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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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der Fragen, die man nicht ehrlich beantworten kann. »Ich will nicht, dass du dich verpflichtet fühlst.«
    Sie schob ihre Ärmel hoch und eine Haarsträhne hinters Ohr. »In einer Sekunde bin ich wieder weg. Ich bin nur herübergekommen, um mich zu entschuldigen. Für Colins Benehmen.«
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.« Ich pustete auf meinen Tee. »Er war wütend.«
    »Er ist jähzornig«, sagte sie und saß gebeugt da, die Hände auf dem Schoß, den Blick ins Leere gerichtet. »Und wie.«
    Grant kam mit dem Tee, einer Sojamilch und drei Stück braunem Zucker zurück. »Wir machen morgen an derselben Stelle weiter, einverstanden? Mittagessen? Um eins?«
    Ich nickte. Er lehnte sich zu mir, und wir küssten uns ungeschickt zwischen Mund und Wange.
    Reggie tat Sojamilch und alle drei Zuckerwürfel in ihren Tee. Echter Zucker, kein Süßstoff wie bei Bridgette. Sie sah Grant hinterher. »Er ist süß. Und er scheint dich zu vergöttern.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Du sprachst eben über Colins Jähzorn.«
    »Er arbeitet daran, aber manchmal kann er sich nicht beherrschen.«
    Ich erinnerte mich, wie er mich in dem ehemaligen Schwimmbad angeknurrt hatte, ein wildes Tier. »Macht dir das nicht manchmal Angst?«
    Sie schüttelte den Kopf, dass ihr glänzender, dunkler Pferdeschwanz hin und her schwang. »Mein Vater war in meiner Kindheit auch jähzornig. Ich weiß, wie ich auf mich aufpasse.« Sie begann unbewusst ihr rechtes Handgelenk zu reiben, auf das ein orangefarbener Schmetterling tätowiert war. Er erinnerte mich an die Kette, die ich gekauft hatte.
    »Es tut mir leid.«
    Ich fühlte mich ihr irgendwie verbunden.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Was willst du machen? Familien sind eben kompliziert.«
    Ich dachte an die Silvertons. Das war stark untertrieben. »Mir gefällt dein Tattoo. Ist das ein Monarchfalter?«
    Sie warf einen Blick darauf, als hätte sie es ganz vergessen. »Ja.« Sie lächelte bei sich. »Ich hab es schon lange und hatte mir damals diese ganze Geschichte ausgedacht, von wegen Symbol für Wiedergeburt. Heute gefällt es mir einfach, weil es hübsch aussieht.«
    »Wusstest du, dass Monarchfalter giftig sind?«
    »Nein.« Sie trank einen Schluck Tee. »Ich hatte keine Ahnung. Hübsch und giftig. Klingt nach den Mädchen, die ich kennengelernt habe, seit ich hier bin.«
    Ich musste unwillkürlich lachen, bedauerte es aber, als mir klar wurde, dass es vermutlich nicht zu Aurora gepasst hätte.
    Das ist egal
, sagte eine Stimme in meinem Kopf. Reggie hatte Aurora nicht gekannt. Vielleicht war sie mir deshalb sympathisch – weil ich mir wegen Aurora keine Sorgen machen musste oder weil wir einiges gemeinsam zu haben schienen.
    Sie stellte ihren Teebecher ab. »Das ist der andere Grund, aus dem ich an deinen Tisch gekommen bin. Ich wollte mich nicht nur entschuldigen, sondern … ich könnte ein paar coole Freundinnen gebrauchen. Und du scheinst cool zu sein. Ich weiß, es ist komisch, weil ich mit deinem Exfreund zusammen bin, aber du kannst ja mal darüber nachdenken.«
    »Ich glaube, das würde Colin nicht gefallen«, sagte ich mit aufrichtigem Bedauern.
    »Schon gut. Ich bin auch nicht so scharf auf einige seiner Freunde.«
    »Okay, ich denke drüber nach.«
    Sie warf einen Blick auf die Uhr und drückte den Deckel auf ihren Becher. »Ich muss los, sonst verpasse ich den Bus. Es war nett, dich zu sehen.« Sie holte Stift und Zettel aus ihrer Handtasche und kritzelte etwas auf das Papier. »Das ist meine Nummer. Ruf an, wenn du was unternehmen willst. Ehrlich. Auch wenn du nur in den Supermarkt musst. Ich möchte nicht verzweifelt klingen, aber ich bin verzweifelt.«
    Ich nahm den Zettel, den sie mir gegeben hatte, und warf einen kurzen Blick darauf.
Gutschein für ein Heißgetränk. Ruf mich an!
Ich steckte ihn ein. Ich bezweifelte, dass ich Zeit dafür finden oder dass Bridgette diese Freundschaft dulden würde, aber die Aussicht, eine Freundin zu haben – eine Verbindung, eine Rettungsleine –, die nichts mit den Silvertons, Liza, Coralee und diesem Teil der Welt zu tun hatte, war verlockend. Und sicher.
    Der Zimtgeruch ihres Tees hing noch in der Luft, als mein Handy klingelte. Ich schaute gar nicht erst aufs Display. Als ich mich meldete, wurde mir klar, dass ich darauf gewartet hatte.
    »Wieso … mich ignoriert?«, fragte Lizas Stimme, als ich mich meldete. Sie klang vorwurfsvoll. »Wer ist … wichtiger?«
    »Ich mag diese Spielchen nicht. Hast du den Unfall

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