Geisterblues
diesen Anhänger anvertraut hatte … hmm. Unauffällig hängte ich die Kette über eine Stuhllehne.
»Nein, und ich bin es leid, dass ihr mir deswegen zusetzt. Ist es nicht schon schlimm genug, dass der Gebieter mich ungerechterweise bestraft«, schimpfte Tibolt und guckte mich verdrossen an. Meine Knie wurden weich wie Pudding bei seinem Anblick – selbst wenn er wütend war, sah er unfassbar hinreißend aus. Ich wollte zu ihm rennen und mich ihm an den Hals werfen … pfui Spinne! Hastig grapschte ich mir den Anhänger und seufzte vor Erleichterung, als Tibolts Reize sich wieder auf normal einpendelten.
Ganz bestimmt hatte er irgendeinen Glamour um sich gewoben, um unwiderstehlich zu sein. Ich fragte mich, ob das die Beschwörung meiner Mutter beeinflusst hatte, oder war es der Valknut, der ihre Konzentration gestört hatte?
»Du wirst für deine eigene Torheit bestraft«, sagte Mikaela, deren finstere Miene der ihres Cousins in nichts nachstand. »Du kannst niemandem als dir selbst die Schuld an dem geben, was passiert ist. Es Loki oder sonst irgendwem in die Schuhe zu schieben ist pure Verleugnung.«
»Das weiß ich, du dumme Hexe!«
Mikaela schnappte nach Luft. Ramon stand auf und blaffte: »Wage es nicht, so mit ihr zu sprechen!«
»Sag mir nicht, was ich zu tun habe!«, brüllte Tibolt und baute sich drohend vor Ramon auf. »Ich spreche mit ihr, wie es mir passt!«
»Ähm«, meldete ich mich unbehaglich zu Wort. Ich hatte das mulmige Gefühl, dass ich indirekt die Ursache des Streits war – besser gesagt, der Valknut – und es angebracht wäre, mich zu verkrümeln. Ich versuchte, an den beiden Männern vorbeizuschlüpfen, aber sie blockierten den Weg zur Tür. »Ich denke, ich sollte jetzt besser gehen. Wenn ihr so freundlich wärt, mich vorbeizulassen …«
»Du kannst von Glück reden, dass ich eine Priesterin bin und keine Hexe, wie du mich nennst, denn wenn ich das wäre, würde ich deinen Arsch verfluchen!«, wetterte Mikaela und stach Tibolt den Finger in die Brust. Sie beachtete mich ebenso wenig wie die beiden Männer.
»Du hast keine Macht über mich.« Tibolt starrte sie mit schmalen Augen an. »Ich bin ein Druide der fünften Stufe.«
»Und ich bin die Hohepriesterin von Ashtar«, blaffte sie zurück und versetzte ihm einen weiteren Fingerstich. »Deine Magie kann mir nichts anhaben.«
»Ähm, Leute? Dürfte ich bitte vorbei?«, haspelte ich.
»Ich würde meine Magie nicht auf eine Ignorantin wie dich verschwenden.« Tibolt knallte seinen Drink auf den Tisch und marschierte zur Tür. Bei seinen beleidigenden Worten entrang sich Mikaela ein weiteres Keuchen.
»Tibolt –«, setzte Ramon an, bevor er den Rest verschluckte, weil Tibolt etwas auf Schwedisch zischte, die Tür aufriss und aus dem Wohnmobil stürmte.
»Oje, das tut mir leid«, murmelte ich, als ich mir die Kette wieder umhängte und mich an der empört dreinblickenden Mikaela vorbeipirschte. »Wir sehen uns später.«
Sie murmelte ein paar Worte auf Schwedisch, bevor sie mich plötzlich zurückrief. »Nein, Fran, warte! Ich werde dir bei den Geistern helfen.«
»Echt?« Zögernd, weil ich nicht noch mehr Probleme verursachen wollte, stieg ich wieder in das Wohnmobil.
»Tibolt ist nicht der Einzige in der Familie mit magischen Fähigkeiten, und da er, obwohl er das Ganze verschuldet hat, sich weigert, dir zu helfen, werde ich es tun.« Sie schaute zu ihrem Mann, der zustimmend nickte. »Zusammen mit Ramon. Wir werden dir helfen, die Geister nach Walhall zu schicken.«
»Das ist furchtbar nett von euch.« Ich betastete den Valknut. »Aber wie wollen wir das anstellen?«
»Es ist ganz einfach«, antwortete sie und drängte sich an mir vorbei aus dem Wohnmobil. Ramon und ich folgten ihr. »Du hast doch bestimmt schon mal von den Walküren gehört, oder?«
»Ja«, bestätigte ich, obwohl ich mich nicht gerade als Expertin auf dem Gebiet der nordischen Mythologie bezeichnen würde. »Ben hat mir neulich abends erzählt, dass es sich um jungfräuliche Kriegerinnen handelt, die auf wilden Rössern über die Schlachtfelder jagen und gefallene Krieger in ein Totenreich namens Walhall geleiten.«
»Das bringt es ganz gut auf den Punkt. Die Königin der Walküren ist Freya, die Göttin der Liebe.«
»Wirklich?« Ich wunderte mich, was eine Liebesgöttin mit toten Wikingern zu schaffen haben könnte.
»Ja. Und genau das ist unsere Lösung.« Sie rannte die Stufen zu ihrem eigenen Wohnmobil hoch, bevor sie Sekunden später mit
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