudeln da?«
»Warum?«
»Ich esse nämlich gern Nudeln!«
»Ja, aber nicht morgens!«
Er begnügte sich dann doch mit Müsli und ließ sich, abwechselnd kauend und gähnend, in seine bevorstehenden Pflichten einweisen. »Weißt du zufällig, wo in Stuttgart die Silberburgstraße ist?«
»Nein!«
»Weißt du wenigstens, wo der Hauptbahnhof ist?«
»Ja, da bin ich mal aus’m Zug gestiegen.«
»Und dann?«
»Bin ich mit der Straßenbahn weitergefahren.«
Bevor erneut eine Debatte über die vom Vater angezweifelte, vom Sohn jedoch als dringend notwendig bezeichnete und sündhaft teure Installation einer GPS -Anlage ausbrechen würde, suchte und fand ich sogar noch einen Faltplan der Stuttgarter Innenstadt, reichlich zerfleddert und nicht mehr ganz aktuell, aber besser als gar nichts, und dann zogen die beiden Fernfahrer ab. Ich hörte aber noch Rolfs an seinen gähnenden Sohn gerichtetes »Vorhin habe ich in der Zeitung gelesen, dass mindestens zehn Prozent der Bevölkerung morgens mit Schwung und Energie aus dem Bett steigen.«
Darauf Sven: »Kann ja sein, aber das sind bestimmt diejenigen, die vergessen haben, den Wecker zu stellen.«
Ich hatte gerade den Tisch abgeräumt und die Spülmaschine gefüttert, als es läutete. Zweimal lang, zweimal kurz – Klingelzeichen von Frau Hollweg. Sie hat zwar einen Schlüssel, benutzt ihn aber nur, falls niemand zu Hause ist. »Ick find’s schöner,
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