Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
Vom Netzwerk:
gepresst.
    »Zweitens: Ich war an dem Abend dort. Auf der Party.«
    Meine Knie gaben unter mir nach. Zu spät begriff ich, was für ein Idiot ich gewesen war. Coralee war die Einzige, die alles hätte bewerkstelligen können – sie hätte während der Séance anrufen können, sie hatte gewusst, wann wir zum Three-Lovers-Point fahren würden, sie hatte gewusst, dass ich mit Colin reden würde, und sie hatte gesehen, wie ich mit meiner Großmutter das Tennisturnier verließ. »Willst du damit sagen, dass du Liza getötet hast?«
    Ihre Hand schoss vor, und sie gab mir eine Ohrfeige. »Wag es nicht.«
    Jetzt war ich wirklich verwirrt. Meine Hand tastete nach meiner Wange. »Ich …«
    »Warum erzählst du mir nicht, was in der Nacht, als sie gestorben ist, am Three-Lovers-Point zwischen euch vorgefallen ist?«
    »Ich war nicht da.«
    »Was hatte dann der Knopf von deinem Mantel da oben zu suchen?«
    Ich runzelte die Stirn. »Woher weißt du davon? Die Polizei hat gesagt …«
    »Ich habe gute Verbindungen. Hör endlich auf, mich hinzuhalten, verstanden? Wie kann das sein, wenn du nicht dort warst?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
    Sie schlug mich erneut. »Hör auf zu lügen!« Sie klang beinahe hysterisch. »Es hat keinen Sinn: Ich weiß, was passiert ist.« Ihre Stimme zitterte. »Du und Liza seid zusammen zum Three-Lovers-Point gefahren. Du wolltest, dass sie mitkommt – du hast sie immer zu irgendwelchen Sachen gezwungen –, dabei wollte sie nicht. Ich vermute, du hast Witze gemacht, von wegen Runterspringen, und sie wollte dich davon abhalten. Und dabei ist sie abgestürzt. Sie stürzte bei dem Versuch, dich zu retten, so wie sie es immer getan hat. Und du bist weggelaufen.«
    »Was? Bist du irre?«
    »Ich glaube, du hast sie getötet«, fuhr Coralee fort und klang rationaler als ihre Worte. »Es mag ein Unfall gewesen sein, aber ich glaube, du hast Elizabeth Lawson getötet. Und bist wie ein Feigling weggelaufen.«
    Ich war wie erstarrt. Die Versuchung, Coralee die Wahrheit über mich zu sagen, damit sie diese furchtbaren Anschuldigungen zurücknahm, war überwältigend groß. Doch ich konnte es nicht.
    »Das glaubst du doch nicht wirklich, oder? Coralee?«
    Ich meinte, eine kleine Unsicherheit an ihr zu bemerken. »Warum verfolgt sie dich? Warum dich?«
    »Ich …«
    Diesmal packte sie mich an der Schulter. Ihr Griff war fest und hart. »Warum dich und nicht mich?« Ihre Stimme klang herausfordernd, doch der Zorn war etwas Fiebrigem gewichen.
    »Wovon redest du?«
    Ihr Gesicht fiel in sich zusammen. Eine bessere Beschreibung hatte ich nicht. Es fiel in sich zusammen, und sie ließ meine Schultern los und taumelte rückwärts, sank aufs Bett und brach in Tränen aus.
    »Was habe ich get…?« Sie schüttelte den Kopf, bevor ich zu Ende gesprochen hatte, und presste die Handflächen vor die Augen.
    Ich setzte mich neben sie und wartete, bis sie aufhörte zu weinen. Sie nahm die Hände von den Augen. Dann holte sie zitternd Luft. »Es tut mir leid. Ich habe nicht wirklich geglaubt, du hättest sie getötet. Ich meine, schon, vor deiner Rückkehr. Aber nachdem du zurückgekehrt warst …« Sie schüttelte den Kopf und wich meinem Blick aus.
    »Habt du und Liza euch nahegestanden?«, fragte ich. Nichts von dem, was ich gehört und einstudiert hatte, ließ darauf schließen, dass die beiden enge Freundinnen gewesen waren.
    »Ja«, erwiderte Coralee. Sie schloss die Augen und holte erneut tief Luft. »Liza und ich … wir … wir waren verliebt.« Eine Träne lief über ihre Wange. Sie öffnete die Augen und sah mich an. »Wir haben einander geliebt, und es bringt mich um, dass sie dich verfolgt und nicht mich.« Sie lachte trocken, aber ihr Körper zitterte, weil sie mit aller Kraft ein Schluchzen unterdrückte. »Ich wünschte, ich könnte sie noch einmal sehen.« Die letzten Worte klangen, als hätte die Qual sie ganz tief aus ihrem Inneren hervorgeholt.
    Ich war verblüfft. Ich legte ihr die Hand auf die Schulter, um sie zu trösten, und sie klammerte sich daran fest. »Es tut mir so leid«, sagte ich. »Ich … ich hatte keine Ahnung. Wie lange wart ihr zusammen?«
    Ihre Stimme war rau vom Weinen. »Fast sechs Monate. Es passierte, nachdem sie das Tennisteam verlassen hatte, nach den Weihnachtsferien. Weißt du noch, wie sie mit den gebrochenen Fingern zurückkam? Der Trainer sagte, sie würden gut heilen, sie solle nur eine Pause einlegen, aber Liza bestand darauf, ganz aufzuhören.

Weitere Kostenlose Bücher