Geister-Dämmerung
einen anderen Farbton an.
Sie wurden aschgrau. Dabei fanden sie keinen Halt mehr, knickten weg und wurden zu Staub, den man wegblasen konnte. Noch einmal versuchte die Bestie, den Kopf zu heben. Sie lag bereits im Sterben, deshalb fiel ihr dies so schwer.
Mandra konnte einen letzten Blick auf die gelben Raubtieraugen erhaschen, über die sich allmählich ein Schleier zog. Sie brachen und wirkten so, als würden sie wie Glaskugeln aus den Höhlen purzeln, dann fiel der Schädel wieder zurück, und diesmal konnte er dem Aufprall nichts mehr entgegenstemmen.
Er zerbrach…
Asche, Knochen und Staub und ein normaler Menschenkörper, verdeckt durch die zerrissene Kleidung, blieben zurück. Eine bleiche, gefrorene und wieder aufgetaute Haut, die einen bläulichen Schimmer bekommen hatte.
Mandra ging auf den Besiegten zu, bückte sich und nahm den Dolch wieder an sich. Kommentarlos steckte er ihn ein und wollte sich umdrehen, als er den Schrei des Professors hörte. Korab ahnte, was er zu bedeuten hatte. Und er sah das Grauen mit eigenen Augen.
Die beiden Mitarbeiter des Wissenschaftlers waren von dem Werpanther gebissen worden, und nun erfüllte sich dieser furchtbare magische Fluch bei ihnen. Sie verwandelten sich zu Monstren. Aus der Haut des Gesichts sprossen Haare, die in Sekundenschnelle so dicht waren wie die Borsten eines Rasierpinsels. Glatt und schwarz wuchsen sie auf der Haut. Und die Pupillen verfärbten sich ebenfalls, sie verwandelten sich in gelbe Laternen, die im Schwarz des Fells kalt blinkten. Dehbril verließ seinen Platz an der Tür. Er schüttelte den Kopf. Für ihn war dieser furchtbare Vorgang nicht zu fassen. Stockende Worte drangen aus seinem Mund. Er rief die Namen seiner beiden Assistenten und vernahm als Antwort nur ein böses Knurren und Fauchen. Mandra hatte den zweiten Dolch gezogen. Der eine lag in der rechten, der andere in der linken Hand. Diese Waffen wurden von dem Inder meisterhaft beherrscht. Er konnte mit der linken Hand ebenso gut werfen wie mit der rechten. Ziele konnte er somit zur gleichen Zeit treffen.
»Geh zurück!« fuhr Mandra seinen Freund an, als dieser sich zu nahe an die beiden heranwagte. »Aber ich…«
»Weg!« Jetzt klang die Stimme des indischen Geisterjägers scharf und hart. Der Professor verstand. Er zog sich Schritt für Schritt in Richtung Tür zurück, während die beiden Gestalten sich in Werpanther verwandelt hatten und auf die Füße kamen.
Dort, wo die Zähne des ersten getroffen hatten, zeigten die weißen Kittel einen Blutfilm, der innerhalb des Stoffes versickert war. Auch über die Hände war der rote Lebenssaft geronnen. Mandra sah es, als ihm die Arme entgegengestreckt wurden. Er fixierte beide. Sie wollten ihn in die Zange nehmen und kamen aus zwei verschiedenen Richtungen.
Der Inder nahm Maß. Er hatte vor, die beiden Dolche zur gleichen Zeit zu schleudern. Auch wenn die Ziele nicht beisammen standen, traute er sich die Treffer ohne weiteres zu.
Seine hocherhobenen Arme rasten nach unten. Wie Raketen verließen die Dolche seine Hände. Der eine wischte nach links weg, der andere fast in die entgegengesetzte Richtung. Und sie trafen beide. Hart schlugen sie in die Körper der mutierten Gestalten. Gleichzeitig durchlief die Werpanther ein Zittern. Sie warfen die Raubtierschädel in den Nacken, rissen die Mäuler weit auf, und ein furchtbares Heulen drang daraus hervor.
So etwas Schauriges hatte dieser Raum noch nie erlebt. Die hohen, manchmal schrillen Töne wetterten zwischen den vier Wänden. Es waren Laute der Angst, das Wissen um ein Sterben, das nicht mehr aufzuhalten war.
Sie brachen zusammen. Und Mandra schaute zu.
Auch sein Freund, der Professor. Dehbril hatte den Blick abwenden wollen, das konnte er einfach nicht. Er wurde innerlich gezwungen, mit anzusehen, wie seine beiden Assistenten, die vor einer Stunde noch normale Menschen gewesen waren, tot zu Boden sanken und auch dort liegen blieben, aber nicht mehr als Bestien, die allmählich verfaulten, sondern als Wesen, die man als erlöst bezeichnen konnte. Der Tierkopf verschwand. Die Haare fielen aus, darunter zeichnete sich die Haut ab. Eine bleiche, graue Haut, aber über ein menschliches Gesicht gezogen. Beide zeigten einen erlösten Ausdruck. Mandra nahm die Dolche wieder an sich. Sein Gesicht war unbewegt. Auch das Feuer in seinen Augen hatte sich wieder zurückgezogen. Er drehte sich um, steckte die Waffe weg, wobei er mit einer entschuldigend wirkenden Geste die Schultern
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