Geisel der Leidenschaft
dem Piraten Thomas de Longueville zu sprechen, nachdem er seinen Frieden mit dem König geschlossen hat.«
»Warum?«, fragte Alain de Lacville misstrauisch. »Hat er Eleanor irgendetwas zuleide getan?«
»Nein, Sir.« In knappen Worten wiederholte Brendan, was er von dem Piraten erfahren hatte.
Verwundert schüttelte de Lacville den Kopf. »Von Eleanors Verschwinden würde nur ihr Vetter profitieren, Alfred of Clarin. Aber da er ihrem Vater vor seinem Tod versprochen hatte, sie standesgemäß zu verheiraten, trat er an mich heran. Schon damals, als ich die kleine Eleanor auf meinem Schoß hielt, war ich ein alter Mann. Sicher würde sie sich einen anderen Gemahl wünschen. Trotzdem will sie tun, was die Situation erfordert, und ich bin bereit, ihr Schutz und Sicherheit zu bieten.«
»Sie ist eine schöne Frau, Sir, und Euch treu ergeben«, hörte Brendan sich antworten.
»Uns beiden habt Ihr einen großen Dienst erwiesen.«
Unfähig, de Lacvilles Blick zu erwidern, beteuerte Brendan: »Wann immer ich Euch dienen kann, könnt Ihr mit mir rechnen.«
»Bald werde ich mit der Countess nach England zurückkehren und herausfinden, wer sie bedroht.«
»Dann bin ich beruhigt, Sir. In Eurer Obhut wird ihr nichts zustoßen.«
Als Eleanor den französischen König kennen lernte, verstand sie, warum man ihn Philipp den Schönen nannte. Zweifellos war er ein sehr attraktiver Mann. Er empfing sie in seinen Privatgemächern, mit seiner Frau Jeanne und seinen Kindern, und sie wurde der jungen Isabelle vorgestellt, der Braut des englischen Thronfolgers. Auch mit Louis wurde sie bekannt gemacht, dem Erben von Frankreich, und seinen Brüdern Philipp und Charles.
Freundlich hieß Königin Jeanne die junge Engländerin willkommen und erklärte ihr, wie hoch Comte de Lacville von der königlichen Familie geschätzt wurde. Dann wollte sie hören, was ihr Gast auf hoher See erlebt hatte, und Eleanor schilderte die Ereignisse. »Inzwischen glaube ich, der Pirat wurde von einem Schotten beauftragt, mich verschwinden zu lassen - vielleicht von einem Mann, der einen Verwandten auf dem Schlachtfeld bei Falkirk verloren hat.«
»Ja, das wäre möglich«, meinte Jeanne.
»Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
»Trotzdem wurdet Ihr von Schotten gerettet.«
»Im Krieg verfolgen uns gesichtslose Feinde«, antwortete Eleanor zögernd. »Wir hassen Menschen, die wir gar nicht kennen. Wenn wir jemandem gegenüberstehen und sein Gesicht sehen, fällt es uns viel schwerer, ihn zu verabscheuen. Gewiss, die Schotten haben mich gerettet - um den Lohn zu erhalten, den der Pirat beansprucht hätte.«
»So ist es nun mal auf dieser Welt, meine Liebe. Aber nun hat alles ein gutes Ende genommen. Ihr seid hier
bei uns. Bald werdet Ihr den Comte heiraten, einen mächtigen Mann, und Euer unbekannter Gegner wird es nicht mehr wagen, Euch anzugreifen.«
»Wohl kaum«, stimmte Eleanor zu.
An diesem Abend dinierte sie mit Alain. Er hatte eine Mahlzeit bestellt, die in Eleanors Suite serviert wurde. Eine Zeit lang versuchte sie, belanglose Konversation zu machen, bis er sie unterbrach. »Möchtest du mich wirklich heiraten, meine Liebe?«
Bestürzt hielt sie den Atem an. »O ja.«
»Heute hat mich Brendan of Graham besucht, ein höchst ehrenwerter junger Mann.«
»Für einen Feind - vielleicht.«
»Ist er immer noch dein Feind?«
»Er ist ein Schotte. Clarin wurde verwüstet, Männer verbrannten ...«
»Auf seinen Befehl?«
»Nein.«
»Weißt du, was die Engländer taten? In Berwick beendete Edward das Gemetzel erst, nachdem seine Soldaten eine schwangere Frau erstochen hatten.«
Sie legte ihre Gabel beiseite. Plötzlich war ihr der Appetit vergangen.
Mit schmalen Augen beobachtete Alain ihre Miene. »Brendan scheint dich zu mögen.«
»Vor allem liebt er Schottland.«
»Gewiss. Und was empfindest du für ihn?«
Verräterische Röte stieg ihr in die Wangen, und sie fragte sich, was Brendan ihrem Verlobten erzählt haben mochte. Natürlich nichts. Ob sie ein Geständnis ablegen wollte oder nicht - diese Entscheidung würde er ihr überlassen. »Er ist ein Schotte.«
»Mehr gibt es nicht zu sagen?«
»Nein.«
»Wie du weißt, bin ich ein alter Mann.«
»Ungefähr so alt wie König Edward, der die 16-jährige Schwester des französischen Königs geheiratet hat.«
»Leider befinde ich mich nicht in so guter körperlicher Verfassung wie der englische König.«
»Bitte, sprich nicht so!«
»Ich will dich nur warnen, Lady. Einen
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