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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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gar nichts hören. Dann, als der Ozean verklang, vernahm ich endlich seine Stimme: »Geht es dir gut?« Die Geräuschkulisse war ohrenbetäubend.
    »Alles in Ordnung. Ich war nur überrascht«, sagte ich und unterdrückte damit Entsetzen, Schuldbewusstsein, Traurigkeit, Kummer, Trauer, Mitgefühl, Verwirrung und ein flüchtiges Bedauern, weil ich in der Nacht zuvor nicht einfach verschwunden war.
    »Gut«, sagte er, was vermutlich auch eine sehr knappe Zusammenfassung seiner Gefühle war.
    Dann tauchte Onkel Thom auf und sagte zu Althea: »Arthur wartet im Wagen.«
    Sie sah auf einmal wie ein schmollendes Kind aus. »Wir sind doch gerade erst gekommen.« Onkel Thom blieb ungerührt, worauf sie sich seufzend erhob. »Na schön.« Ihr Blick schweifte über die Gruppe und blieb an mir hängen. »Sa… du. Du kommst mit mir.« Mir schien, sie konnte sich nicht an meinen Namen erinnern, verbarg es aber geschickt.
    Ich wandte mich an Grant. »Ich weiß, wir wollten eigentlich zusammen gehen, aber …« Noch bevor ich zu Ende gesprochen hatte, sagte er: »Ich verstehe.« Dann folgte ich Onkel Thom und Althea auf den Parkplatz. Ich war froh hinauszukommen.
    Als Arthur vom Tennisclub wegfuhr, verkündete Althea, wir würden Gin spielen und teilte
die Karten aus, aber ich konnte mich kaum konzentrieren.
Wäre es besser gewesen, wenn ich Colin nicht gesagt hätte, dass ich Eve Brightman bin? Wenn ich ihn in dem Glauben gelassen hätte, ich sei dieselbe Aurora, die ihn verlassen hatte? Wenn ich mich mit der Amnesie herausgeredet hätte, den unerträglichen Zweifeln, dem Gefühl, seiner nicht wert zu sein? Wenn ich ihm erzählt hätte, was an dem Tag ihres Verschwindens mit Stuart passiert war?
    Wer war für Stuarts Hände verantwortlich?
    Ich sah zu Althea und stellte fest, dass sie mich eindringlich musterte. Ihr Gesicht zeigte große Sorge. Sie presste die Lippen aufeinander. »Sadie, es tut mir leid, dass ich Aurora keine gute Großmutter war.«
    Ich sah, wie Arthur auf dem Fahrersitz erstarrte, und warf ihr einen beruhigenden Blick zu. »Ich bin mir sicher, du hast dein Bestes getan.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe versagt. Sie hat mich gehasst. Sie hat mich gehasst und ist weggelaufen.«
    »Sie hat dich nicht gehasst«, sagte ich, nahm ihr die Karten ab und ergriff ihre Hand. »Vermutlich war sie nur verwirrt.«
    »Es war, weil ich sie belogen hatte. Trotzdem war es auch deine Schuld. Du hast uns hintergangen. Uns alle.«
    »Wieso?«
    »Wir haben dir alle Hilfe gegeben, dich in die beste Klinik gebracht.« Ihre Stimme verklang, sie war auf einmal ganz weit weg.
    »Das weiß ich doch. Ihr habt alles für mich getan.«
    »Alles«, wiederholte Althea. »Jedes Jahr an deinem Geburtstag und an Weihnachten habe ich dir eine Taschenuhr geschenkt, so wie du es wolltest. Jedes Jahr. Dreißig Kilo an Uhren.«
    »Eine stattliche Sammlung«, sagte ich unverbindlich, weil ich nicht wusste, worauf sie hinauswollte.
    »Gerade genug«, murmelte Althea und umklammerte mit ihrer knorrigen Hand die meine.
    »Genug wofür?«
    Sie antwortete ausweichend. »Ich habe ihr gesagt, du seist bei einem Unfall gestorben, als du auf dem Weg zu ihr warst. Das habe ich Aurora erzählt, weil es besser für sie war. Ich dachte, sie könnte akzeptieren, dass du bei ihrer Abschlusszeremonie dabei sein wolltest und versehentlich von der Straße abgekommen bist. Sie hat dich auch vermisst.«
    »Aber so ist es nicht passiert.«
    »Natürlich nicht. Das weißt du doch. Dreißig Kilo. Gerade genug, um deinen Körper auf den Boden des Sees zu ziehen und dort zu halten. Du hast dir dabei von mir helfen lassen.«
    Jetzt ruhten ihre Augen auf mir und sahen mich, aber nicht mich, und die Traurigkeit und das Entsetzen in ihren Augen waren unerträglich. »Ich habe es gut gemeint. Das verstehst du doch, oder? Ich dachte, es wäre besser als die Wahrheit, aber es war schlimmer. Viel schlimmer.«
    Sie schüttelte den Kopf. Seit Beginn der Fahrt schien sie um zehn Jahre gealtert – ihr
Gesicht war bleich, die Wangen wirkten eingefallen. Sie holte lang und zitternd Luft. »Aus
irgendeinem Grund … aus irgendeinem Grund hat Aurora sich die Schuld an dem Unfall gegeben. Und als ich ihr endlich die Wahrheit gesagt habe, gab sie mir die Schuld. Sie sagte, ich hätte dich vertrieben.« Tränen liefen lautlos über ihre Wangen, aber sie schien sie nicht zu bemerken. »Dass ich
dich
vertrieben hätte. Dabei bist du doch gegangen.
Du
bist weggelaufen. Ich wollte ihr

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