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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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erinnerten, dass man hier in Tucson war. Von dort gelangten wir in eine Gegend mit verputzten Stadthäusern, die irgendwie schmutzig aussahen, obwohl sie ohnehin schmutzfarben gestrichen waren.
    Onkel Thom setzte mich bei Macy’s ab. Ich brauchte sieben Minuten, um Bridgette in der Designer-Abteilung zu finden. Ich rechnete mit einem Donnerwetter, hatte aber auch eine Menge Fragen: zum Beispiel nach der Party, die sie nicht erwähnt hatte, und dem Jungen mit dem zerkratzten Gesicht auf dem Fotostreifen. Doch als ich sie entdeckte, telefonierte sie gerade. Sie war wie immer perfekt gestylt, das rotbraune Haar tadellos frisiert, ihre blauen Augen mit braunem Lidschatten subtil umrahmt, die Schlagjeans mit dem hohen Bund und das cremefarbene Häkeltop knitterfrei, die braunen Designer-Sandalen ohne jede Schramme.
    Ohne ihr Gespräch zu unterbrechen, winkte sie mich zu sich und deutete auf eine blondierte Verkäuferin, auf deren Namensschild
Maisie
zu lesen war. Dann wandte sie mir den Rücken zu.
    »Ihre Cousine hat schon eine Kabine vorbereitet«, erklärte Maisie. Ihr dezent eleganter, eierschalenfarbener Rock und das passende Oberteil wirkten wie die Kinderausgabe von Bridgettes Stil. Maisies Tonfall hatte etwas Ehrfürchtiges, aber sie wirkte auch leicht geschockt. »Sie ist sehr dynamisch.«
    Immerhin war ich nicht die Einzige, auf die Bridgette eine solche Wirkung ausübte. »O ja.«
    Die Umkleidekabinen befanden sich hinter einem weiten, cremefarbenen Bogen in der Wand. Durch ihn gelangte man in einen Gang, der mit einer weinroten Flocktapete und einem dicken Teppich ausgestattet war, der aussah, als müsste man ihn dreimal saugen, bis er sauber wäre. Eine Reihe sternförmiger Laternen, die an Wandhaken hingen, warfen mehr Schatten, als diese zu vertreiben. Es erinnerte eher an ein Boudoir als an die Umkleidekabinen eines Kaufhauses.
    Von dem Gang gingen vier Kabinen mit Vorhängen ab, und Maisie führte mich zu der ersten. »Sie hat Nummer eins für Sie ausgewählt.« Sie öffnete den schweren Samtvorhang, als wollte sie in einer Fernsehshow den Hauptgewinn enthüllen. »Das ist unsere schönste Umkleidekabine.«
    Die »Umkleidekabine« war groß genug für eine Chaiselongue und ein Tischchen in der Nähe des Eingangs, einen Konsolentisch an der Wand und eine Art Empore, auf der ein dreiteiliger Spiegel stand. Die Ecken des Raums waren dunkel, doch der Bereich mit dem Spiegel war hell erleuchtet. Auf dem Konsolentisch stand ein samtbezogener Schmuckkasten mit Ketten, Ohrringen und Armbändern, daneben sah ich sechs Paar Schuhe und vier Handtaschen. Es gab drei Kleiderstangen, und alle waren voll. Ich hatte noch nie so viele schöne Kleidungsstücke auf einmal gesehen.
    »Auf dieser Seite finden Sie die Tageskleidung«, erklärte Maisie und deutete auf zehn Ensembles, die nach Farben geordnet waren. »Die Ausgehkleidung ist da drüben.« Weitere zehn Outfits, die ebenfalls von hell nach dunkel angeordnet waren. »Und da drüben hat sie Abendkleider zusammengestellt, obwohl sie erwähnte, dass einige vielleicht maßgefertigt würden.«
    Abendkleider, Plural. »Hat sie gesagt, wo ich diese Abendkleider tragen soll?«
    »Viele unserer Kundinnen sind häufig zu festlichen Anlässen eingeladen, dazu kommen die Bälle im Club. Und ich meine, sie hätte die Party zu Ihrem achtzehnten Geburtstag erwähnt.«
    »Oh, natürlich.« Aus irgendeinem Grund fand ich das sowohl erfreulich als auch entspannend. Nach allem, was ich erlebt hatte, beruhigte es mich, dass Bain und Bridgette sich wenigstens an einen Teil ihres ursprünglichen Plans halten wollten.
    »Sie sollen hier anfangen« – sie deutete nach links – »und dann einmal im Uhrzeigersinn die Runde machen.«
    Bridgette hatte sogar die Reihenfolge der Anprobe für mich organisiert. Ich war mittlerweile ziemlich froh, dass ich ihren Plan ignoriert hatte und eine Woche früher gekommen war. Das musste sie ganz schön geärgert haben. »Ich werde es berücksichtigen«, sagte ich.
    »Ach, und ich soll Ihnen sagen, dass Ihr Telefon in der Tüte neben dem Stuhl ist.« Ich warf einen Blick auf das nagelneue Smartphone und fragte mich, weshalb Bridgette sich die Mühe gemacht hatte. Ich hatte niemanden, den ich anrufen könnte – oder der mich anrufen würde. »Es ist Ihre alte Nummer; sie hat nur ein neues Gerät gekauft. Falls Sie etwas brauchen, ich bin in der Nähe. Obwohl« – sie schaute sich bewundernd um – »ich daran zweifle.«
    »Danke.« Ich fühlte mich ein

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