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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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zweihundertfünfzehn. Nicht schlecht.
     
    Als alles im riesigen Caddykofferraum verschwand, fuhr ich wieder nach Pismo. Im Sender war Aufruhr – Curtie hatte angerufen und mitten im Gespräch aufgelegt. Das war höchst ungewöhnlich, zumal er gerade der hübschen Florence einen recht seltsamen Text in die Maschine diktierte. Das Blatt steckte noch drin; ich ging rüber und las. Verhaltensmaßregeln für den Fall seines Fernbleibens.
    Er wies darauf hin, dass sein Kanzleipartner Shelley Macarthur bevollmächtigt sei, die Geschäfte zu führen, und hatte gerade begonnen, die Tagesroutine unter den Angestellten zu verteilen, als die Leitung plötzlich tot war. Er habe vom Mobiltelefon aus angerufen, erzählte die aufgelöste Florence, so wie er´s oft tat. Sie hat ein Telefon, das die Nummer des Anrufers anzeigt, also ist sie immer informiert, wer von wo aus telefoniert und kann entscheiden, ob sie abnehmen will oder lieber den Anrufbeantworter einschaltet.
    Allerdings war Curtie nicht in irgendeinem fremden Bett, sondern über Motorenlärm kaum zu verstehen. Sie hatte deshalb den Rekorder eingeschaltet, damit sie den Text mit Curts Diktat vergleichen konnte.
    „Kann ich mal reinhören?“
    „Natürlich,“ nickte sie und schaltete das Band ein. Curtie war eindeutig auf seinem Motorboot und ließ ordentlich laufen. Der Volvo-Penta kreischte mit hoher, gleichbleibender Drehzahl, der Bootskörper knallte klatschend in die Wellen, und Curtchen musste ganz fleißig in die Sprechmuschel brüllen, um gehört zu werden.
    „...klar kannst du einschalten,“ hörte ich, „und jetzt aufpassen! Ich wiederhole, was ich dir bisher diktiert habe. Wenn ich in nächster Zeit nicht auftauche, veranlasst du Folgendes.“ Er hörte sich an wie schon im Restaurant und auf dem Pier – gehetzt. Aber da war noch etwas. Dringender, endgültiger schien es, als laufe die Zeit aus, als verrinne der Sand vor seinen Augen.
    Er tat mir schon wieder leid. Und dann war Ruhe. Aber in der Zehntelsekunde des Unterbrechens war noch ein Klicken zu hören. Ich ließ das Band zurücklaufen und spielte die letzten paar Sekunden noch mal. Nicht auszumachen, was es war, aber irgendein metallisches Geräusch war da.
    „Wo ist der süße Dickie?“ Der könnte vielleicht das Geräusch bestimmen. Florence rief seine Werkstatt an, im Keller des Hotels. Da war er tatsächlich.
    Dickie kam hoch, hörte ein paarmal das Band ab, aber er konnte auch nichts erkennen.
    „Ich spiele es übers Schnittprogramm ab.“
    Florence und ich folgten ihm in sein fensterloses Kabuff. Er legte das Band ein, drehte seinen Computer auf und digitalisierte erst mal den Bandinhalt. Dann machte er einen Ausschnitt der letzten drei oder vier Sekunden, vergrößerte das Audiodiagramm auf die gesamte Monitorhöhe und spielte den Ton ab. Curt, Motor und See – und ein steiler Haken zeigte, dass die Zunahme der Lautstärke tatsächlich eine äußere Ursache hatte.
    Ingenieur Dickie konzentrierte sich nun ganz auf die steil nach oben strebende Diagrammlinie. Erst puhlte Dickie, über dessen Fähigkeit ich echt staunte, die Stimme seines Herrn weg – dann kamen die Frequenzen des Meeres, des Motors und des Fahrtwindes dran. Das ging wie Banane schälen.
     
    In der resultierenden Stille hörte man eindeutig Gewehrfeuer – ein Klicken, den Beginn einer Explosion, ein schlagartig einsetzender Knall, der unvermittelt abgeschnitten wurde. Dickie spielte das Geschehen in Zeitlupe ab – da war das Klicken, das sich nun wie ein Paukenschlag anhörte, eine kurze Stille, dann ein Knistern und ein Wummern, das die gewaltigen Lautsprecher im Keller zu sprengen drohte. Und Nichts. „Totes Telefon“, sprach Dickie in die erschrockene Stille hinein. „Nicht aufgelegt oder ausgeschaltet. Kein Geräusch, kein elektronischer Schatten. Nichts. Tot.“ Er sah genauso entsetzt aus wie Florence. Und wie ich, vermutlich.
     
    „Ruf die Bullen an, Süße, oder besser noch die Küstenwache. Und sage ihnen, dass Curtie vermutlich von der Jacht gefallen ist. Sollen sich beeilen. Ich war noch kurz vor zwölf mit ihm in Avila, und dann ist er ab, vermutlich zurück nach Pismo, und ich nach Slotown.“
    Florence war nicht glücklich. Ihr Arbeitstag endet am Sonnabend um Mittag, und hier war sie immer noch, um halb vier. Wenn sie jetzt noch die Bullen anrufen musste, war ihr Wochenende im Arsch. Das wusste sie, aber sie wusste nicht, wie sie sich mit Anstand aus der Affäre ziehen konnte. Sie rief an, während

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