Geht das denn schon wieder los?
Passende dabei sein müsste. Vielleicht sogar was zum Trockenbaden.
Als ich zum ersten Mal Zeuge von Tims abendlichem Bad war – es fand immer dienstags und freitags statt –, glaubte ich im ersten Moment, Nicki würde ihren Sohn ertränken. Moderne Babys baden nämlich nicht mehr in einer kleinen bunten Wanne in Gesellschaft von Quietsche-Ente und Plastikfisch, sondern in einem speziellen, rundum gefütterten Eimer mit geringer Bewegungsfreiheit, der nach ein paar Monaten schon ausgedient hat und dann so lange im Bad herumsteht, bis man ihn verschenkt oder im Internet versteigert hat.
Der in diesem Behältnis minutenlang gewässerte Säugling wird in ein Badetuch gehüllt – zumindest
das
hat sich nicht geändert – und zum Wickeltisch gebracht, wo der darüber befindliche Heizstrahler Wärme spendet. Die abblendbare Lampe sorgt für gedämpftes Licht, und eine Spieluhr, deren Strippe zum Aufziehen das Kind allerdings noch nicht selbst betätigen kann, sorgt für Musik. Man kann ja nicht früh genug anfangen, eventuell vorhandene Talente zu fördern. Die Melodie kannte ich aber nicht, offenbar sind auch die früheren Kinderlieder unmodern geworden.
Angesichts all dieser neuen Errungenschaften erscheint es mir heute rätselhaft, wie meine fünf Nachkommen überhaupt die ersten Monate ihres Daseins überlebt haben. Sie wurden doch tatsächlich jeden Tag gebadet und das in einer zusammenklappbaren Plastikwanne mit viel Wasser drin, von dem hinterher dank genussvollem Strampeln ein Drittel gleichmäßig über Fußboden und mir verteilt war. Statt Wärmelampe wie zum Eierausbrüten in Hühnerfarmen gab es nur ein weiches Frottiertuch, und in den Besitz einer Spieluhr mit relativ geringer Lebensdauer war nur Stefanie gekommen, als sie zwei Jahre alt wurde und das teure Ding wenige Tage später im Abfluss der Toilette versenkte. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, und selbst heute noch liegen zwischen ihren Musik- CD s und meinen eigenen ganze Welten!
Nun kann niemand etwas vermissen, was er nicht kennt, also fühlte sich Tim offensichtlich auch in seinem Eimer recht wohl, und strampeln durfte er auf dem Wickeltisch, den beschien ja seine ganz private Sonne.
Nachdem ich in Dubai auf die gelben Rüschen verzichtet und auch später in der Insel-Boutique nichts Geeignetes für Tim gefunden hatte, denn für ein T-Shirt Größe hundertvier mit einem Hai vorne drauf (alternativ im Angebot auch Schwertfisch oder Barracuda) erschien mir mein Enkel denn doch noch etwas zu klein, hatte ich ihm ein transportsicher verpacktes Mobile aus lauter bunten Fischlein mitgebracht, das allerdings erst auseinander gefieselt werden musste. Ich delegierte die Arbeit an Sven, der schon als Kind eine unendliche Geduld an den Tag gelegt hatte, wenn aufgrund falsch berechneter Statik der Legoturm zum fünfzehnten Mal in sich zusammengefallen war und ein weiteres Mal aufgebaut werden musste.
»Kannst du das nachher entheddern? Natürlich erst, wenn du gefrühstückt hast. Aber zunächst kümmerst du dich um meinen Computer, ja? Der lässt mich nämlich nicht an die Mailbox. Und der Toaster spinnt auch, ich weiß nicht, warum, aber könnte es sein, dass dein Vater ihn zum Trocknen von Kunststoffplättchen gebraucht hat? Jedenfalls lag noch eins drin, und der Wäschetrockner gibt ganz komische Töne von sich. – Ach ja, die Klappe vom Briefkasten klemmt, ich hab sie vorhin kaum aufgekriegt. Übrigens ist Uschis Karte von Ansbach nach hier volle vier Tage unterwegs gewesen! Das hätte ein Postreiter schon vor zweihundert Jahren in der halben Zeit geschafft!«
»Vielleicht liegt die Verspätung daran, dass die Pferde inzwischen älter geworden sind!«, vermutete Sven, duckte sich und fing geschickt den Gartenkatalog auf, den ich ihm gerade an den Kopf werfen wollte. »Was soll ich damit? Seitdem die Brennnessel als äußerst wirksames Heilkraut von der Ausrottung durch Gesundheitsfanatiker und unter Haarausfall leidender Männer bedroht ist, von weiteren noch nicht entdeckten Verwendungsmöglichkeiten gar nicht zu reden, haben Paps und ich beschlossen, im Garten Brennnesselbeete anzulegen. Sie sind preiswert in der Anschaffung und absolut wartungsfrei!«
»Raus!«
»Sofort, wenn du mir deine Autoschlüssel gibst. Bei mir ist der Tank leer.«
»Wie bist du dann überhaupt hergekommen?«
»Mit dem letzten Tropfen. Aber bis zur nächsten Tankstelle reicht er noch!«
Natürlich wohnt Sven nicht mehr zu Hause, aber
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