Geisel der Leidenschaft
zu trinken. Zudem musste er mit seinen Gedanken allein sein - mit seinem Zorn gegen die Frau, die er retten wollte. Das Kind - ihre Beziehung zu Alain de Lacville ... Hatte Isobel die Wahrheit gesagt? »Nein, danke, Sir, ich möchte mich in die Kirche begeben und beten. Außerdem bin ich erschöpft.«
Die Stirn gerunzelt, bemerkte Isobel: »Ihr seid nicht der Priester, der zuvor hier war.«
»Nun, wir dachten, ein anderer Beichtvater würde der Lady vielleicht ein Geständnis entlocken.«
»Ist Euch das gelungen?«, fragte Corbin.
»Nein, Sir. Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet - ich werde Euch alle in meine Gebete einschließen.« Segnend hielt Brendan eine Hand über Isobels Kopf. »Möge der Herr Euch schützen, Madam.«
»Amen«, murmelte sie.
»Und Euch vor dem Fegefeuer bewahren, wo die Sünder schmoren, die zu viel geredet und zu voreilig geurteilt haben - wo bösartige Lästermäuler Buße tun.«
Ehe sie antworten konnte, eilte er davon.
Er kehrte ins Pfarrhaus zurück, zu seinen Männern. In dieser Umgebung wagten sie die englischen Rüstungen abzulegen. Mit bestem Appetit genossen sie Vater Gilleans köstliche Speisen. Der Geistliche hatte erklärt, sie müssten ihn fesseln, ebenso wie den anderen Mann, den aggressiven Priester des Grafschaftsrichters. Falls die Schotten entlarvt würden, dürften Fitzgeralds Männer nicht den Eindruck gewinnen, er hätte ihnen geholfen.
Doch das hatte er inzwischen offenbar vergessen. Er saß an einem kleinen Tisch im Hintergrund des Zimmers und spielte Schach mit Hagar, der dieses Spiel erstaunlich gut beherrschte. Eifrig sprach der Schotte dem Wein zu. Hin und wieder fluchte er leise.
Thomas de Longueville hatte zusammen mit Gregory gekocht, auf dessen Vorschlag Brendan als Priester verkleidet ins Schloss gegangen war. Jetzt servierte de Longueville die Mahlzeit und verkündete, die Schotten seien verwilderte Banausen, die von Beeren und rohem Fleisch lebten und wahre kulinarische Freuden gar nicht kannten.
Womit der Franzose den Eintopf gewürzt hatte, wusste Brendan nicht. Jedenfalls schmeckte das Essen ausgezeichnet. Heißhungrig verschlang er seine Portion, dann bemerkte er Erics neugierigen Blick.
»Bist du problemlos zu Lady Eleanor gelangt?«
»Aye, ich stieg die Treppe hinauf und betrat ihr Zimmer.«
»Und?«
»Da wollte sie gerade durchs Fenster klettern.«
Eric lachte schallend. »Also hat sie versucht, aus eigener Kraft zu fliehen.«
»Offensichtlich. Dann erklärte ich, sie würde sich den Hals brechen, und sie besann sich anders. Nun will sie sich vor Gericht verteidigen.«
»Wird sie uns morgen verraten? Mein Leben riskiere ich nur, wenn sich die Countess an unsere Spielregeln hält.«
»Natürlich wird sie uns nicht verraten«, stieß Brendan erbost hervor.
»Warum ärgerst du dich trotzdem?«
»Es geht um eine Privatangelegenheit zwischen ihr und mir. Vater Gillean!«
»Aye, mein Sohn?«
»War sie schon immer so eigensinnig?«
»Wie ein Maultier«, lautete die Antwort. Alle brachen in Gelächter aus und der Priester unterbrach seine Schachpartie. Seufzend setzte er sich zu Brendan an den Tisch. »Und stets loyal. Allein schon deshalb hat sie den Comte nicht getötet. Was in meiner Macht steht, um Euch zu helfen, werde ich tun - obwohl ich Engländer bin und bleibe. Aber als Erstes muss ich mich vor dem Allmächtigen verantworten, erst danach vor dem König. Glücklicherweise waren sich die beiden bisher immer einig. Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet -ich muss diesen hünenhaften Heiden auf dem Schachbrett schlagen.«
In ihren Rüstungen, die Visiere heruntergeklappt, saßen Brendan und seine Gefährten auf den Pferden und warteten. Miles Fitzgerald führte Eleanor aus dem Schloss. Für die Reise hatte sie einen warmen, mit Pelz besetzten Umhang gewählt. Ihr Haar war zu einem Zopf geflochten und am Oberkopf festgesteckt. Darüber trug sie einen kleinen Schleier. Hoch erhobenen Hauptes ging sie durch das Tor der inneren Mauer. Wie Brendan irritiert feststellte, hatte Corbin of Clarin tatsächlich beschlossen, seine Kusine zu begleiten.
Vor Fitzgeralds Kontingent blieb sie stehen. Die zwölf Reiter waren bewaffnet, hatten aber keine Rüstungen angelegt. Ringsum hatten sich zahlreiche Dorfbewohner versammelt. Eine überreife Birne traf Fitzgeralds Gesicht. Fluchend griff er nach seinem Schwert und die Männer folgten seinem Beispiel.
»Bitte!« Besänftigend legte Eleanor eine Hand auf Fitzgeralds Arm. Dann rief sie
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